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Ukraine. Harte Ernte und viel Regen
Herr Paprockij, wie ist nach unserem letzten Gespräch Mitte Juli die Ernte verlaufen?
Nun, wir haben Krieg und es ist sehr anstrengend unsere Moral zu erhalten und nicht schwächer zu werden. Wir können im Moment nicht so viel wie sonst ab Feld verkaufen und müssen einen großen Teil der Ernte einlagern. Zum Glück haben wir genügend Kapazitäten in unseren Silos, die 27500 t fassen. Für den Mais nutzen wir BigBags. Nomalerweise kaufen wir unseren Diesel in Weißrussland, das ging jetzt nicht. Deshalb war vor der Ernte der Diesel knapp, außerdem wurden Diesellager bombardiert und gingen in Flammen auf. Viele Tankstellen hatten keinen Diesel mehr oder gaben nur 15 l pro Person ab. Jetzt hat sich die Situation beruhigt, Diesel ist genug da. Unser Hauptproblem ist jetzt der ständige Regen.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Um Gas und Trocknungskosten zu sparen, haben wir nur trockenes Getreide gedroschen. Das war und ist immer noch nicht einfach, weil es so viel und stark regnet - und das nicht nur in unserer Region.
Sie sprechen immer wieder die feuchten Bedingungen an. Zu welchen Terminen dreschen Sie normalerweise und wie lief es in diesem Jahr?
Unsere Ernte dauert normalerweise von Juni bis Dezember. In etwa so: Vom 20. Juni bis 10. Juli dreschen wir Wintergerste, danach bis 25. Jui Winterraps, vom 25. Juli bis 10. August Winterweizen und Roggen. Im Anschluss daran folgt bis Mitte September Sommerraps und Lein, dann Soja und Sonnenblumen. Ende Oktober, Anfang November kommt der Mais.
Dieses Jahr regnete es im August 15 Tage hintereinander. Und im September ging es so weiter. Deshalb haben wir den "normalen" Zeitplan verlassen müssen. In der gesamten westlichen Region haben wir die Situation der späten Ernte und damit auch der späten Aussaat. 100 ha der Leinfläche ist jetzt gedroschen, 440 ha sind es noch. Die Sonnenblumen sind reif, aber es regnet und wir warten noch. Die Soja ist noch nicht reif.
Welche konkreten Probleme bringt dieser Regen?
Die Getreidequalität hat teilweise gelitten, es gab viel Ausfallgetreide und Weizen und Raps keimten schon am Halm. Die Wintergerste hatte gute Qualität, ebenso der Winterraps auch, der Sommerraps. Beim Winterweizen ernteten wir von 600 ha 4000 t guter Qualität und nach einer Regenperiode von 200 ha 1200 t mit mangelnder Qualität. Den konnten wir aber glücklicherweise als Fischfutter an eine Fischzucht verkaufen. Dafür gab es keine Brände, und wir mussten auch keine Mähdrescher aus dem Matsch ziehen. Die Maschinen haben gehalten und wir hatten auch genug Zeit für Reparaturen.
Wie klappt jetzt der Verkauf der Ernte? Wie sind die Preise?
Den Raps können wir für 550 €/t nach Polen und nach Rumänien verkaufen. Wir machen das jetzt mit LKWs. Die Wartezeiten an der Grenze nach Polen sind von 14 Tagen auf 10 Tage gesunken, die Einreise zurück dauert nur einen Tag. Unseren Bahntransport mit dem eigenen Zug oder der staatlichen Bahn können wir nicht verwenden, die Preise sind enorm. Es kostet 80 €/t, einen Wagon mit Getreide nach Odessa zu bringen. Für den Verkauf nach Rumänien fahren wir mit LKWs an die Grenze, dort auf der rumänischen Seite wird der Raps auf Wagons verladen und ans Schwarze Meer gebracht. Das organisieren Getreidehändler, die uns die Ernte abkaufen.
Wie wirkt sich das Getreideabkommen auf Ihre Verkaufschancen aus?
Dieser Deal hat keine Auswirkungen auf den Markt. Große Verkäufer versenden Getreide aus dem letzten Erntejahr. Das war ja schon in den Häfen, und sie zögern noch, das Getreide der neuen Ernte zu kaufen.
Es wird bei Prognosen zur Aussaat in der Ukraine gesagt, dass im Herbst vermehrt Raps und andere Ölfrüchte angebaut werden, weil das gutes Geld bringt. Machen Sie das auch?
Nein, wir wollen die Fruchtfolge einhalten. Außerdem hat man mit Raps hohe Kosten für Pflanzenschutzmittel und Dünger. Eine Tonne Stickstoffdünger kostet inzwischen 1000 €, vor dem Krieg waren es 400 bis 500 €. Im Norden der Ukraine konnten zu Beginn des Krieges die Felder nicht bestellt werden. Die wurden nun umgebrochen und es wurde viel Raps eingesät.
Im Sommer sagten Sie, Sie überlegen nur die Hälfte der Fläche neu zu bestellen. Was planen Sie jetzt?
Wir wollen die gesamte Fläche bestellen mit den selben Anbauumfängen wie vergangenes Jahr, alle Getreide- und Ölpflanzen sowie Zuckerrüben. Das höre ich auch von meinen Kollegen. Aber insgesamt bestehen hier viele Risiken bei unserer Arbeit und weitere Investitionen werden nicht getätigt.
Das Interview führte Astrid Thomsen, Freie Journalistin