Zuckerrübensaat. Hier wird der Ertrag gemacht
Königinnen sind anspruchsvoll: Zuckerrüben verlangen vor allem rund um die Aussaat maximale Aufmerksamkeit. Doch die bekommen sie nicht von allen Betriebsleitern. Sebastian Adam zeigt, an welchen Stellen sich Sorgfalt besonders auszahlt.
Der optimale Anbau von Zuckerrüben verlangt viel Fingerspitzengefühl und eine gute Pflege. Für viele Landwirte ist die Rübe auch diesbezüglich die »Königin der Feldfrüchte«. Aber woran liegt es, dass immer wieder Bestände zu beobachten sind, bei denen anbautechnisch noch mehr oder weniger viel Luft nach oben ist? Der Schlüssel ist hier die Aussaat, denn sie legt die Basis für ein erfolgreiches Rübenjahr.
Nicht in allen Betrieben ist die Bodenstruktur optimal. Fruchtfolge, Bodenbearbeitung und große Maschinen fordern ihren Tribut. Dabei ist gerade die Rübe nicht nur im durchwurzelten Bodenraum, sondern auch hinsichtlich Verschlämmungen besonders empfindlich.
Schon bei der Stoppelbearbeitung im Vorjahr haben Sie sicherlich sauber gearbeitet und keine Unkrautsamen sowie Ausfallgetreide vergraben. Natürlich haben Sie auch auf eine saubere Strohverteilung geachtet, denn Strohmatten können das Wurzelwerk der Rübe stark beeinträchtigen. Eigentlich müsste man vor Rüben grundsätzlich pflügen … Auch eine konservierende Bodenbearbeitung bedeutet nicht, dass die Bodenstruktur für die Rüben in Ordnung ist. Zwischenfrüchte übernehmen diese Aufgabe und schützen ebenso gegen Verschlämmung. Generell gilt: Bodenstruktur geht vor Bodenbearbeitung! Oft wird zu sehr schematisch und weniger standortangepasst gearbeitet.
Tendenziell wird eher zu spät als früh genug gesät. Die Folge sind Ertragsverluste.
Abhängig von den Bodenverhältnissen und den klimatischen Bedingungen kann der optimale Aussaattermin in der Tat sehr unterschiedlich sein. So werden zum Beispiel im hessischen Ried bereits Anfang März die ersten Rüben gesät, in Norddeutschland dagegen erst Mitte April. Generell gilt der Spruch: »So früh wie möglich, so spät wie nötig.« Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben mit Ertragsverlusten von bis zu 1 % pro Tag. Oft zieht eine N-Düngung vor der Saat den Termin nach hinten. Gerade unter unsicheren Witterungsverhältnissen wie 2023 kann es richtig sein, die Reihenfolge auch mal umzukehren. Die Rübe verträgt das. Natürlich muss die Ackerkrume ausreichend abgetrocknet sein, andernfalls entstehen Verdichtungen im Saathorizont. Die Keimung der Samen beginnt bereits bei Bodentemperaturen von 4 bis 6 °C. Für einen zügigen und gleichmäßigen Aufgang sind allerdings Temperaturen von 10 bis 12 °C optimal. Die Temperatursumme bis zum Feldaufgang beträgt 140 GradTage. Natürlich ist in Regionen mit Spätfrostgefahr besondere Vorsicht geboten.
Bei der Saatbettbereitung können auch alte Krümeleggen gute Ergebnisse erzielen. Es muss nicht immer der neuste Kompaktor sein. Viel wichtiger ist die Anpassung des Gerätes an den Boden.
»So fest, dass Wasser aufsteigen, so locker, dass die Wurzel leicht eindringen kann.« Das sind die Ansprüche an den Saathorizont. Mindestens 50 % der Bodenaggregate sollten der Größe des Saatgutes entsprechen oder kleiner sein. Der Rest muss die Struktur bilden. Sind wir mal ehrlich: Wie häufig werden diese Ansprüche in der Praxis eingehalten? Grundsätzlich gilt: Saatbett geht vor Saattermin.
Zwischenfrüchte halten (falls Glyphosat weitere Anwendungsauflagen bekommt) demnächst eine neue Herausforderung bereit.
