Zwischenfrüchte. Im Fluge säen?
Eine Aussaat von Zwischenfrüchten mit der Drohne in die noch stehende Getreidekultur kann verschiedene Vorteile bringen. Das Interesse aus der Praxis ist groß. Axel Vorwald, David Battefeld und Matthias Peter zeigen, wie das funktioniert und welche Herausforderungen es gibt.
Wie oft gab es bei Ihnen in den vergangenen Jahren nach der Getreideernte keinen Regen? Auch wenn 2024 ungewöhnlich feucht war, zeichnet sich langfristig der Trend einer ausgedehnten Sommertrockenheit mit hohen Temperaturen und steigender Verdunstung ab. Die Etablierung einer Zwischenfrucht nach der Ernte der Hauptkultur wird dadurch immer herausfordernder. Wie kann eine klimaangepasste und ressourceneffiziente Aussaat in dieser ohnehin arbeitsintensiven Zeit gelingen? Eine Option könnte die Aussaat der Zwischenfrucht mittels Drohne noch vor der Getreideernte sein.
Wie funktioniert die Drohnensaat?
Neben entsprechenden Dienstleistungsunternehmen bieten inzwischen vereinzelt auch regionale Akteure wie Maschinenringe eine Drohnenaussaat an. Eine Grundvoraussetzung für die Aussaat aus der Luft ist die Befliegbarkeit der Fläche. Diese muss im Vorfeld anhand digitaler Schlagdaten überprüft werden. Dabei sind die Vorgaben der Luftverkehrsverordnung zu beachten. Einschränkungen kann es beispielsweise durch Abstandsauflagen zur Verkehrsinfrastruktur oder Schutzgebieten geben. Bei der Drohnenaussaat auf Lohnbasis ist eine entsprechende Vorabprüfung in der Regel Bestandteil der Dienstleistung.
Die Drohnen sind üblicherweise mit umfangreicher Sensorik ausgestattet, darunter RTK-GPS zur Orientierung in der Fläche sowie optische oder radargestützte Systeme zur Erkennung von Hindernissen. Das erlaubt ein vollkommen automatisches Befliegen des Schlages vom Start über die Streuarbeit bis zur Landung.
Je nach verwendeten Zwischenfruchtkomponenten liegt die Streubreite bei etwa 5 bis 8 m, wobei die Flächen in 4 bis 6 m Höhe mit bis zu 30 km/h überflogen werden. Die Saatstärke sollte nach bisherigen Erkenntnissen etwa das 1,5-fache der üblichen Menge betragen, damit genügend Pflanzen auflaufen.
Üblicherweise wird das Saatgut etwa sieben bis zehn Tage vor dem Drusch der Hauptkultur ausgebracht. Teilweise ist auch ein längerer zeitlicher Abstand zum Erntetermin vorteilhaft, wobei die jeweilige Witterung sowie die Bodenverhältnisse entscheidend sind.
Das Verfahren im Praxistest
Um die recht neue Methode zu evaluieren und Erfahrungen zu sammeln, haben wir 2023 in Hessen erste Pilottests durchgeführt. Von besonderem Interesse sind nach wie vor Fragen zur optimalen Saatstärke, zur N-Mineralisierung im Vergleich mit herkömmlichen Aussaatverfahren und zum idealen zeitlichen Abstand zwischen der Zwischenfruchtaussaat und der Ernte der Hauptkultur. 2024 wurde dann ein Demonstrationsvorhaben mit verschiedenen Partnern umgesetzt. Daran beteiligten sich ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe in Nord- und Mittelhessen mit Sommer- und Wintergetreideflächen sowie einer Winterrapsfläche. Die Drohnensaat wurde mit betriebsüblichen Aussaatverfahren wie der Direktsaat oder der flachen Vorbearbeitung mit Zinken- und Scheibenwerkzeugen in Verbindung mit Drillsaat verglichen.
Es kam immer die gleiche Zwischenfruchtmischung zum Einsatz. Die Aussaat erfolgte im Juli wenige Tage bis knapp zwei Wochen vor den Druschterminen in zwei Saatstärken. Von Interesse ist nicht nur, wie gut die Pflanzen in den unterschiedlichen Hauptfrüchten auflaufen, sondern auch, inwieweit die Zwischenfrucht Nährstoffe für die folgende Hauptfrucht sichern kann. Das Vorhaben umfasst auch den Austausch mit weiteren regionalen Akteuren, die Erfahrungen mit der Drohnensaat sammeln.
Es zeigte sich bereits, dass bestimmte Rahmenbedingungen den Erfolg der Drohnensaat einschränken können. Probleme gab es insbesondere bei hohem Ungrasdruck. Daneben fielen vor allem im vergangenen Jahr mit vergleichsweise feuchten Sommermonaten Fraßschäden von Schnecken und Mäusen stellenweise gravierend aus. Außerdem kann sich unter diesen Voraussetzungen eine Strohbergung mit mehreren Überfahrten aus der Notwendigkeit zur Nachtrocknung auf der Fläche als nachteilig erweisen.
