
Kommentar. Herausfordernde Zeiten am Biomarkt

Die Biopioniere Superbiomarkt und Basic sind insolvent. Beide hatten im Corona-Boom kräftig Filialen zugekauft und wurden von der Kaufzurückhaltung im Inflationsjahr 2022 in der sensibelsten Finanzierungsphase kalt erwischt. Andere verkaufen ihren Bioladen (auch im Rahmen des Generationswechsels), vorzugsweise an Dennree. Oder sie schließen einfach, wenn sich kein Interessent findet. Der Strukturwandel ist permanent, im Biohandel wie in der Landwirtschaft. Die Notwendigkeiten, Kosten zu reduzieren und Strukturen zu verschlanken, wurden durch den Bio-Absatz-Boom zu Coronazeiten kaschiert. Sie fallen den Akteuren nun in Zeiten knappen Geldes auf die Füße.
Kein Wunder, dass die Effizienz- und Kostenführer, die Discounter, auch bei Bio zum wichtigsten Vertriebskanal wurden. Sie profitieren von ihrem Billig-Image selbst da, wo sie selbst nicht am günstigsten sind. Man darf gespannt sein, wie Aldi mit seiner seit Langem geplanten Eigenmarke »Zurück zur Natur« im Vertrag mit dem Naturland-Verband agieren wird.
Der Vertrag zwischen Bioland und Lidl hat Bioland-Landwirten einerseits einen wichtigen Absatzmarkt mit starker Bioland-Werbung durch Lidl eröffnet. Andererseits gibt es auch Fälle, in denen Lidl trotzdem EU-Bioware wegen sehr geringen Preisunterschieden vorgezogen hat. Das war schon 2021 so, also noch vor der 2022er Inflation.
In Zeiten knappen Geldes ist es noch schwieriger, höhere Preise wegen höherer Kosten durchzusetzen. Bio-Futtermüller Rudolf Joost-Meyer zu Bakum hat die aktuellen Kostensteigerungen bei der Bioeierproduktion analysiert. Nur ein knappes Drittel liegt an allgemeinen Kostensteigerungen wie Getreidepreisen, Logistik, Energie. Ein weiteres knappes Drittel trägt ein Proteinmangel im Zusammenhang mit dem Übergang zu 100 % Biofütterung und dem Corona-Bio-Boom bei. Und für 40 % ist die Bruderhahn-Aufzucht verantwortlich, die von den Eiern quersubventioniert werden muss. Da sich höhere Preise dafür oft nicht durchsetzen lassen, stehen inzwischen einige Biohühnerställe leer, und es könnten noch deutlich mehr werden. Die beliebten Mobilställe sind davon besonders betroffen, weil sie sich inzwischen erst jenseits der Preisschwelle von 50 Cent je Ei rentieren.
Biogetreide wird bei Landwirten nur sehr zögerlich abgerufen. Ölfrüchte und Proteinträger sind gesucht, und Dinkel kommt im Auf und Ab dem sprichwörtlichen Schweinezyklus immer näher. Erfahrene Biolandwirte sagen dazu nur: »Alles schon mal da gewesen«.
Bei vielen Produkten sind Kostensteigerungen unter Bio geringer als unter konventionell. Biobetriebe haben ihre eigene N-Produktion per Leguminosen. Selbst die Umstellung auf Biomilch kann sich derzeit trotz des historischen Preishochs für konventionelle Milch lohnen, weil die Kosten in Bio u. U. geringer sind und die Liquidität auch in der Umstellungszeit ohne Biobonus leichter gesichert werden kann. Voraussetzung ist dafür die gesicherte Abnahme der Biomilch auf Dauer. So bleiben die weiteren Aussichten in vielen Fällen das entscheidende Kriterium. Wer das Auf und Ab der Biomarktaussichten schon kennt, sieht den langfristigen Trend als weiterhin positiv an. Nur eben nicht so extrem wie im Corona-Bio-Boom.
Conrad Thimm