Abgefrorene und mürbe Zwischenfruchtbestände lassen sich gut einarbeiten und bilden eine schützende Mulchschicht. Bestände, die erst Ausgang Winter direkt zur Saat bearbeitet werden, sollten Sie besondere Beachtung schenken: Ist das Material ausreichend zerkleinert? Sind die Pflanzen komplett abgeschnitten, um einen Wiederaustrieb zu verhindern? Dies gilt vor allem für vitale Ölrettichpflanzen, aber auch Mischverunkrautungen mit Ausfallgetreide.
Bei allem Zeitdruck: Prüfen Sie vor der Aussaat die Technik.
Nur scharfe Säschare erzeugen eine schmale Saatrille, die höchste Präzision verspricht und ein Verrollen der Pillen verhindert. Die Spitze des Schars wird mit der Zeit rund und sorgt so durch einen leichten Erdvorschub für eine Verdichtung im Saathorizont. Diese kann vor allem in nassen Jahren Auslöser für Wurzelbrand sein. Verschmutzte oder verschlissene Säscheiben und Zellenräder können ebenfalls zu einer fehlerhaften Ablage der Pillen beitragen.
(Zu) viele Landwirte legen (zu) tief ab. Das »Gleichgewicht« zwischen Kapillaranschluss und Bodenbedeckung ist eine besondere Herausforderung.
Auf leichten Standorten empfiehlt sich eher eine tiefere Aussaat, auf schweren Standorten eher die flache Ablage. Je tiefer das Saatgut abgelegt wird, desto aktiver ist der Kontakt mit dem rückverfestigten Horizont, der den Kapillarwasseraufstieg ermöglicht. Dies wird schon mit der Saatbettbereitung angelegt. Aber ab einer Bodenbedeckung von 3 cm muss die Pflanze viel mehr Energie aufwenden, um an die Oberfläche zu gelangen. Dadurch wird sie geschwächt und ist anfälliger für Schaderreger und Auflaufkrankheiten.
Angesichts zunehmender Bodenschädlinge empfiehlt sich eine nicht zu geringe Saatmenge.
Mehrjährige, länderübergreifende Versuchsreihen zeigen, dass der höchste Zuckerertrag bei einer Bestandesdichte von 96 000 Pflanzen/ha erzielt wird. Im Durchschnitt wird ca. 1 Einheit/ha ausgesät. Um sicherzustellen, d ass die gewünschte Bestandesdichte auch erreicht wird, ist es ratsam, bei der Aussaat eine Reserve für eventuelle Pflanzenverluste einzuplanen.
Nach der Aussaat die Bestandesdichte exakt ermitteln: Das ist in der Praxis noch zu selten!
Mit dem Anlegen einer Zählstrecke überprüfen Sie die Entwicklung Ihres Bestandes, was gerade unter schwierigen Auflaufbedingungen hilfreich ist. Die ausgezählte Gesamtfläche sollte 10 m2 betragen. Bei einem Reihenabstand von 45 cm wird eine Strecke von 11,11 m zwischen zwei Reihen abgemessen. Alle aufgelaufenen Rüben in beiden Reihen werden gezählt. Bei 50 cm Reihenweite beträgt die Zählstrecke 10 m, die Vorgehensweise ist gleich. Die ausgezählten Rüben werden mit 1000 multipliziert, dies ergibt die Bestandesdichte/ha. Um ein repräsentatives Ergebnis über den Schlag zu erhalten, empfiehlt sich die Anlage der Zählstrecken über d en Acker verteilt. Weiterhin sollten die bereits aufgelaufenen Rüben in den Zählstrecken markiert werden, zum Beispiel mit einem einfachen Strich. So kann durch eine erneute Zählung der gleichen Strecke mehrere Tage später festgestellt werden, ob der Auflauf voranschreitet oder der Bestand stagniert.
Umbruchentscheidungen werden oftmals zu spät oder zu schematisch getroffen.
Bestände mit unter 45 000 Pflanzen/ha sollten Sie nicht von vornherein umbrechen. Stellen Sie zunächst fest, ob es sich dabei nur um eine Teilfläche oder um den ganzen Schlag handelt. Kontrollieren Sie die angelegten Zählstrecken im Zwei-Tages-Rhythmus auf Zuwachs. Stehen die Rüben gleichmäßig verteilt, können auch geringere Bestandesdichten toleriert werden. Falls die Anzahl der Pflanzen aber unter 40 000 fällt und diese zudem unregelmäßig über den Schlag verteilt stehen, sollten Sie ernsthaft und vor allem schnell umbrechen. Je länger Sie warten, desto mehr wertvolle Vegetationszeit geht verloren – denn jeder Tag kostet Ertrag.