Als sehr vorteilhaft erwies sich eine grobe Bodenstruktur im Gegensatz zu einer verschlämmten und »glatten« Bodenoberfläche. Hier findet das Saatgut oftmals eine geschütztere Ablage und damit verbesserte Keimbedingungen vor. Insbesondere auf hängigen Schlägen sowie auf schwer zugänglichen und schlecht abtrocknenden Flächen kann eine Flugsaat Chancen bieten. Zudem lässt sich das Risiko von Bodenerosionen verringern. In »normalen« bis eher trockenen Jahren können teilweise noch nicht ausreichend abgebaute Herbizidwirkstoffe mit Nachbaubeschränkungen (z. B. Sulfonylharnstoffe) Probleme beim Auflaufen der Zwischenfrüchte bereiten, da eine wirkstoffverdünnende Bodenbearbeitung vor der Saat fehlt.
Da die Wetterbedingungen von Jahr zu Jahr stark schwanken, ist die Aussagekraft der bisherigen Beobachtungen natürlich eingeschränkt. Aber wir bleiben dran!
Was spricht für das Verfahren?
Jede Bodenbearbeitung fördert die Mineralisation und entzieht dem Boden Wasser. Mit der Flugsaat in den stehenden Getreidebestand kann die vorhandene Bodenfeuchte für die Zwischenfrucht gesichert werden. Zudem sorgt die Beschattung des Getreides für eine geringere Verdunstung, wodurch mehr Keimwasser zur Verfügung steht. Ziel ist es, durch die bereits vorab keimende Zwischenfrucht eine rasche Unterdrückung des auflaufenden Ausfallgetreides nach der Ernte zu erreichen.
Da bei dem Verfahren weniger Überfahrten notwendig sind, wird auch der Boden geschont und Diesel eingespart. Außerdem haben die Zwischenfrüchte einen Wachstumsvorsprung gegenüber traditionellen Verfahren, bei denen der Boden nach der Ernte erst (mehrfach) bearbeitet und danach gesät wird. Nicht zuletzt entfallen Arbeitsgänge in der ohnehin angespannten Erntezeit.
Und was spricht dagegen?
Bei der Drohnensaat fehlt der Bodenschluss, was insbesondere bei trockenen Bedingungen die Keimung erschweren kann. Doch auch feuchtere Jahre bringen Herausforderungen mit sich. So können etwa Schneckenfraß und mechanische Einflüsse (z. B. durch das Nachtrocknen von Strohschwaden) den jungen Zwischenfrüchten schaden. Zudem erfordern Schläge mit starkem Unkrautdruck (etwa durch Gräser oder Disteln) gezielte phytosanitäre Maßnahmen, was eine Drohnensaat ausschließt. Auch bei Lagerstellen, die etwa durch Hagelschäden an der Vorkultur entstanden sind, kommt eine Drohnensaat nicht infrage.
Grundsätzlich schließt eine Bergung des Strohs die Flugsaat nicht aus. In sehr trockenen und heißen Sommern kann es aber ohne eine Stroh-Schutzschicht zu einer Schädigung der Zwischenfruchtkeimlinge kommen. Verbleibt das Stroh auf dem Feld, sollte auf eine gute Verteilung geachtet werden. Weiterhin kann sich besonders in feuchten Jahren der geplante Zeitraum von der Zwischenfruchtaussaat bis zur Hauptfruchternte aufgrund der schlechten Witterungsbedingungen verzögern. Auch das kann sich negativ auf die Zwischenfruchtetablierung auswirken.
Welche Zwischenfrüchte sind für die Drohnensaat geeignet?
Dies sollten Sie im Vorfeld mit dem Dienstleister besprechen. Einige bieten selbst entsprechendes Saatgut an. Grundsätzlich besteht eine breite Kompatibilität mit verschiedenen Saatgutbeschaffenheiten. Bei Mischungen sind die unterschiedlichen Flugeigenschaften der Komponenten zu berücksichtigen. So sind beispielsweise Grassamen besonders leicht. Zudem kann die Auswahl von Sorten mit geringer Blühneigung bei Zwischenfrüchten wie Senf und Ölrettich hilfreich sein, um einer frühzeitigen Samenbildung zu begegnen. Prinzipiell können auch Dunkelkeimer eingesetzt werden. Allerdings sind Lichtkeimer in der Regel im Vorteil, da sich die fehlende Bodenbedeckung hier weniger nachteilig auf die Keimfähigkeit auswirkt.
Die Flächenleistung ist stark von den örtlichen Gegebenheiten und der Größe des Gerätes abhängig. Realistisch sind häufig 5 bis 10 ha pro Stunde. Teils verfügen die Drohnen schon über eine Nutzlast von bis zu 50 kg. Zukünftig wird diese noch weiter steigen. Dadurch verlängert sich das Nachfüll-Intervall. In der Praxis verbindet man die Pausen in der Regel mit einem eine Akku-Tausch, denn diese haben nur eine geringe Laufzeit von ca. 12 Minuten. Mit mehreren Akkusätzen können Dienstleister aber eine nahezu kontinuierliche Flugsaat gewährleisten.
Wie hoch sind die Kosten?
Auch das hängt von den Gegebenheiten der Fläche(n) ab, vom verwendeten Saatgut und der Ausbringmenge sowie An- und Abfahrtszeiten für den Drohnendienstleister. Sie liegen etwa zwischen 40 und 70 €/ha (netto). Im Vergleich zu den etablierten Aussaatverfahren in Kombination mit vorab durchgeführter Bodenbearbeitung können sich damit Kostenvorteile ergeben. Zu berücksichtigen sind allerdings die jeweiligen betrieblichen Anforderungen bei der Wahl des Verfahrens.
Saatgutmagazin Sommer 2025
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