
DLG-Spitzenbetriebe. Erstmalig mehr als 11.000 kg Milch
Das vergangene Wirtschaftsjahr war für die DLG-Spitzenbetriebe ernüchternd. Den Rückgang der Milchpreise und die volatilen Märkte konnten die gesunkenen Produktionskosten und rekordhohe Milchleistungen nicht auffangen. Stefan Weber fasst die Zahlen zusammen.
Auf welch hohem Leistungsniveau sich die DLG-Spitzenbetriebe bewegen, zeigt sich daran, dass im Wirtschaftsjahr 2023/2024 erstmalig die durchschnittliche Milchleistung von 11 000 kg ECM (+ 331 kg ECM) bei 4,06 % Fett, 3,46 % Eiweiß und 828 FE kg überschritten wurde. Das entspricht einem Melkdurchschnitt von über 36 kg/Kuh und Tag, in der Spitze liegt dieser Wert sogar über 45 kg ECM/Kuh und Tag.
Die Betriebe im Überblick
Von insgesamt 304 Milchviehbetrieben aus neun Bundesländern wurden Betriebszweigauswertungen geliefert, in die Vergleichsgruppe der DLG-Spitzenbetriebe sind 277 davon geflossen. Hierunter befinden sich über 40 Neuzugänge, was die Dynamik der Stichprobe belegt. Die DLG-Spitzenbetriebe werden größer und leistungsstärker: Eine durchschnittliche Herdengröße von 237 Milchkühen mit einer Tagesproduktion von fast 7,2 t Milch und einer Jahresmilchmenge von fast
2,7 Mio. kg ECM lagen dieser Stichprobe zugrunde.
Die durchschnittlichen Kuhverluste von 4,8 %, Kälberverluste von leicht über 8 % und eine bereinigte Reproduktionsrate von knapp 30 % zeigen das weit überdurchschnittliche Produktionsniveau. Und sie belegen gleichzeitig einen hohen Kuhkomfort, artgerechte Haltung und ein optimiertes Herdenmanagement.
Herausforderung: Extrem volatile Märkte
Beim Blick auf die Finanzkennzahlen der letzten vier Jahre werden aber die großen Herausforderungen der extrem volatilen Märkte deutlich. Der monetäre Leistungsabfall von 11,2 Ct/kg ECM (– 18,6 %) 2023/2024 und ein Rückgang der Produktionskosten von nur 2,2 Ct (– 4,6 %) führen zu einem schlechteren kalkulatorischen Betriebszweigergebnis (kalk. BZE) von 2,71 Ct/kg ECM. Die Einflussnahme auf die Höhe der Milcherlöse von 43,3 Ct/kg ECM ist nicht groß, sollte betriebsindividuell aber nicht vernachlässigt werden. Im Durchschnitt machen die Erlöse aus Koppelprodukten mit 4,86 Ct fast 10 % der Gesamterlöse aus und sind insbesondere in Tiefpreisphasen wichtig für die Liquiditätssicherung.
Die Produktionskosten sind im zurückliegenden Wirtschaftsjahr nahezu gleich geblieben und liegen mit durchschnittlich 46,32 Ct/kg ECM auf einem nach wie vor sehr hohen Niveau.
Stärken und Schwächen auch innerhalb der Spitzenbetriebe. Es gibt keinen allein entscheidenden Unterschied zwischen den Betrieben. Ihr wirtschaftlicher Erfolg kommt durch mehrere Faktoren zustande. Die Unterschiede, die sich durch die Herdengröße und eine effektive Verwertung betriebseigener Faktoren ergeben, Arbeitsproduktivität, Mechanisierung, GF-Leistung, Futterverwertung etc. sind sehr groß (Übersicht 1).
Kennwert | 25 % abfallende | Gesamtergebnis | 25 % beste | Differenz |
Anzahl Kühe | 193 | 237 | 285 | 92 |
Milchverkauf | 42,17 | 43,30 | 45,51 | 3,34 |
Tierverkauf | 4,35 | 4,86 | 4,94 | 0,58 |
Summe Leistungen | 47,32 | 49,03 | 51,41 | 4,09 |
Tierzukauf | 0,95 | 0,94 | 0,73 | – 0,22 |
Kraftfutter | 11,79 | 11,33 | 11,11 | – 0,68 |
Grobfutter | 13,03 | 11,57 | 10,39 | – 2,64 |
Summe Futterkosten | 25,62 | 23,63 | 22,23 | – 3,39 |
Besamung/Sperma | 0,61 | 0,54 | 0,46 | – 0,16 |
Tierarzt, Medikamente | 1,23 | 1,15 | 1,06 | – 0,17 |
(Ab-)Wasser, Heizung, Strom | 1,38 | 1,26 | 1,04 | – 0,34 |
Sonstige Direktkosten | 2,03 | 1,84 | 1,59 | – 0,45 |
Summe Direktkosten | 32,47 | 30,01 | 27,75 | – 4,72 |
Direktkostenfreie Leistung | 14,84 | 19,02 | 23,66 | 8,82 |
Summe Personalkosten | 7,97 | 7,79 | 7,47 | – 0,51 |
Summe Mechanisierungskosten | 5,68 | 4,89 | 4,15 | – 1,54 |
Summe Arbeitserledigungskosten | 13,66 | 12,67 | 11,62 | – 2,04 |
Summe Gebäudekosten | 2,90 | 2,81 | 2,61 | – 0,29 |
Summe Produktionskosten | 49,98 | 46,32 | 42,72 | – 7,25 |
Kalk. Betriebszweigergebnis | -2,66 | 2,71 | 8,68 | 11,35 |
Die Gesamtergebnisse der DLG-Spitzenbetriebe Milch im Zeitverlauf finden Sie hier.
