
Agrarstruktur. Lassen sich Share Deals regulieren?
Ins Abseits gestellt scheint derzeit die Diskussion um ein strengeres Bodenrecht. Ist eine »gestaltende« Strukturpolitik nötig und möglich?
Umbau der Tierhaltung, die neuen GAP-Regeln, Düngeverordnung – die aktuellen Debatten um den Klima-, Tier- und Umweltschutz haben die Diskussionen um das Vordringen außerlandwirtschaftlicher Investoren beiseite gedrängt. Und doch hängt beides unmittelbar miteinander zusammen. Aus dem bestehenden und weiter wachsenden Druck resultieren Kooperationsbedürfnisse – und damit einhergeht eine gesteigerte Verkehrsfähigkeit von Grund und Boden durch Share Deals an grundbesitzenden Gesellschaften.
Statistik. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn außerlandwirtschaftliche Investoren sind nicht nur ein Phänomen im Osten. Dort bewirtschaften sie laut Landwirtschaftszählung 2020 mittlerweile zwischen 19 % (Mecklenburg-Vorpommern) und 37 % (Thüringen) der Nutzfläche. Auch im Westen sind die Holdings auf dem Vormarsch. In Niedersachsen haben die Statistiker 182 »Unternehmensgruppen« gefunden, denen Flächen gehören und die Landwirtschaft betreiben. Sie verfügen unterm Strich über 3 % der Nutzfläche des Landes. Ähnlich hoch ist der Flächenanteil der Holdings in Schleswig-Holstein. Und auch in Bayern bewirtschaften 157 Großunternehmen knapp 50 000 ha, sagt die Statistik.
Regelungslücke im Gesetz. In einer Doktorarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen hat Friedrich Freiherr von Bredow untersucht, warum das Grundstückverkehrsrecht diese Beteiligungserwerbe an Agrargesellschaften bisher nicht erfasst. Um diesen Zustand abzuwenden, wurden seit 2015 Gesetzentwürfe z. B. in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg vorgelegt, die allesamt scheiterten. Mal fehlte es an politischen Mehrheiten, mal gab es rechtliche Unwägbarkeiten. In seiner Analyse stellt von Bredow fest, dass die entworfenen Regelungen jeweils die gleiche Grundsystematik aufweisen: Es wird die Ausweitung der Grundstückverkehrskontrolle auf das weite Feld der Gesellschaften angestrebt. Dies fällt jedoch nicht unter die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer.
Möglicherweise kann ein neuer Lösungsansatz dabei helfen, die ins Stocken geratene Diskussion wieder in Bewegung zu setzen. Denn von Bredow hat auch untersucht, ob sich das Grunderwerbsteuerrecht bei Share Deals mit der Gundstücksverkehrskontrolle verbinden ließe. Seine Antwort: Dieser Ansatz würde viele Probleme der bisherigen Entwurfsregelungen der Länder – allen voran den Kompetenzkonflikt – lösen. Außerdem sei der Mechanismus überaus schlank, da er an das etablierte System der Grunderwerbsteuerpflichtigkeit von Gesellschaften bei Veränderungen im Gesellschafterbestand anknüpft.
Buchtipp: Friedrich Freiherr von Bredow,
Grundstücksverkehrsrechtliche Kontrolle von Share Deals, 414 Seiten,
ISBN 978-3-339-12730-3
Thomas Künzel