
Desmedipham. "Wir haben Alternativen"
In Zuckerrüben ist eine neue Herbizidstrategie gefragt, denn der wichtige Wirkstoff Desmedipham steht nicht mehr zur Verfügung. Lässt sich das Unkraut jetzt überhaupt noch kontrollieren?
Wir haben Georg Sander gefragt.
Was bedeutet der Wegfall des Wirkstoffs Desmedipham für die künftige Herbizidstrategie in Zuckerrüben?
Desmedipham (DMP) ist ein Wirkstoff von mehreren, zu DMP gibt es Alternativen – vor allem den schon sehr lange zugelassenen blattaktiven Wirkstoff Phenmedipham (PMP). Dieser ist mit den Solo-Produkten (Betasana SC/Betosip SC) und mit den Kombinationsprodukten (PMP + Ethofumesat – Belvedere Duo und Betanal Tandem) aktuell weiterhin zugelassen.
Es stand ja zwischenzeitlich zur Diskussion, dass auch PMP die Zulassung verlieren könnte. Beide Wirkstoffe, DMP und PMP, zu verlieren, wäre in der Tat viel problematischer geworden. Für die Bewertung des herbiziden Wirkstoffs PMP dürfen zusätzliche Daten zur Einstufung der hormonähnlichen Wirkung an die Zulassungsbehörde ScoPaff nachgereicht werden. Danach wird über die weitere Zulassung des PMP entschieden.
Und Phenmedipham kann Desmedipham vollständig ersetzen?
Die Wirkungsstärken des Wirkstoffs Phenmedipham sind seit vielen Jahren bekannt. Mit PMP und anderen blattaktiven herbiziden Wirkstoffen, beispielsweise dem Triflusulfuron (Debut bzw. Shiro) oder dem Clopyralid (Lontrel/Cliophar bzw. Vivendi/Bariloche) als Mischungspartner, werden wir auch künftig die Rüben sauber halten können. Zusätzlich stehen auch die in erster Linie über den Boden wirkenden altbekannten Wirkstoffe, das Metamitron (Goltix Gold, Metafol, Nymeo), Ethofumesat (Stemat, Oblix, Tramat), Dimethenamid-P (Spectrum) und das Quinmerac (Tanaris) für eine gute Unkrautkontrolle zur Verfügung.
Als neues Einzelwirkstoffprodukt wird in diesem Jahr das Venzar (Lenacil) angeboten. Lenacil wirkt in erster Linie über den Boden und ist im vergangenen Jahr unter anderem über das Kombinationsprodukt Duo Active Pack erhältlich gewesen. Zusätzlich stehen uns künftig auch weitere Produkte mit Wirkstoffkombinationen zur Verfügung. Produktnamen und Wirkungsstärken der Mittel Tanaris, Goltix Titan, Kezuro und das Belvedere Duo sind schon aus dem Vorjahr bekannt. Neu angeboten wird das Mittel Betanal Tandem SC.
(Eine Übersicht mit aktuell zugelassenen Rübenherbiziden finden Sie hier)

Aber Desmedipham hatte doch schon Vorteile ...
Die hohe Blattaktivität vom DMP und damit die gute Wirkung unter trockenen Bodenbedingungen, können wir mit den genannten Produkten nur annähernd ersetzen. Allerdings kommen wir mit der Kombination verschiedener Wirkstoffe plus ergänzender Additive dieser bekannt guten Wirkung auf verschiedene Unkräuter schon sehr nahe. Beim künftigen Einsatz eines PMPs darf ein Additiv (beispielsweise Hasten, Access oder ein Agraröl) nicht fehlen.
Und: Nicht nur der Wirkstoff bringt eine Wirkung, auch die Formulierung! DMP war zum Beispiel in Betanal maxxPro einfach super formuliert. PMP ist in der Wirkung DMP ähnlich, aber eben nicht in der Formulierung. Die Unkrautkontrolle bleibt anspruchsvoll. Ein Mittel wie beispielsweise das Betanal maxxPro muss künftig durch mehrere Produkte (Einzelwirkstoffe) ersetzt werden, Produkte mit gegebenenfalls unterschiedlichen Formulierungen. Die Rahmenbedingungen wie Witterung, Bodenfeuchte, Unkrautgröße und Entwicklungsstand der Rübe müssen bei der Dosierung der Einzelkomponenten beachtet werden.
Aber nicht nur Desmedipham fällt jetzt weg, auch die Aufbrauchfrist für Rebell Ultra ist abgelaufen. Was hat das für Konsequenzen?
Das Aus vom Rebell Ultra kam nicht unerwartet. Die Lücke kann durch andere zur Verfügung stehenden Produkte geschlossen werden. Eine mögliche gute Alternative stellt das Mittel Tanaris SE dar.
Welche Spritzfolge würden Sie denn in der anstehenden Saison empfehlen?
Eine Standardempfehlung für die Bekämpfung einer »normalen« Mischverunkrautung mit beispielsweise Weißem Gänsefuß, Kamille, Klettenlabkraut, Vogel- und Windenknöterich könnte je Nachauflaufspritzung wie folgt aussehen:
- 200 g/ha Phenmedipham plus
- 250 g/ha Ethofumesat plus
- 15 g/ha Triflusulfuron plus
- 900 g/ha Metamitron plus
- 70 g/ha Quinmerac.
Bei stärkerer Verunkrautung mit Schwarzem Nachtschatten, größerer Kamille, Hundspetersilie oder Dreigeteiltem Zweizahn sollte noch ein weiterer Zusatz von 30 – 40 g/ml Wirkstoffanteil von Clopyralid erfolgen. Ist Bingelkraut oder Ausfallraps das Problem, sollte die Aufwandmenge des Triflusulfurons in der zweiten und dritten Nachauflaufapplikation auf 25 – 30 g/ha erhöht werden.
Verändert sich das Resistenzrisiko durch den Wegfall der Wirkstoffe?
Der Anteil der Gemeinen Melde- oder der Weißer Gänsefußresistenz und die fob-Resistenz bei der Gräserbekämpfung (Ackerfuchsschwanz) nimmt zu. Betriebe, die neben Zuckerrüben auch Mais oder Kartoffeln anbauen, sollten bei der Unkrautbekämpfung in diesen Kulturen einen Wirkstoffwechsel beim Herbizideinsatz vornehmen, um es nicht zu einer Triazinresistenz kommen zu lassen. In Zuckerrüben muss es beim Einsatz von Metamitron bleiben, wir haben hier keine Alternative. Der jüngste Wegfall der beiden Wirkstoffe verschärft diese Situation aber nicht.
Aus DLG-Mitteilungen 3/21. Den vollständigen Artikel als pdf finden Sie hier.
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