Verhältnismäßig hoch sind auch die Differenzen in den Direktkosten. Sie zeigen sich besonders bei den Ausgaben für Tierarzt, Medikamente und Klauenpflege. Die Kostenunterschiede von 0,35 Ct/kg ECM für Strom und Wasser zeigen, dass selbst der Stromverbrauch nicht immer optimiert ist (Übersicht 2).
Obwohl die Arbeitserledigungskosten (AEK) mit 12,67 Ct/kg ECM (27 % Anteil) im Vergleich zu den Futterkosten mit etwas über 50 % den geringeren Anteil an den Produktionskosten ausmachen, sind die Kostenunterschiede von etwa 2 Ct/kg ECM in den AEK einzelbetrieblich oft eine große Reserve. Die AEK setzen sich aus Personal- (62 %) und Mechanisierungskosten (38 %) zusammen. Auffällig ist hierbei, dass sich mit zunehmendem Erfolg und Herdengröße die Kosten der Innenmechanisierung überproportional reduzieren lassen.
Schlussendlich liegen die Produktionskosten mit 46,32 Ct/kg ECM etwas unter dem Vorjahresniveau. In den Gruppenmittelwerten reichen sie von 49,98 bis 42,72 Ct je kg ECM. Das kalk. BZE fiel mit 2,71 Ct positiv aus, im Mittel erreichten die Betriebe eine Kostendeckung. Für die 25 % wirtschaftlich weniger erfolgreichen DLG-Spitzenbetriebe war dieses Wirtschaftsjahr aber defizitär.
Kennwert | Einheit | 25 % abfallende | Gesamtergebnis | 25 % beste | Differenz |
Kuhbestand | Anzahl Kühe | 193 | 237 | 285 | 92 |
Kuhverluste | % | 5,0 | 4,8 | 4,7 | – 0,3 |
Aufzuchtverluste weiblich | % | 6,9 | 5,9 | 6,4 | – 0,5 |
Kälberverluste gesamt | % | 8,6 | 8,1 | 8,6 | – 0,0 |
EKA | Monate | 26,4 | 26,3 | 26,2 | – 0,2 |
bereinigte Reproduktionsrate | % | 30,1 | 29,7 | 29,7 | – 0,5 |
Milchleistung ECM | kg ECM/Kuh | 10 929 | 11 032 | 11 082 | 152 |
Kraftfutteraufwand/Einsatz | KF dt FM/Kuh g KF FM EIII/ kg ECM | 31,8 291 | 31,2 283 | 31,1 282 | – 0,7 – 9 |
Grundfutterleistung | kg ECM/Kuh | 4 422 | 4 631 | 4 681 | 259 |
Flächenverbrauch / Effizienz | ha HFF/Kuh kg ECM/ha Eigen-HFF | 0,69 16 701 | 0,62 19 408 | 0,56 22 077 | – 0,13 5 376 |
Produktivität (KmF) | Akh/Kuh/ kg ECM/Akh | 39,6 289 | 39,4 293 | 38,7 298 | – 0,9 10 |
Die insgesamt 39 Fleckviehbetriebe mit 131 Kühen und 9 807 kg ECM erreichten deutlich geringere Milchleistungen, wiesen aber weniger Tierverluste auf. Durch die hohen Erlöse aus Milch von 47,13 C t und 8,75 Ct/kg ECM aus Tierverkäufen konnten Gesamtleistungen von 57,73 Ct/kg ECM erzielt werden. Innerhalb der wichtigen Faktorverwertung blieben Fleckviehbetriebe mit einem Arbeitsmaß von 48,6 Akh/Kuh und einer Flächenleistung von 17 215 kg ECM/ha jedoch auf einem Produktivitätsniveau deutlich unter dem der HF-Betriebe mit 38 Akh/Kuh und 20 038 kg ECM/ha. In dem zurückliegenden Wirtschaftsjahr haben es die HF-Betriebe trotz der um 1 514 kg höheren Milchleistungen nicht vermocht, die geringeren Milcherlöse zu kompensieren. Je Kuh erzielten sie lediglich Erlöse von 5 384 €, die Fleckviehbetriebe lagen mit 5 660 €/Kuh auf einem deutlich höheren Niveau. Schlussendlich erzielten die HF-Betriebe mit einem doppelt so großen Kuhbestand ein kalk. BZE von 77 710 €/Betrieb während das kalk. BZE der Fleckvieh-Betriebe mit durchschnittlich 52 800 € überraschend gut ausgefallen ist.
