
Interview. »Düngt« der Mais sich bald selbst?
US-amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass alte mexikanische Maissorten mittels einer Symbiose mit Bakterien Luftstickstoff binden können. Diese Eigenschaft lässt sich auch auf kommerzielle Sorten übertragen.

Frau Aichholz, seit wann ist bekannt, dass nicht nur Leguminosen, sondern auch Mais Luftstickstoff fixieren kann?
Bereits im Jahr 2009 fand ein nordamerikanischer Ökozüchter exotische Maislandrassen, die durch eine Partnerschaft mit Bakterien zum Teil bis zur Hälfte ihres Stickstoffs aus der Luft fixieren. Nach einigen Jahren intensiver Züchtungsarbeit ist es ihm gelungen, diese Eigenschaft in moderne Körnermaissorten einzukreuzen. Die neuen Hybriden bilden auf nicht gedüngten Flächen etwa 40 % mehr Eiweiß als herkömmliche Hybriden. In den USA werden solche Sorten bereits vertrieben.
Und jetzt sind Sie dabei, diese Eigenschaft ebenfalls in ihr Zuchtmaterial einzukreuzen?
Ja genau. Als Biogemüsezüchter arbeiten wir allerdings mit Zuckermais. Basierend auf stickstoffeffizienten Linien mit mexikanischem Hintergrund und unseren biologisch selektierten Zuckermaislinien wollen wir in den nächsten vier Jahren qualitativ hochwertige und stickstoffeffiziente Zuckermaissorten entwickeln. Diese sollen auch bei begrenztem Nährstoffangebot gute und stabile Erträge erzielen. Die Basis dafür ist ein größeres Wurzelwerk in Verbindung mit der Fähigkeit zur Stickstofffixie-
rung über die Symbiose mit Bakterien.
Grundsätzlich wäre aber die Einkreuzung in Silomais ebenfalls möglich, oder?
Ja, so ist es. Und daran wird aktuell auch schon gearbeitet – unter anderem in Deutschland.
Warum ist dieses Thema wichtig für die Züchter?
Mais hat im Vergleich zu anderen Kulturen einen hohen Stickstoffbedarf. Im Ökolandbau ist eine gute Stickstoffeffizienz bereits heute ein wichtiges Thema. Aber mit Blick auf die immer strengeren rechtlichen Vorgaben bei der Düngung und die aktuelle Preisentwicklung für die Stickstoffdünger wird diese Eigenschaft künftig auch in der konventionellen Landwirtschaft an Bedeutung gewinnen. Pflanzen, die sich Luftstickstoff zunutze machen können, sind sehr wertvoll für die N-Bilanz.
Und wie genau funktioniert diese Symbiose mit den Bakterien?
Sogenannte endophytische Bakterien treten in den Wurzelspitzen mit der Pflanze in Interaktion, leben und vermehren sich dort. Die Pflanze gibt daraufhin ein Sekret mit reaktiven Sauerstoffmolekülen ab, die dann durch Abbau bakterieller Membranen Proteine und Mineralien freisetzen. Diese Nährstoffe kann die Pflanze dann aufnehmen. Einige an diesem Prozess beteiligte Bakterienarten sind samenbürtig, andere kommen aus dem Boden. Eine Impfung des Saatgutes wie bei Leguminosen ist für den kommerziellen Anbau vermutlich nicht erforderlich.
Die Fragen stellte Katrin Rutt.
Aus Saatgutmagazin 12/21.