Ukraine: "Mitarbeiter werden zur Armee eingezogen"

Schockiert von der Entwicklung in der Ukraine zeigt sich auch Alf Reichert. Der gebürtige Sachse aus Schildau (Landkreis Torgau) arbeitet seit 16 Jahren im Westen der Ukraine und hat sich dort immer sehr sicher gefühlt - der Krieg im Osten, über dessen Auswirkungen auf die Betriebe wir 2016 in den DLG-Mitteilungen berichteten, schien weit weg. Doch das war einmal: „Auch in Kiew wird scharf geschossen, das wird mir zu heiß“, sagt Reichert. Später am Tag werden auch Kampfhandlungen aus Lemberg (Lviv) gemeldet, dass zwar nah an der EU-Außengrenze, aber auch nur 250 Kilometer südlich vom Russland-Verbündeten Belarus liegt, von wo ebenfalls die Ukraine angegriffen wird. 

Derzeit baut Reichert für einen deutschen Investor einen 1500-ha-Betrieb bei Schitomir auf, etwa 150 Kilometer westlich von Kiew. Auf dem Betrieb sind mittlerweile die ersten Mitarbeiter zur Armee eingezogen worden. Mit seiner Frau Sophia und den Kindern Darinka (11) und Niklas-Arwit (5) hat auch Reichert sich am Tag des russischen Einmarschs aufgemacht gen Grenze. Im Auto, mit all dem, was ihm wichtig ist und noch ins Auto passt. Wachleute bewachen derzeit den Hof,  dort steht viel teures Maschinenkapital. Der Grenzübertritt ist nach 22 Stunden Wartezeit geschafft, vor allem weil neben dem enormen Andrang auch wehrtaugliche Männer an der Grenze nach Ausrufung des Ausnahmezustands zurückgewiesen werden, was zu langen Verzögerungen führt. 

Auch wenn 1000 offene Fragen bleiben würden steht für ihn fest: „Die Landwirtschaft wird immer weiter gehen, auch und gerade in der Ukraine.“ Während die meisten Landwirte das Land verlassen, bleiben auch einige – etwa weil sie Tiere halten oder aus persönlichen Gründen. So sagt uns der Leiter eines Großbetriebes, dass er in der Ukraine bleibe. Warum? „Weil es aus meiner Sicht besser ist, hier vor Ort zu sein, wenn die Karten neu gemischt werden.“

Christian Mühlhausen

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