
Bei der Ernte nach 219 Tagen Wachstum konnte man deutliche Unterschiede am Rübenkörper erkennen: unten links = ausreichend bewässerte Kontrolle, Mitte = Trockenstress im Juni, rechts = Trockenstress im August. (Foto: Ebmeyer)
Zuckerrüben. Wann Trockenstress am meisten Ertrag kostet
Bisher ist nicht eindeutig geklärt, wann Zuckerrüben den höchsten Wasserbedarf haben und ob es sortenspezifische Unterschiede bezüglich der Trockenstresstoleranz gibt. Henning Ebmeyer und Christa Hoffmann sind dieser Frage nachgegangen.
In den meisten Teilen Deutschlands gab es 2021 ausreichend Niederschläge für den Zuckerrübenanbau. Dennoch werden aufgrund von klimatischen Veränderungen in Zukunft höhere Temperaturen verbunden mit häufigen Trockenstressperioden erwartet. Auch wenn die Zuckerrübe im Vergleich zu anderen Kulturen gut an diese Umweltbedingungen angepasst ist, kann auch bei ihr Trockenstress zu erheblichen Ertragseinbußen führen. Es ist jedoch nicht klar, wann Zuckerrüben den höchsten Wasserbedarf haben und somit am stärksten auf eine ausreichende Wasserversorgung angewiesen sind. Das haben wir in einem Gefäßversuch untersucht.
Was haben wir gemacht? Da Trockenstress unter natürlichen Bedingungen im Feld in jedem Jahr unterschiedlich stark sein kann, lassen sich solche Untersuchungen nur unter kontrollierten Bedingungen im Gewächshaus durchführen. So kann der Effekt von Trockenstress in bestimmten Wachstumsphasen gezielt und ohne den Einfluss anderer Umweltfaktoren wie Hitzestress oder verstärktem Krankheitsbefall ermittelt werden. Durch die Verringerung der Bewässerungsmenge auf 50 % der Wasserhaltekapazität des Bodens haben wir Trockenstress jeweils im Juni und im August sowie in beiden Monaten jeweils für vier Wochen simuliert. Eine ausreichend bewässerte Kontrolle ermöglichte den Vergleich mit optimalen Wachstumsbedingungen. Die Bewässerung erfolgte separat für jede Pflanze, sodass der tägliche Wasserverbrauch über die gesamte Vegetationsperiode bestimmt werden konnte. Zudem wurde wöchentlich der Rübendurchmesser erfasst. Dieser steht in enger Beziehung zum Rübenertrag und ermöglicht, das Wachstum und den Ertragszuwachs als Wachstumsraten in Beziehung zum Wasserverbrauch über die gesamte Vegetationsperiode darzustellen, ohne die Pflanzen ernten zu müssen. Die Ernte der Pflanzen fand im Oktober statt.
Wachstum und Wasserverbrauch. Das Wachstum von Zuckerrüben ist stark von der Temperatur abhängig. Um es in den verschiedenen Jahren vergleichen zu können, sind die Wachstumsraten auf die Temperatursumme (mittlere Tagestemperatur x Anzahl der Tage) bezogen. Mit steigender Temperatursumme erhöhen sich die Wachstumsraten zunächst sehr deutlich und erreichen bei etwa 1 700 ° Cd ihr Maximum. Danach verringern sie sich aber auch wieder, sodass es zum Ende der Vegetationsperiode nur noch geringe Ertragszuwächse gibt (Grafik 1). Dieser Verlauf der Wachstumsraten beschreibt die natürliche Entwicklung von Zuckerrüben und ist im Feld in ähnlicher Form zu beobachten.
