Was leisten Roboter?

Durch große Schritte in der Pflanzenerkennung ­kommen derzeit immer mehr Robotersysteme auf den Markt, und auch die Zahl der Händler steigt an. Doch was können wir von dieser Technik erwarten?

Die bisher in Deutschland laufenden Roboter sind Systeme, die entweder als reine Hackroboter bis an die Einzelrübe in der Reihe heran agieren oder als System­lösung als Sä- und Hackgerät. Sie unterscheiden sich jedoch grundlegend in der Funktionsweise. Es gibt Roboterlösungen, welche die Fläche vermessen und Hindernisse herausmessen. Damit ermitteln sie die Struktur des Schlages und legen Fahrtrouten für Aussaat und spätere Hackarbeiten fest. Nach der nahezu eigenständig ausgeführten Aussaat hackt der Roboter um jede theoretische Position der abgelegten Rübenpille, egal ob die Rübe aufgelaufen ist, oder nicht. Ohne Kamera­unterstützung ist dieses grundsätzlich ein einfaches wie geniales System, das jedoch bauartbedingt auch an seine Grenzen stoßen kann. Denn sowohl die Saat als auch das Hacken finden unter RTK-Genauigkeit statt. Somit potenziert sich die Arbeitsgenauigkeit von 1 bis 2 cm im Zweifel auch ins Negative. Arbeitsgeschwindigkeiten von maximal 950 m/h sind zudem sehr gewöhnungs­bedürftig.

Ohne neue Ideen keine neuen Lösungen. Andere Systeme arbeiten mithilfe von Kameratechnik, die nicht nur verschiedene Kulturpflanzen erkennen kann, sondern auch Unkräuter. Nach einer herkömmlichen Aussaat kann der Roboter durch die Kamerasteuerung komplett autark agieren. Lediglich als Absicherung werden Feldgrenzen und Hindernisse eingespeist. Die Einzelpflanzenerkennung macht es möglich, sehr dicht an die Rübe heranzu­arbeiten und möglichst wenig Unkraut direkt an der Rübe stehen zu lassen. Denn unkrautfreie Schläge sind auch mit moderner Hacktechnik noch nicht realisierbar, und die Handhacke muss ergänzen. Die sechsreihige Variante schafft im Idealfall eine Fläche von rund 46 ha je Jahr, was sich im Vergleichsfeld der Roboter schon sehen lassen kann. Viele der genannten Ansätze scheinen teuer und unrealistisch. Doch entwickeln sich nur aus Ideen praxisreife Lösungen.

Stephen Baumgarten, ARGE NORD und Thilo Hahnkemeyer, Nordzucker AG, beide Braunschweig

Roboter ergänzen Herbizide

Bei der Unkrautbekämpfung entscheidet sich die Zukunft der Arbeitserledigung und Betriebsorganisation im Zuckerrübenanbau. Der zunehmende Einsatz von Robotik scheint dabei der vorgezeichnete Weg zu sein. Der Kauf solcher Technik ist allerdings schon jetzt ein Auslaufmodell – in zu schneller Taktung sind Updates und technische Upgrades notwendig. Gleichzeitig ist ein umfangreiches technisches Wissen Grundvoraussetzung für die qualifizierte Wartung. Die Technik-Miete bietet sich daher hier gegebenenfalls als die bessere Alternative zum Kauf an. Die Entscheidung, ob bäuerliche Arbeit oder ein Dienstleister die Technik in die Betriebe bringt, ist letztlich vor allem von der Größe der Betriebe und der Komplexität der eingesetzten Technik abhängig.

Von Bodenbrütern bis Diebstahl: Robotertechnik ist nicht ohne Probleme! Der Einsatz von Robotik bringt allerdings auch einige grundsätzliche Problematiken mit sich, die bisher kaum – in jedem Fall zu wenig! – ­thematisiert werden. Sie müssen aber offen angesprochen werden, um zu vermeiden, dass man am Ende eines aufwendigen Umstrukturierungsprozesses vielleicht in Strukturen und mit einer teuren Technik dasteht, die dann doch niemand haben möchte. So sind beispielsweise Zuckerrübenfelder bisher ein Rückzugsort für selten gewordene Bodenbrüter wie Feldlerche oder Kiebitz. Wenn aber Hackroboter Tag und Nacht die Felder von Unkraut befreien und zwischen den Reihen keinen Halm unversehrt lassen, kann die Aufzucht der Bodenbrüter nicht mehr gelingen. Ob der Schutz von Bodenbrütern durch Streifen ermöglicht werden kann, die nicht bearbeitet werden oder mit biodiversitätsfördernden Pflanzen bestellt sind, muss erst noch bewiesen werden. Hinzu kommt: Roboter werden auch im Jahr 2035 nicht unbeaufsichtigt auf Feldern fahren dürfen bzw. können. Schon heute sind Radwege durch landwirtschaftliche Gemarkungen eine Quelle problematischer Begegnungen und Situationen.
Keine Frage: In großen Strukturen wird die Robotik die wirtschaftliche Produktion fördern. In kleinstrukturierten Regionen, die eigentlich von der gesellschaftlichen Mehrheit heute als Ziel definiert werden und in denen die heutigen Anbaugebiete meist liegen, wird dies allerdings nicht gelingen. Problematisch sind in diesen Strukturen die Vielzahl der Felder sowie die hohen Wege- und Rüstzeiten, insbesondere bei unterschiedlichen optimalen Einsatzterminen (Bodenfeuchte, Aussaattermin). Die fast nebenbei erzeugten Veränderungen im ländlichen Raum sind schnell, durchgreifend und kaum umkehrbar. Speziell die Bekämpfung der Unkräuter im Zuckerrübenanbau hat somit das Zeug, die Entwicklung der Betriebe grundlegend zu prägen. Selbstfahrende intelligente Maschinen haben mit dem gesellschaftlichen Wunsch nach einer kleinteiligen, bäuerlichen Landwirtschaft in Deutschland auch im Jahr 2035 wenig gemein.

Dr. Christian Lang, Verband Hessisch-Pfälzischer Zuckerrübenanbauer

Aus Sonderbeilage "Ackerbau. Die Zukunft der Zuckerrübe"