
Weidepflicht. Keine Ausnahmen mehr
Weidegang für Biokühe, darum kommt künftig kein Betrieb mehr herum. Die großzügige Auslegung der EU-Verordnung durch die Bioverbände ist nicht länger möglich. Die betroffenen Milchviehhalter müssen nun schnell reagieren.
Die Europäische Kommission hat in einem Pilotverfahren gegen Deutschland Ende letzten Jahres klargestellt, dass Pflanzenfresser während der Weidezeit permanent Zugang zu Grünland haben müssen, wenn der Betrieb als Ökobetrieb geführt wird. Der Weidezugang darf nur aus vorübergehenden Gründen eingeschränkt werden. Dieses sind beispielsweise der Zustand des Bodens, die Witterung, die jahreszeitlichen Bedingungen oder eine behördliche Anordnung zum Seuchenschutz.
Großzügige Ausnahmegenehmigungen
Bislang wurde die EU-Ökoverordnung für Biobetriebe zur Weidehaltung ihrer Tiere durch die deutschen Bioanbauverbände und Behörden großzügig ausgelegt. Bioerzeuger konnten z. B. in Bayern und Baden-Württemberg mit Ausnahmegenehmigung Milch produzieren, obwohl sie aus strukturellen Gründen ganz oder teilweise auf Weidegang verzichten mussten. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Betrieb in Ortslage ist und keinen direkten Zugang zu arrondierten Weideflächen hat. Die Landwirte mussten stattdessen ihren Tieren während der Vegetationsperiode frisches Grünfutter anbieten.
Härtefalllösung unwahrscheinlich
Die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber setzt sich für die betroffenen Landwirte ein. Sie ist bei EU-Agrarkommissar Christophe Hansen vorstellig geworden. Sie will eine weitere Härtefalllösung in der EU-Öko-Verordnung erreichen, um von der Weidepflicht betroffene Bestandsbetriebe im Ökolandbau zu halten. Aber selbst wenn sich die EU-Kommission zu einer Härtefallregelung überzeugen lässt, ist es unwahrscheinlich, dass dies zeitnah geschieht. Die KULAP-Antragsfrist endet in Bayern bereits am 27. Februar.
In Österreich, das 2022 auch auf Druck der EU die Weidepflicht im Ökolandbau umsetzen musste, wurden keine Ausnahmen zugelassen. Die Kommission führte damals sogar ein Anlastungsverfahren durch, weil das Land die Auflagen der EU-Öko-Verordnung aus ihrer Sicht nicht richtig erfüllt hatte.
Diese Auslegung der Verordnung wird von der EU-Kommission nun nach dem mehrjährigen Prüfverfahren nicht mehr akzeptiert. Das Pilotverfahren wurde im November 2024 für beendet erklärt. Die Bundesregierung hatte der Position der Kommission zugestimmt und die konsequente Umsetzung dieser Regelungen zugesichert.
Für die betroffenen Betriebe hat das nun kurzfristig weitreichende Folgen. Wenn die Biobetriebe ihren Raufutterfressern keinen Weidezugang gewähren können, müssen sie nicht nur auf konventionelle Haltung rückumstellen, sondern auch rechtzeitig die Ökoförderung im Rahmen der Zweiten-Säule-Programme kündigen. In Bayern ist sie Teil des bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP), in Baden-Württemberg des Förderprogramms für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT II). Die Zeit drängt, denn die Periode für die Förderanträge beginnt bald. Wer aus der Ökoförderung aussteigt, muss dies bis spätestens 15. Mai 2025 der zuständigen Behörde mitteilen. Dann müssen bereits erhaltene Fördermittel nicht zurückgezahlt werden.