
Tierhaltung. »Billig, bio oder besser gar nicht?«
In der Talksendung »hart aber fair« waren Mitte April fünf Gäste geladen, um darüber zu diskutieren, wie die Schweinehaltung in Deutschland künftig gestaltet werden sollte und welche Rolle dabei die Verbraucher mit ihrer Konsumentscheidung spielen. Dabei traf eine versierte und gut vorbereitete Landwirtin auf einen seit seinem 17. Lebensjahr vegetarisch lebenden Landwirtschaftsminister.
"Der Handel ist nicht der Ernährungserzieher der Nation," betont Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland. »Das muss jeder für sich selbst entscheiden«, schlägt auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dieselbe Richtung ein, wenn es beim Fleischkonsum um die Frage geht: »billig, bio oder besser gar nicht?« Das wirkt allerdings nicht sehr glaubwürdig. Oder hat etwa jeder Verbraucher und jeder Landwirt die Wahl?
Die Umbaumaßnahmen, die die aktuelle Regierung im Schweinehaltungsbereich fördern will, orientieren sich an den ökologischen Haltungsbedingungen – auch für konventionelle Betriebe. Landwirtin Gesa Langenberg macht deutlich, was auf ihrem Betrieb der Umbau von Haltungsstufe 2 auf Haltungsstufe 4 bedeutet. Sie weiß, wovon sie spricht, sie hat auf ihrem Betrieb im vergangenen Jahr bereits einen Stall für rund 300 Tiere umgebaut. Es bedeutet hohe Kosten und ein großes Risiko. »Ich weiß gar nicht, ob Ihnen das so klar ist«, sagte Gesa Langenberg an Cem Özdemir gewand. Artig – fast andächtig – zugehört hat der Bundeslandwirtschaftsminister der jungen Betriebsleiterin, die in der Summe über 3 000 Schweine hält. Ob er Dinge wie »unternehmerisches Risiko«, »Planungssicherheit« oder »Kosten in Millionenhöhe« aber tatsächlich verstanden hat, wurde nicht klar. Darauf eingegangen ist er jedenfalls nicht. Stattdessen hat er seine schon oft gehörten Pläne zum Umbau der Schweinehaltung – theoretisch und farblos – ein weiteres Mal vorgetragen.
Machen die Verbraucher am Ende wirklich einen Unterschied zwischen den Haltungsformen? Auf der Nachfrageseite macht sich das jedenfalls nicht bemerkbar, und auch in einem Konsumentenversuch des Kochs Ralf Zacherl – ebenfalls Gast in der Sendung – wird deutlich, dass es geschmacklich nicht zu unterscheiden ist, wie das Schwein gehalten wurde.
Ein hohes Niveau der Tierhaltung setzt Gesa Langenberg in beiden Haltungsformen um. Ihr Ziel ist es, immer mehr auf die natürlichen Bedürfnisse der Tiere einzugehen und sie stellt an sich und ihren Betrieb den Anspruch, allen Tieren – unabhängig von der Haltungsform – ein gutes Leben zu ermöglichen.
Klar ist, dass der Umbau auf Haltungsstufe 4 begleitet wird von rechtlichen Hürden und fehlender Sicherheit vonseiten der Politik. »Der Markt muss das abpuffern können«, sagt Langenberg und adressiert ihren Wunsch nach Planungssicherheit mehrere Male in Richtung des Bundeslandwirtschaftsministers, der aber eben kaum darauf eingeht.
Deutlich wird aber Özdemirs Ziel: Die Schweinehaltung in Deutschland soll reduziert werden und die verbleibenden Ställe sollen hohe Standards erfüllen. Vermutlich, weil er dem Irrglauben anhängt, pro Schwein sei damit eine viel höhere Marge zu erwirtschaften. Ein bisschen Geld dazu geben – ja, das will er schon. Doch auch auf die Frage des fehlenden Marktes geht er nicht ein. Und auch nicht auf die Anmerkung von Albert Stegemann – Vorsitzender der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft, und selbst Milchviehhalter – dass die in Aussicht gestellten Gelder der Politik bei Weitem nicht ausreichend seien.
Also: Es sollen wohl doch die Verbraucher die Kosten tragen und das teure Fleisch konsumieren. Damit nimmt Cem Özdemir vielen Verbrauchern die Frage »billig, bio oder besser gar nicht?« ab – und es wird bei vielen Menschen auf »gar nicht« hinaus laufen. Nun hätte Herr Özdemir einmal in aller Öffentlichkeit die Chance gehabt, mit einer jungen, zukunftsorientierten und offenen Schweinehalterin Argumente auszutauschen, weshalb seine Ideen für ihre Branche denn so unabdingbar seien. Er hat die Chance nicht genutzt, sondern nur Allgemeinplätze formuliert. Vielleicht war ihm von Anfang an klar, dass er gegen eine so versierte Praktikerin nur verlieren kann. Schade übrigens ...
Katharina Skau