Vermarktung. Bildet der Preis die Realität ab?
Die VEZG-Notierung ist maßgeblich für die Abrechnung von Schlachtschweinen. Doch immer weniger frei gehandelte Schweine erschweren die Preisfindung. Abhilfe schaffen Vermarktungsverträge, die eine Kündigung in überschaubarer Frist ermöglichen.
Jahrzehntelang prägten unabhängige Schweinemäster die Branche – stets auf der Suche nach dem besten Preis am Spotmarkt. Heute sind Vermarktungsverträge die Regel. Gründe dafür sind die Marktsegmentierung durch Haltungsformen (HF) sowie wiederholte Schweinestaus, die die Bedeutung einer verlässlichen und termingerechten Abnahme deutlich gemacht haben.
Die Struktur des Schweinemarktes hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Der Rückgang der Bestände hat zu mehr Wettbewerb um die Schweine aber auch zur Schließung von Schlachtstandorten und einer noch stärkeren Herausbildung von zwei Clustern geführt (Karte S. 24). »Die Schlachter sind sehr daran interessiert, sich die Mastschweine vor der eigenen Haustür zu sichern. Da sind Verträge das Mittel der Wahl. Gerade große Betriebe haben eine gute Verhandlungsposition«, so Torsten Staack, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Für fest zugesagte große Liefermengen gibt es äußerst attraktive Zuschläge – auch in HF 1 und 2. Daran müssen sich dann die Boni für höhere Haltungsformen messen lassen. Oft schneiden diese dabei in der Gesamtschau von Kosten und Erlösen schlechter ab.
Preisfindung
Doch was bedeutet der immer geringer werdende Anteil frei gehandelter Schweine für die Preisfindung? Schon länger befürchten Landwirte, dass dadurch die Preisnotierung der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) geschwächt wird. Denn EZG und Viehhandel verlieren ihre Flexibilität, frei zwischen den Schlachtern agieren zu können. Das lässt eine Machtverschiebung zugunsten großer Schlachtunternehmen bei der Preisfindung befürchten. Die hierzulande zu beobachtenden langen Phasen konstanter Preise sprechen aus Sicht von Kritikern dafür.
Welche Handlungsoptionen haben Schweinehalter? Das Rad wird sich nicht mehr zurückdrehen. Für Staack steht fest: »Künftig wird die Vermarktung ohne Verträge kaum noch möglich sein – nicht nur wegen des Drucks der Schlachtunternehmen, sondern auch aufgrund neuer EU-Vorgaben gegen Greenwashing. Jeder ausgelobte Mehrwert muss durch nachvollziehbare Standards und neutrale Kontrollen belegt werden.« Das betrifft auch Eigenmarkenprogramme des Einzelhandels. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind neue Verträge zwischen LEH und Schlachthöfen nötig – und damit auch zwischen Schlachthof und Mäster.
Vollkostenbasierte Festpreise – ein Zukunftsmodell? Problematisch daran ist: So gut wie alle Vermarktungsverträge hängen am VEZG-Preis. In höheren Haltungsformen entstehen jedoch auch neue Bezahlmodelle in Zusammenarbeit mit dem LEH, die auf Vollkosten basieren und regelmäßig angepasst oder nachverhandelt werden. »Diese kostengetriebene Vergütung kann durchaus eine Signalwirkung auf die Standardverträge in niedrigeren HF haben«, ist Staack überzeugt.
Mit Blick auf die Preisfindung sieht Staack einem weiteren Grund, optimistisch zu sein: »In der Geflügelbranche schließen sich ein hoher Anteil vertraglicher Bindung und eine gute Marktpreisbildung auch nicht aus. Entscheidend ist, dass die Verträge so gestaltet sind, dass Landwirte in einem definierten Zeitraum wechseln können.« Dann wird die Motivation, marktgerechte Preise zu zahlen, hoch sein. »Die aktuelle Marktlage spielt dabei eine Rolle. Insofern bleibt der VEZG-Preis weiter wichtig«, so Staack.
Verträge
Dafür, dass die Vertragsbedingungen passen, ist der Landwirt auch selbst verantwortlich. Er muss den eigenen Vermarktungsvertrag einschließlich aller Nebenbestimmungen, Zusatzvereinbarungen, AGB und so weiter genau kennen. »Die Ausgestaltung vieler Verträge ist aktuell sehr einseitig zulasten der Landwirte«, warnt Staack. »Vorschnell umfassende Standardverträge zu unterschreiben, ist nicht ratsam und kann schnell zum Bumerang werden. Landwirte sollten Bedingungen hinterfragen, Szenarien wie ASP durchspielen und entsprechende Anpassungen fordern.« Worauf Sie besonders achten sollten, lesen Sie im Kasten.
Ausblick
Auch in Zukunft hält Staack schlachthofunabhängige Verträge direkt zwischen Landwirt und Lebensmitteleinzelhandel für unrealistisch: »Für sein Sortiment in höheren Haltungsstufen braucht der LEH niemals das ganze Schwein.« Die bis 2030 geplante vollständige Umstellung auf HF 3+ bezieht sich nur auf Frischfleisch und damit auf wenige Teilstücke des Schweins. Zudem schließt man Angebotsware in dieser »Rechnung« explizit aus. Das heißt, dem LEH bleibt eine Hintertür, um Frischfleisch der HF 1 und 2 im Sortiment zu halten. Die Schlachtunternehmen werden also benötigt, um die Nebenprodukte zu verwerten. Denn diese sind – egal welcher Haltungsstufe – in Deutschland nicht gefragt.