Melkroboter: Es klappt auch mit Weidegang
Kühe auf der Weide und automatische Melksysteme ergänzen sich auf den meisten Betrieben erstaunlich gut. Förderlich sind Selektionstore und kurze Wege zur Wiese. Uwe Eilers sagt, worauf Sie noch achten müssen.
Die Kombination von automatischem Melken und Weidegang wird bereits häufig umgesetzt. Die Schwierigkeit besteht darin, einerseits die angestrebte Melkfrequenz und eine gute Auslastung des Melksystems zu realisieren und andererseits Weidegang zu ermöglichen. Je nach betrieblichen Gegebenheiten kann es herausfordernd sein, das passende System hierfür zu etablieren. Das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) hat sich mit der Umsetzung von Melkroboter-Weide-Systemen in Beständen mit mindestens zwei Melkstationen und mehr als 100 Kühen auseinandergesetzt. Auch in diesen Herdengrößen funktioniert die Kombination Automatisches Melksystem (AMS) und Weidegang gut, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind.
Kurze Wege erleichtern einiges
Die einzige unabdingbare betriebsstrukturelle Voraussetzung, um Weidegang und automatisches Melken umsetzen zu können, ist die Weidefläche in Melkroboter- bzw. Stallnähe. Sie sollte außerdem möglichst über einen direkten Verbindungsweg zwischen Weide und Stall zu erreichen sein. Eine kurze Entfernung zwischen Melksystem und Weidefläche ist dabei grundsätzlich positiv.
Weitere Beiträge aus dem Titelthema Dauergrünland
Bei Strecken von mehr als etwa 300 Meter kann es zu erhöhtem Nachtreibeaufwand kommen. Allerdings hängt dieser Effekt stark vom sonstigen Management ab. In begrenztem Maße, für wenige Stunden am Tag, können auch Weideflächen ohne direkte Verbindung zum Stall einbezogen werden. Das kann beispielsweise eine saisonale Nutzung sein, wenn die verfügbare Weidefläche je Kuh ansonsten zu knapp wäre. 2024 wurden vom LAZBW in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim 17 Betriebe mit Beständen zwischen 100 und 230 Kühen sowie zwei bzw. drei Melkstationen untersucht. Davon wirtschaften 15 Betriebe ökologisch und zwei konventionell. Die Milchleistung liegt bei durchschnittlich 8 390 kg je Kuh und Jahr. Die Spanne beträgt 6 500 kg bis 10 385 kg. Die höchste Milchleistung erreicht einer der beiden konventionellen Betriebe.
Weidegang und Melkroboter im Vergleich verschiedener Betriebsgrößen
| Kleinere Betriebe* | Größere Betriebe** | |
| Daten aus den Befragungen | n = 20 | n = 17 |
| Ø Anzahl Milchkühe | 64 | 141 |
| Ø Milchleistung (kg je Kuh und Jahr) | 7 023 | 8 390 |
| Ø Weidefläche je Kuh (ha) | 0,12 | 0,1 |
| Zugang zur Weide | 45 % frei 30 % Weidetor 5 % Melksystem 20 % geblockt | 53 % frei 35 % Weidetor 12 % Melksystem |
| Weidestrategie | 45 % Stundenweide 35 % Tagesweide 20 % Ganztagsweide | 12 % Stundenweide 65 % Tagesweide 18 % Ganztagsweide 6 % Nachtweide |
| Zufütterung während der Weidesaison | 100 % im Stall, dav.: 90 % ad libitum 10 % rationiert | 100 % im Stall, dav.: 47 % ad libitum 53 % rationiert |
| Daten des Melksystems | Stall-/Weidesaison n = 18 | Stall-/Weidesaison n = 14 |
| Ø Anzahl gemolkener Kühe je Tag | 52/51 | 108/104 |
| Ø Anzahl Melkungen je Box und Tag | 120/116 | 141/131* |
| Ø Anzahl Melkungen je Kuh und Tag | 2,4/2,3 | 2,4/2,35 |
| Ø Milchmenge je Box und Tag (kg) | 1 063/1 096 | 1 410/1 340 |
