
Zuckerrübe. Ein Star mit Allüren
Anspruchsvoll in der Bestandesführung, aber von Erfolg gekrönt: Die Zuckerrübe ist und bleibt ein Garant für hohe Erlöse. Wulf-Hinrich Hagge gibt einen Überblick.
Lieferverträge für Zuckerrüben sind hoch begehrt, die Vorteile ihres Anbaus unumstritten. Dennoch haben sich in den vergangenen Jahren einige Probleme aufgetan, die auch Könner vor Herausforderungen stellen. Der Zuckerrübenanbau in Deutschland hält sich auf einem relativ konstanten Niveau bei ungefähr 390 000 ha Fläche. Unter den zu beratenden Betrieben haben sich die Anbauanteile beispielsweise in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre verzeichnet die Zuckerrübe 600€/ha mehr Marktleistung als Getreide und ist somit aus monetärer Sicht eine starke Frucht, wenn die Produktionstechnik ausgefeilt ist. Ein Vorteil des Zuckerrübenmarktes ist, dass er nicht mit dem Markt für Druschfrüchte korreliert und somit für den Anbauer eine gewisse Risikostreuung und Unabhängigkeit vom Weltmarkt bedeutet. Dennoch befindet man sich in einer Abhängigkeit von einem fest diktierten Preis.

Allerdings hat die Form der genossenschaftlichen Produktion neben ihrem strikten Korsett auch Vorteile. Sind beispielsweise die Abfahrbedingungen im Herbst und Winter suboptimal und drohen für die Landwirte, die zuletzt liefern dürfen, enorme Qualitätsverluste, wird dieser Schaden gepoolt und auf alle umgelegt. Bei allen anderen Marktfrüchten ist jeder Landwirt individueller Risikoträger. Während in Norddeutschland die Erträge bei Winterweizen etwa um 0,5 % pro Jahr steigen und bei Raps sogar um 0,5 % fallen, verzeichnet die Rübe einen jährlichen Ertragszuwachs von 3,5 %. Ein Grund für diese positive Entwicklung ist sicherlich der züchterische Fortschritt, aber vor allem profitiert die Pflanze von der in den nördlichen Breitengraden in den letzten Jahren längeren und wärmeren Vegetationszeit. Je früher bestellt und je später geerntet werden kann, desto mehr Ertrag ergibt sich. Ein weiterer Vorteil des norddeutschen Standortes besteht darin, dass durch den erst in den letzten Jahren höher werdenden Anbauanteil noch keine krankheitsbedingten Mindererträge verzeichnet werden. Während die Virusbelastung in Mittel- und Süddeutschland zunimmt, spielt dies im Norden noch eine untergeordnete Rolle.
Rüben für die Schweiz
Aus diesem Grund konnten auch ohne einen Anbauvertrag in Mecklenburg-Vorpommern seit fünf Jahren Rüben angebaut werden. Die Schweiz kann ihren eigenen Bedarf an Weißzucker nicht decken und ist wegen eines Gesetzes, das es nicht erlaubt, mehr als 20 % des Eigenbedarfs als raffinierten Zucker einzuführen, darauf angewiesen, im Ausland Rüben zu kaufen. Da diese sowieso vermehrt per Zug
transportiert werden müssen, lag der Einkauf in Norddeutschland nahe. Die Anbaufläche für die »Schweizer Rüben« liegt in Mecklenburg-Vorpommern etwa bei 2 000 ha. Pro Zug werden 1 800 bis 1 900 t verladen.

Ackerbauliche Vorteile
Diese Vorteile der Zuckerrüben zeigen sich unter anderem in der Frühjahrsbestellung. Arbeitsspitzen können gebrochen und Zwischenfrüchte genutzt werden. Leguminosen zeigen sich als exzellente Folgekultur zur Rübe. Zum einen kann die Rübe im Herbst möglichst lange im Feld stehen gelassen werden und so maximalen Ertrag erzielen und zum anderen lässt die wiederholte Sommerbestellung der Leguminose genug Zeit, durch Rübenernte und -abtransport entstandene Strukturschäden zu reparieren.
