Eine Familie vor einem Kuh-Außenstall
Kim Stave, Svenja Genuneit, Andrea und Heinrich Ruprecht leben nach der Adoption gemeinsam auf dem Milchviehbetrieb.
Foto: Stave

Außerfamiliäre Hofnachfolge. Jung, motiviert, aber ohne Betrieb

Kein Hofnachfolger zu sein, muss kein Hindernis sein, um sich den Traum vom eigenen Betrieb zu erfüllen. Für die Familien Stave und Ruprecht war eine Adoption der richtige Weg, um den Milchviehbetrieb außerfamiliär zu übergeben.

Lust auf Landwirtschaft, aber keinen Betrieb in der Familie – so ging es Kim Stave und Svenja Genuneit. ­Deshalb schalteten sie Anzeigen im gesamten norddeutschen Raum: Junges, motiviertes Paar sucht Betrieb. Die Resonanz war groß. Unter den Zuschriften war die der Familie Ruprecht aus Stöckse im Kreis Nienburg/Weser. »Die drei Töchter der Ruprechts wollten den Hof nicht weiterführen. Eine von ihnen hatte unsere Anzeige im landwirtschaftlichen Wochenblatt gelesen und ihre Eltern darauf aufmerksam gemacht«, erzählt Kim Stave.

 

Das stellte sich als Glücksfall für beide Familien heraus. Als Vermittler fungierte zunächst Bernd Lührmann von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, denn sowohl das Inserat als auch die Antwort darauf waren anonym. »Letztlich sind wir hierher nach Stöckse gefahren, um zu schauen, was uns erwartet, und um die Familie Ruprecht kennenzulernen. Wir waren noch ohne Zukunftsvorstellungen oder irgendwelche Pläne«, sagt Kim Stave. Das ging Familie Ruprecht genauso. Aber die Chemie zwischen den vieren stimmte, die Gespräche wurden immer konkreter und im Oktober 2012 fing Svenja nach Abschluss ihres Agrarstudiums an, als Angestellte auf dem Betrieb zu arbeiten. Kim folgte ihr erst ein halbes Jahr später, wegen der Kündigungsfrist seines bisherigen Arbeitgebers, einem Milchviehbetrieb. Nach Abschluss der höheren Landbauschule hatte er dort zehn Jahre als Betriebsleiter gearbeitet.

 

Vom Angestellten zum Mitgesellschafter. Der Betrieb Ruprecht wurde zu diesem Zeitpunkt als Kommanditgesellschaft (KG) mit Heinrich Ruprecht als Komplementär und zwei anderen Landwirten als Kommanditisten geführt. Als einer von denen aussteigen wollte, übernahmen Kim und Svenja im Sommer 2013 dessen Anteile. Im Sommer 2015 folgte eine Umstrukturierung der KG. Kim Stave hielt seitdem knapp die Hälfte der Kommanditanteile und hatte Prokura. 
Heinrich Ruprecht war damals – und ist es bis heute – gesundheitlich eingeschränkt, sodass sich Andrea und Heinrich Ruprecht nach und nach aus dem Tagesgeschäft zurückzogen. »Über die Jahre sind wir immer mehr zusammengewachsen, haben gemeinsam auf dem Betrieb gearbeitet und uns dabei ausführlich kennengelernt«, sagt Svenja Genuneit. Ab 2016 wurden dann die Gespräche über die Gestaltung der Hofübergabe intensiver. »Auf Initiative von Andrea begannen wir 2016 gemeinsam mit einer sozioökonomischen Beratung. Iris Flentje von der LWK Niedersachsen hat viel dazu beigetragen, dass die Übergabe so problemlos ablief«.

 

Im Zuge der sozioökonomischen Beratung wurden den beiden Familien alle Möglichkeiten der außerfamiliären Hofnachfolge mit ihren Vor- und Nachteilen offengelegt: Stiftung, Pachten, Adoption oder Kauf. »Die Adoption hat uns alle anfangs am wenigsten angesprochen und wurde von beiden Seiten sogar ein wenig belächelt. Bei näherer Betrachtung waren wir uns aber dann schnell einig, dass sie die beste Möglichkeit für uns ist. Denn es fallen die wenigsten Steuern an und der Betrieb bleibt in der Erbfolge bzw. in der Höfeordnung«, erzählt Kim Stave. 2019 fand die Adoption schließlich statt. Dank der guten Vorbereitung ging es am Ende schnell. Nachdem Antrag auf Erwachsenenadoption gab es einen Verhandlungstermin bei Gericht. Beide Paare und die drei Töchter der Ruprechts waren anwesend. »Wichtig war es, dass wir dort die emotionalen Gründe für unsere Entscheidung für die Adoption gut belegen konnten«, sagt Kim Stave. 
 

Schwerpunkt Milchproduktion

Kälber im Außenstall
Die weibliche Nachzucht bleibt bis zum Alter von fünf Monaten auf der Hofstelle in Stöckse und wechselt dann in einen gepachteten Stall im Dorf. Foto: Stave

Der Milchviehbetrieb »Stöckser Milk is more« liegt im Landkreis Nienburg/Weser. Auf dem Hauptstandort melkt Familie Stave 275 Milchkühe. Dort befinden sich auch die trockenstehenden Tiere und die Kälber bis zum Alter von fünf Monaten. 
Danach ziehen diese in einen gepachteten Stall im Dorf um und wechseln mit 12 Monaten zum elf Kilometer entfernten dritten Standort in Nienburg. Dort werden sie besamt und kehren nach der weiteren Aufzucht sechs bis sieben Wochen vor dem Kalben zurück auf den Stammbetrieb nach Stöckse. 
 

Seit 2017 wird dreimal täglich gemolken, das hat die Milchleistung auf derzeit 12 500 kg pro Kuh und Jahr bei 4,19 % Fett und 3,53 % Eiweiß gesteigert. Der Betrieb bewirtschaftet insgesamt 108 ha Grünland und 118 ha Ackerland. 
Unterstützt wird das Betriebsleiterehepaar von zwei festangestellten Mitarbeitern und zwei bis drei Auszubildenden jährlich. Durch die Nähe zur Deula in Nienburg war über die Jahre bereits eine Vielzahl von Praktikanten auf dem Betrieb. Seit 2016 kommen auch immer wieder Praktikanten aus dem Ausland auf den Hof.