| Ø Milchmenge je Kuh und Tag (kg) | 20,7/21,5 | 24,3/24,4 |
| Ø technische Auslastung (%) | 64/61 | 74/69*** |
* Würtenberger 2023, geändert u. ergänzt; ** Renz 2024, ergänzt. ***signifikanter Unterschied zwischen Stall- und Weidesaison
Der Weidegang spielt auch in den größeren Betrieben eine wichtige Rolle (Übersicht). Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass lediglich zwei Betriebe Stundenweide mit maximal sechs Stunden täglicher Weidezeit praktizieren. Alle anderen bieten mindestens sieben Stunden täglich Weidezugang, drei davon sogar Ganztagsweide mit mindestens 18 Stunden möglichem Weidegang. Außerdem haben die Tiere in neun Betrieben freien Zugang zur Weide (d. h. nicht selektiv), neun füttern rationiert im Stall zu und die Weidefläche ist mit 1 000 m² je Kuh im Mittel nur unwesentlich kleiner als bei den kleineren Betrieben. Allerdings ist die Spanne sehr groß. Sie reicht von 100 bis 3 300 m² je Kuh. Das spiegelt die unterschiedlichen Rahmenbedingungen wider, unter denen im einzelnen Betrieb Melkroboter und Weidegang praktiziert werden. Interessanterweise ist der Betrieb mit der größten Weidefläche (Betrieb 4), der konventionelle Betrieb mit der höchsten Milchleistung. Er besitzt für seine 150 Kühe drei Melkstationen und bietet den Tieren ganzjährigen und ganztägigen Weidegang über ein Weide-Selektionstor an. Zweimal täglich werden Kühe zum Melken nachgetrieben.
Die größeren Betriebe erreichen bei den technischen Parametern durchweg höhere Werte und insbesondere eine bessere Auslastung des Melksystems als die kleineren. Neben der höheren Milchleistung kommen dafür ein strafferes Management und gute Rahmenbedingungen für die Milcherzeugung als Erklärung infrage. Die tägliche Milchleistung ist im Mittel während der Stall- und Weidesaison gleich hoch, während die Auslastung des Melksystems in der Weideperiode mit 69 % signifikant niedriger liegt.
Unverzichtbares Weide-Selektionstor
Ein wichtiges Element, um das Melksystem besser auszulasten und den Nachtreibeaufwand zu reduzieren, ist das Weide-Selektionstor. Rund ein Drittel der befragten Betriebe setzen es ein. Häufig wird das Weideanrecht auf max. 70 bis 80 % des Melkanrechts eingestellt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass sich die Melkfrequenz selbst bei 100 % nicht unbedingt verringern muss. Das heißt, erst wenn 100 % Melkanrecht (unmittelbar anstehende Melkung) überschritten werden, erhalten die Kühe keinen Weidezugang mehr. Bei der Inbetriebnahme eines Weidetors ist mit einer Eingewöhnungszeit von ein bis zwei Monaten zu rechnen. Während dieser Zeit sollte das Tor zunächst ständig offen und für die Tiere frei passierbar sein. In der nächsten Stufe wird das Tor geschlossen, wobei es sich aber bei jedem Besuch öffnet und ein Durchgang möglich ist. Anschließend wird das Weideanrecht auf 100 % Melkanrecht eingestellt und gegebenenfalls später stufenweise reduziert, z. B. auf die genannten 70 %.
Neu integrierte Jungkühe laufen später problemlos mit den älteren mit. Für diese Tiere muss dann individuell die Torpassage nach und nach wie bei der Inbetriebnahme eingeschränkt werden. Das Weide-Selektionstor bietet außerdem die Möglichkeit, den Weidezugang zu beschränken, z. B. in Regenperioden zum Schutz der Grasnarbe.
