Untersaaten. Balsam für den Boden

Familie Niederhoff aus Niedersachsen setzt seit Jahren konsequent auf Untersaaten. Für sie sind diese ein zentrales Instrument, um den aktuellen Herausforderungen im Ackerbau zu begegnen. Dabei geht es vor allem darum, das Bodenleben zu fördern und die Bodenfunktionen aufrechtzuerhalten.

Während viele andere Landwirte Untersaaten gerade erst wieder neu »entdecken«, sind sie auf dem Betrieb Niederhoff schon seit vielen Jahren genauso selbstverständlich wie der Anbau von Weizen oder Raps. Dabei findet man die kleinen Begleiter auf den Betriebsflächen rund um Stapel, 40 km östlich von Lüneburg, nicht nur im Mais, sondern in allen Hauptkulturen. Warum? »Wir wollen dem Boden helfen, sich selbst zu helfen«, sagt René Niederhoff, der den Ackerbaubetrieb gemeinsam mit seinem Vater Klaus führt.

Mehr Vielfalt auf dem Acker. Nach dieser Maxime werden alle Bewirtschaftungsmaßnahmen ausgerichtet. Allein schon die Fruchtfolge hat mit Winterraps, Winterweizen, Wintergerste, Ackerbohnen, Mais und der Vermehrung von Deutschem Weidelgras einiges zu bieten. Und künftig sollen noch mehr Kulturen hinzukommen.
In der Eta­blierung von Untersaaten sieht René Niederhoff einen wichtigen Baustein für eine nachhaltige Bewirtschaftung seiner Flächen. »Untersaaten sind Futter für den Boden. Sie helfen dabei, die kom­plexe Mikrobiologie zu fördern«, sagt der Landwirt. »Mit zunehmenden Witterungsextremen, den höheren Auflagen im Bereich Pflanzenschutz und Düngung sowie der Forderung nach mehr Biodiversität mangelt es uns im Pflanzenbau nicht an Herausforderungen. Untersaaten bringen neben der Unkrautunterdrückung und der Förderung des Bodenlebens viele weitere Vorteile mit. Die Befahrbarkeit verbessert sich, wir bauen Humus auf, die Erosionsgefahr vermindert sich und das Wasser wird zügiger aufgenommen und länger gespeichert.«
Die Rechnung scheint aufzugehen. Sucht man nach Regenwürmern, ist quasi jeder Spatenstich ein Treffer. Und auch die »Verdauungsleistung« von Niederschlägen ist beachtlich. Niederhoff demonstriert das auf einer kleinen Fläche mit Hilfe eines Kunststoffrohrs: Tatsächlich nimmt der Boden das viele Wasser in kürzester Zeit auf, ohne abzuschwemmen.

In den ersten Jahren kam als Untersaat Rotschwingel zum Einsatz, den man zusammen mit dem Wintergetreide aussät. Inzwischen setzt Niederhoff überwiegend eine Mischung aus 10 % Weißklee und 90 % Deutschem Weidelgras ein, die mit 10 kg/ha im Frühjahr ausgebracht wird. Je nach Hauptkultur variiert die Mischung aber auch. So enthält sie beispielsweise bei Ackerbohnen zusätzlich Leindotter und bei Raps Ackerbohnen.
Für die Ausbringung nutzt der Landwirt bei Getreide und Raps einen selbst umgebauten Pneumatikstreuer. Bei der Ackerbohne und beim Mais erfolgt die Saat entweder mit der Hacke oder ebenfalls mit dem Pneumatikstreuer und einem flachen Fräsgang. Ganz grundsätzlich wird der Boden nur minimal und flach bearbeitet. Zudem setzt Niederhoff Bodenhilfsstoffe mit Milchsäurebakterien und Hefepilzen ein, um die Flächenrotte zu fördern.
Doch wie verträgt sich eigentlich eine Weidelgras-Untersaat mit einer Vermehrung von Weidelgras? »Das ist völlig unproblematisch«, so Niederhoff. »Man muss nur dafür sorgen, dass die Untersaat nicht in die Samenproduktion geht.« Das lässt sich mit der Ausbringung im Frühjahr leicht realisieren. Somit hat das Gras nicht mehr die Zeit, um Samen zu bilden. Eine Verunreinigung der Vermehrungsflächen ist dadurch ausgeschlossen.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Herbizide zum Einsatz kommen. Wie viele seiner Berufskollegen hat auch Niederhoff mit Ackerfuchsschwanz zu kämpfen. Dieses Jahr war der Druck auf den Weizen- und Rapsflächen besonders groß. Das machte einen entsprechenden Herbizideinsatz im Herbst erforderlich. Somit konnte auf diesen Flächen in diesem Jahr keine Untersaat ausgebracht werden. »Denn wenn ein Bodenherbizid im Herbst eingesetzt wird oder auch ein Herbizid im Nachauflauf, sollte man Untersaaten nur dann einbringen, wenn über Winter 200 bis 230 Liter Regen gefallen sind. Andernfalls haben sie keine Chance, sich zu etablieren«, so die Erfahrung des Landwirts. Der Ackerfuchsschwanz ist jedoch ein Ansporn mehr für ihn, es künftig noch besser zu machen: »Wir wollen der Natur helfen, ins Gleichgewicht zu kommen und somit den Fuchsschwanz, aber auch andere Unkräuter integriert zurückdrängen. Dafür braucht es eine möglichst dauerhafte Begrünung, eine vielfältige Fruchtfolge, die richtige Bodenbearbeitung und ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis im Boden.«

Apropos Nährstoffe. Untersaaten wird ja oft nachgesagt, dass sie sowohl bei den Nährstoffen als auch beim Wasser eine Konkurrenz zur Hauptkultur darstellen. Diese Beobachtung hat René Niederhoff bisher überhaupt nicht gemacht. »Im Mittel der Jahre ist der Ertrag trotz Untersaat nicht abgefallen.« Und auch aktuelle Pflanzenanalysen bestätigen: Alles im grünen Bereich! Das gilt auch fürs Wasser. Hier wirken sich die Untersaaten eher positiv auf das Haltevermögen aus. »Darüber hinaus konnten wir den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in den vergangenen Jahren deutlich reduzieren.« Das spart natürlich gleichzeitig Kosten. Auf der anderen Seite sind aber auch Untersaaten nicht zum Nulltarif zu haben. René Niederhoff kalkuliert mit etwa 30 bis 40 €/ha. Die aktuellen Preisentwicklungen lassen allerdings vermuten, dass hier noch »Luft nach oben« ist. Dennoch wird der Niedersachse weiterhin daran festhalten. Denn auf die positiven Effekte will er nicht verzichten.

Katrin Rutt

Aus Saatgutmagazin 7/22. Den vollständigen Beitrag als pdf finden Sie hier.