An dieser Stelle sei auf einen entscheidenden Nachteil der Rübe hingewiesen: Bodenverdichtung und Strukturschäden können verheerend sein. Ein möglicher Weg, dem entgegenzuwirken ist die Eigenmechanisierung. Sie erlaubt es, optimale Rodezeitpunkte zu wählen und die
Lagerstabilität durch Entblatten der Rübe zu erhöhen. Trotzdem ist die Herausforderung für die Bodenstruktur enorm und muss gerade bei der Wahl der Fruchtfolge bedacht werden.
Als Reihenkultur ermöglicht die Rübe eine Reihenbehandlung, die eine deutliche Einsparung von Pflanzenschutzmitteln mit sich bringt. Durch eine gute Bandapplikation lassen sich beispielsweise die Herbizidkosten um etwa 75 % reduzieren. Ein Nachteil der Gräserbehandlung in der Rübe liegt darin, dass nur Pflanzenschutzmittel zugelassen sind, die auch in Wintergetreide und Raps angewandt werden dürfen. Es erfolgt somit kein Wirkstoffwechsel und die Bildung von Resistenzen könnte gestärkt werden. Eine Möglichkeit, dem zu begegnen, wäre der Anbau einer Sulfonylharnstoff-resistenten Rübensorte wie beispielsweise ConvisoOne. In einem Vergleich der Anbausysteme schneidet die herkömmliche Vorgehensweise aus rein finanzieller Sicht besser ab – wie die unten stehende Grafik zeigt. Die durch ConvisoOne ermöglichte Gräserbehandlung, die einen Wirkstoffwechsel zu den im Getreide verwendeten Mitteln bedeutet, ist allerdings monetär schwer zu fassen und bedeutet einen enormen Vorteil – gerade in Anbaugebieten mit hohem Gräserdruck. Ein weiterer Vorteil ist der einfachere und planbarere Herbizideinsatz, der eine gleichzeitige Rapsbekämpfung ermöglicht und damit den Zulassungsverlust des Debut ausgleichen kann.
N-Effizienz
Die Zuckerrübe ist besonders für Landwirte, die in Roten Gebieten oder Trinkwasserschutzgebieten wirtschaften, vorteilhaft, bietet sie doch die beste N-Bilanz aller herkömmlichen Ackerfrüchte. Wird dann als Folgekultur eine Leguminose gewählt, ist die Stickstoffeffizienz über die Fruchtfolge enorm.
Mechanisierung
Bei der Anschaffung einer eigenen Mechanisierung zeigt sich die Langfristigkeit des Rübenanbaus. Nicht nur Rodetechnik, meist in Gemeinschaft, sondern auch Legemaschinen und Spritzen für Bandapplikation sind im besten Fall notwendig. Es ergibt sich für den Rübenanbau eine gewisse kritische Größe, damit sich die Anschaffung der Technik lohnt. Allerdings ist die Spritztechnik aktuell noch nicht optimal entwickelt. Um besonders die Einsparmöglichkeiten der Reihenbehandlung und des Spot-Spraying zu nutzen, ist die Weiterentwicklung absolut notwendig.
Anbauverträge
Ein Nachteil des Zuckerrübenanbaus besteht in der geringen Anzahl an Fabriken, sie ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Das bringt lange Transportwege und eine große Abhängigkeit von den Vorgaben der zuständigen Zuckerfabrik mit sich. Der Zeitpunkt des Abtransportes kann selten beeinflusst werden und die Qualität des gelieferten Produktes deutlich verringern. Eine Produktion außerhalb der Anbauverträge ist aber kaum lukrativ. Der schon angesprochene schweizerische Markt ist aktuell gesättigt und das Gesetz, das die Einfuhr von Weißzucker und Melasse begrenzt hat, ist seit Kurzem geändert. Auch die Produktion für Biogasanlagen ist nur in Einzelfällen sinnvoll. Die meisten Biogasanlagen nehmen Rüben nur, wenn diese wegen zu schlechter Qualität umsonst oder zu einem sehr niedrigen Preis angeboten werden. Eine weitere Nische in dieser Branche ist der Biorübenanbau. Wird dieser nicht zu etwa 90 % von Robotik unterstützt, lohnt auch der sich aber kaum. Der Absatz von Biozucker stagniert und der Anbau erfordert noch mehr Genauigkeit als im konventionellen Bereich.