Über eine restriktivere Einstellung des Weideanrechts kann also die Frequenz des Weidegangs und die Beanspruchung der Fläche gezielt gesteuert werden. Im Tagesverlauf kann eine regelmäßige Weidesperrzeit den Arbeitsaufwand reduzieren. Diese könnte morgens und abends zu den Stallzeiten jeweils für zwei bis drei Stunden eingerichtet sein, um die Tierkontrolle und das Nachtreiben zu erleichtern.
Auch das Weidesystem kann durch einen regelmäßigen Wechsel der zugeteilten Weidefläche den Besuch der Melkstation fördern und so den Nachtreibeaufwand reduzieren sowie die Melkroboter-Auslastung verbessern. Folgende Faktoren nennen die größeren Betriebe als entscheidend für das Funktionieren von Weidegang und Melkroboter:
- gute Klauengesundheit,
- schmackhaftes Lockfutter am Roboter,
- Komfort im Stall,
- gute Triebwege,
- gesteuerter Weidezugang,
- schmackhaftes Futter am Trog,
- kurze Wege zwischen Stall und Weide,
- ausreichender und attraktiver Weideaufwuchs,
- Zufütterung im Stall zu festen Zeiten.
Für eine gute Klauengesundheit ist die -pflege ein entscheidender Faktor. Dazu geben 13 von 17 Betrieben an, dass regelmäßig ein externer Klauenpfleger auf den Betrieb kommt. Das Pflegeintervall beträgt bei den meisten zweimal jährlich und geht hoch auf bis zu sechsmal im Jahr. In acht Betrieben wird die gesamte Herde gleichzeitig geschnitten, während die anderen den Pflegezeitpunkt nach Laktationsstadium bzw. Bedarf wählen.
Das zwingend notwendige Lockfutter am Melkroboter sollte möglichst auf ein Minimum reduziert werden. Je Gabe sollten maximal 2 kg Kraftfutter zugeteilt werden. Um eine Lockwirkung am Melkroboter zu erzielen, ist eine Mindestmenge von 0,5 kg je Portion notwendig. Die Schmackhaftigkeit ist entscheidend für die Attraktivität des Melkroboters. Futtermittelhersteller bieten Spezialfuttermittel dafür an, es sind aber auch Eigenmischungen möglich. Typische Komponenten sind z. B. Mais und -nachprodukte, Zuckerrübenschnitzel, Getreidenachprodukte, Melasse, Vinasse, Glycerin oder Propylenglycol.
Hilfe bei der Auswahl des optimalen Weidekonzepts
Ratgeber. Tipps für das richtige Konzept bei der Kombination aus Weidegang und automatischem Melken gibt eine Broschüre. Sie stellt die Ergebnisse des Projekts »Roboter & Weide« vor. Hierfür haben 50 Milchviehhalter, die Melkroboter nutzen und deren Kühe auf die Weide gehen, ihre Erfahrungen mit Grünlandberatern, Wissenschaftlern und Melktechnikherstellern ausgetauscht. Entstanden sind Entscheidungshilfen für den Alltag. Vorgestellt werden fünf Varianten des Weidegangs plus Melkroboter und die Voraussetzungen dafür:
- maximale Weide,
- viel Weide,
- Halbtagsweide,
- Weide als Zufutter und
- Weide als Nachtisch.
Jedes Konzept gibt eine Ausgangssituation vor, z. B. die tägliche Weidedauer oder die Zufuttermenge. Es werden Tipps für Weidepflege, den Kuhverkehr, die Arbeitsorganisation und das Management gegeben. Entscheidend für die Wahl des passenden Konzepts ist die Beweidungsintensität (maximale Anzahl der Kühe pro Hektar Weidefläche).
Will der Betrieb so viel Gras wie möglich von der Weidefläche an seine Kühe verfüttern und so Kosten sparen, wählt er ein Konzept mit einer hohen Grasnutzung. Spielt das eigene Weidegras in der Ration eine kleinere Rolle, ist ein Konzept mit niedrigerer Grasnutzung vorteilhafter.
Herausgegeben wurde die Broschüre von »Stichting Weidegang« und der Universität Wageningen. Eine Übersetzung auf Deutsch finden Sie auf der Homepage des Grünlandzentrums Niedersachsen/Bremen.