Wie hoch die Reproduktionskosten des Betriebes ausfallen, hängt von sehr vielen Faktoren ab: Wie ist z. B. die Nutzungsdauer der Kühe und welche Merzrate fällt im Betrieb an? Außerdem beeinflusst neben der absoluten Milchleistung natürlich auch die Qualität der Jungviehaufzucht die Höhe der Kosten je Färse.
Da die Jungviehaufzucht aber kostspielig ist und viel Kapital bindet, entscheiden sich Betriebe zunehmend, sie ganz oder teilweise auszulagern oder sogar die Reproduktion zuzukaufen. Diese unterschiedlichen Systeme erschweren die Auswertung jedoch, da ihre Grenzen fließend sind. Um sie dennoch miteinander vergleichen zu können, arbeitet die Auswertung der DLG-Spitzenbetriebe mit der Produktionseinheit (PE) Färse. Hierfür wird die Summe aller Haltungs- und Auslagerungstage im Verhältnis zum betriebsindividuellen EKA berechnet (Übersicht 3).
Schlussendlich werden die Aufzuchtkosten je PE Färse ausgewiesen, unabhängig davon, ob die Jungrinder im eigenen Betrieb aufgezogen oder zur Aufzucht ausgelagert wurden.
Die meisten Jungtiere wachsen bei den DLG-Spitzenbetrieben im geschlossenen System auf. Dort ziehen 205 Betriebe (74 %) die weiblichen Kälber nach wie vor selbst auf. Bei den gesamten Aufzuchtkosten von 2 440 € wird schnell klar, dass das Augenmerk auf der Fütterung liegen muss, da mit durchschnittlich 1 354 € nicht nur 55 % der gesamten Kosten anfallen, sondern mit der Fütterung die Intensität und Qualität der heranwachsenden Tiere maßgeblich beeinflusst wird. Das Erstkalbealter liegt mit über 26 Monaten überraschend hoch. Mit einer Reduzierung auf 24 Monate können nicht nur knapp
200 € je Tier eingespart werden, es würden insgesamt auch weniger Tiere benötigt.
Unterschätzte Kosten. Die Kosten der Jungviehaufzucht und die damit einhergehenden Reproduktionskosten werden oft unterschätzt, da die anteiligen Kosten in den jeweiligen Kostenstellen der Milchproduktion verteilt sind. Für eine Kostendeckung oder gar Gewinnerzielung muss die Jungviehaufzucht betriebsindividuell angepasst werden.
Die Kosten je Haltungstag liegen aktuell bei über 3 €/Tier, die Kosten je Monat betragen im Durchschnitt 93 €/Tier. Kann die Reproduktionsrate um 5 % verbessert werden, reduzieren sich die Produktionskosten je kg ECM um 1,15 Ct. Kann das EKA um einen Monat reduziert werden, sinken die Produktionskosten je kg ECM um 0,25 Ct/kg ECM. In der Jungviehaufzucht und der dazugehörenden Reproduktion verbirgt sich also enorm viel Potential.
Kennwert | Gesamtergebnis | geschlossenes System |
Anzahl Betriebe | 277 | 205 |
durchschn. Anzahl Kühe | 237 | 216 |
Kraftfutter | 482 | 480 |
Saftfutter | 12 | 12 |
Grobfutter | 794 | 862 |
Besamung/Sperma | 33 | 34 |
Tierarzt, Medikamente | 44 | 43 |
(Ab-)Wasser, Heizung, Strom | 36 | 38 |
Sonst. Direktkosten | 94 | 77 |
Summe Direktkosten | 1 853 | 1 725 |
Summe Personalkosten | 311 | 330 |
Summe Mechanisierungskosten | 194 | 200 |
Summe Gebäudekosten | 144 | 156 |
Summe Produktionskosten | 2 529 | 2 440 |
EKA in Monaten | 26,3 | 26,1 |
Haltungstage | 798 | 795 |
Kosten je Haltungstag (€/Tag) | 3,17 | 3,07 |
Ergänzende Zahlen zu den Reproduktionskosten in Abhängigkeit von Milchleistung und Reproduktionsrate finden Sie hier.