Interessant ist, dass der Wasserverbrauch der Rüben parallel zu den Wachstumsraten verläuft. Da die Pflanzen ein unlimitiertes Wasserangebot hatten, deutet das darauf hin, dass sie immer nur so viel Wasser verbrauchen, wie sie aufgrund ihrer aktuellen Wachstumsraten gerade benötigen. Der verringerte Verbrauch im zweiten Teil der Vegetationsperiode ist demnach einzig durch einen geringeren Bedarf der Pflanze bei geringeren Wachstumsraten verursacht. Zusätzliche Wassergaben (oder auch Stickstoffgaben) können daher nicht dazu beitragen, das Wachstum bei einer Beeinträchtigung durch andere Faktoren zu fördern.

Welchen Einfluss hat Trockenstress? In der Zeit, in der die Wachstumsraten und der Wasserbedarf der Pflanzen am höchsten waren, wurden sie auch zum ersten Mal Trockenstress ausgesetzt (1250 – 2000 ° Cd). Dieser verursachte Einbußen im Zuckerertrag von 43 % bei der Ernte der Rüben im Oktober 2020. Späterer Trockenstress (2600 – 3350 ° Cd) fiel hingegen in eine Phase mit abnehmenden Wachstumsraten und damit geringerem Wasserbedarf. Daher verursachte die Reduzierung des Wasserangebots nur etwa halb so große Ertragseinbußen.
Einen Eindruck vom Ertragsverlust erhält man bereits durch die Unterschiede in der Größe des Rübenkörpers zwischen den Varianten (Fotos oben). Dabei können Ertragsverluste durch eine Trockenstressphase im Laufe des Wachstums nicht mehr kompensiert werden. Selbst dann nicht, wenn danach die Wasserversorgung immer ausreichend ist. Vielmehr lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass es für hohe Zuckererträge wichtig ist, Trockenstress in den Zeiten mit den höchsten Wachstumsraten zu vermeiden. Unter den üblichen Witterungsbedingungen in Deutschland ist dieser Zeitraum etwa Ende Juli bis Mitte August. Da die Temperaturen im Feld, insbesondere im Frühjahr, wesentlich geringer sind als im Gewächshaus, dauert es länger, bis die entsprechende Temperatursumme erreicht wird.
Wann beregnen? Obwohl es sich um Ergebnisse aus Gewächshausversuchen handelt, können dennoch für die Praxis Hinweise für die Beregnung abgeleitet werden. Gerade vor dem Hintergrund begrenzter Wasserkontingente ist eine optimale Nutzung des Wassers wichtig. Oft wird der Beregnungsbeginn hinausgeschoben, damit Beregnungswasser über die gesamte Vegetationsperiode zur Verfügung steht. Auf der anderen Seite will man auch einen vollständigen Blattverlust und eine Assimilat-verbrauchende Blattneubildung vermeiden. Auf Grundlage unserer Ergebnisse ist zu erwarten, dass eine Beregnung zu Beginn des Sommers eine höhere Wirkung erzielt als zu späteren Zeitpunkten des Wachstums, das heißt, stärkere Ertragseinbußen vermeidet. Daher würden in der Praxis Beregnungsmaßnahmen Ende Juli bis Mitte August den höchsten Wasserbedarf bedienen und damit maximale Wachstumsraten ermöglichen.
Wasserangebot und Ertragsbildung. Die Zuckerrübe benötigt Wasser für die Ertragsbildung, daher verlaufen die beiden Kurven der Wachstumsraten und des Wasserverbrauchs parallel. Der Transpirationskoeffizient beschreibt das Verhältnis zwischen Wasserverbrauch und Ertragsbildung. Er gibt an, wie viel Wasser für die Bildung von 1 kg Gesamttrockenmasse bzw. Zuckerertrag benötigt wird und ist damit ein Parameter für die Effizienz der Wassernutzung. In den Gewächshausversuchen wurde im Mittel über alle Bewässerungsvarianten und Genotypen mit 230 l Wasser 1 kg Gesamt-TM (Rübe + Blatt) bzw. mit 335 l Wasser 1 kg Zucker gebildet (Grafik 2). Auffällig ist dabei, dass bei Trockenstress mehr Wasser je Einheit Trockenmasse bzw. Zucker benötigt wurde als bei ausreichender Bewässerung, wobei der Zeitpunkt des Trockenstresses keine Rolle spielte. Tendenziell war die Wassernutzung jedoch noch schlechter, wenn wiederholt Trockenstress aufgetreten ist (im Juni und August). Das bedeutet, dass das verfügbare Wasser bei Trockenheit auch weniger effizient zur Ertragsbildung genutzt werden kann als bei ausreichender Wasserversorgung. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Pflanze bei Trockenheit gestresst ist und der gesamte Metabolismus umgestellt werden muss. Dies führt unter anderem zu einer Anreicherung von osmotisch aktiven Substanzen im Gewebe und damit zu höheren Gehalten an Kalium, Natrium und Amino-N in der Rübe. Die Qualität für die Verarbeitung wird also schlechter.

Bei einem Bestand von 10 Pflanzen/m2 ergibt sich im Mittel aus dem Transpirationskoeffizienten eine Wassermenge von etwa 34 mm je t Zucker. Bei einer Niederschlagsmenge von 500 mm während der Vegetationsperiode könnte bei dieser Annahme ein maximaler Zuckerertrag von etwa 15 t/ha erzielt werden (lässt man eine Nachlieferung aus tieferen Bodenschichten außer Acht). Für einen Zuckerertrag von 20 t/ha würden bereits 670 mm benötigt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass Zuckerrüben unter Feldbedingungen deutlich mehr Blattmasse bilden als im Gewächshaus. Auch wenn sie für die Blattbildung weniger Wasser benötigen als zur Speicherung von Zucker, geht dies auf Kosten des Zuckerertrags. Daher werden Zuckererträge von 20 t/ha selbst mit den angegebenen Niederschlagsmengen im Feld vermutlich nicht erreicht.
Welchen Einfluss hat die Genetik? Auch bei Trockenstress muss der Landwirt für einen wirtschaftlichen Rübenanbau ein bestimmtes Ertragsniveau erreichen. Dies
erfordert Sorten, die effizient in der Wassernutzung sind. In den Gewächshausversuchen konnten wir beobachten, dass es Unterschiede zwischen den Genotypen im Transpirationskoeffizienten gibt, also in der Effizienz der Wassernutzung für die Ertragsbildung. Ersten Erkenntnissen zufolge entstehen diese Unterschiede dadurch, dass diese Genotypen mit einer hohen Wassernutzungseffizienz hin zur Zuckerspeicherung verwenden und weniger für die Blattbildung. Diese genotypische Varianz bietet Ansätze für die züchterische Verbesserung von Sorten. Da im Feld das Wasserangebot für alle Genotypen gleich ist, macht sich eine effizientere Wassernutzung dadurch bemerkbar, dass die Sorten bei gegebenem Wasserangebot einen höheren Zuckerertrag realisieren können.
Fazit. Trockenstress zu Beginn des Sommers beeinträchtigt die Ertragsbildung von Zuckerrüben am stärksten. Daher kann eine Beregnung in dieser Phase eine höhere Wirkung erzielen als zu späteren Zeitpunkten im Wachstum. Da mit dem verfügbaren Wasserangebot nur ein bestimmter Zuckerertrag gebildet werden kann, lassen sich bei Trockenstress Ertragseinbußen nicht vermeiden. Vielmehr muss versucht werden, durch züchterische Verbesserungen die Wassernutzung von Zuckerrüben zu optimieren.
Henning Ebmeyer und Prof. Dr. Christa Hoffmann, Institut für Zuckerrübenforschung, Göttingen
Das Projekt wurde in Kooperation mit der KWS SAAT SE & Co. KGaA durchgeführt.
Aus Saatgutmagazin 12/21. Den vollständigen Beitrag als pdf finden Sie hier.