
Tierwohlförderung. Lohnt sich ein Antrag?
Ein Umbau der Schweinehaltung auf höhere Haltungsstufen ist teuer, die Zahlungsbereitschaft beim Verbraucher jedoch gering. Kann die angekündigte Förderung des Bundes diese Lücke schließen? Bernhard Feller gibt einen Überblick.
Verbraucher sollen sich öfter als bisher für Fleisch aus höheren Haltungsformen entscheiden – dieser Wunsch steht hinter dem im Sommer verabschiedeten Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (TierHaltKennzG). Allerdings zeigt die Erfahrung im Lebensmitteleinzelhandel, dass die Zahlungsbereitschaft für mehr Tierwohl eher gering ist. Damit der Umbau der Tierhaltung hin zu höheren Haltungsformen gelingen kann, will der Bund Schweinehalter finanziell unterstützen.
Die genaue Ausstattung mit Fördermitteln ist weiter unklar. Dazu sind zwei Förderrichtlinien für den Zeitraum von 2024 bis 2033 entworfen worden. Sie werden derzeit auf Übereinstimmung mit dem Beihilferecht der EU in Brüssel geprüft. Es können sich also durchaus noch Änderungen im Detail ergeben. Dieser Beitrag bezieht sich auf den Entwurf vom 1. Juni 2023 in der überarbeiteten Fassung vom 29. September 2023.
Vorgesehen ist sowohl eine Förderung von Investitionen als auch der laufenden Mehrkosten für einen Zeitraum von zehn Jahren. Bisher sind dafür im Bundeshaushalt Fördermittel von 1 Mrd. € verteilt auf vier Jahre (2024 bis 2027) vorgesehen, die zunächst für die Schweinehaltung zur Verfügung stehen. Wie die Verteilung der Mittel auf die Haushaltsjahre aussieht und wie die Aufteilung zwischen Investitionsförderun und Erstattung der laufenden Mehrkosten erfolgen wird, ist bisher nicht bekannt. Geplant ist der Beginn der Förderprogramme zum 1. Januar 2024. Verantwortlich für die Bearbeitung wird das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) sein.
Hintergrund
Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz gilt zunächst nur für frisches Fleisch und nur für die Mast, eine Ausweitung soll folgen. Es sind fünf Haltungsformen vorgesehen, wobei die unterste dem gesetzlichen Standard entspricht. Der Landwirt ist zunächst nicht verpflichtet, Änderungen an seiner bisherigen Tierhaltung durchzuführen. Allerdings muss er bis August 2024 eine Kennnummer für seine jeweiligen Ställe (= Haltungseinrichtungen) bei der zuständigen Behörde beantragen. Welche Behörde das ist, legen die Länder fest und ist bisher nicht definiert.
Förderung nur für die Haltungsformen 3 bis 5. Beide Förderprogramme haben gemeinsam, dass Maßnahmen in den Haltungsformen »Frischluftstall«, »Auslauf/Freilauf« und »Bio« gefördert werden. Die konkreten Bedingungen für die Mast sind im Detail aber durchaus enger gesteckt, als im TierHaltKennzG beschrieben. Obwohl für die Sauenhaltung bisher kein Konzept zur genauen Einteilung in Haltungsformen bekannt ist, soll dieser Bereich ebenfalls gefördert werden. Die bisher bekannten Regeln können sich im Detail durch EU-Vorgaben, Beratungen im Haushaltsausschuss des Bundestages und in der Abstimmung mit den Ländern ändern. Nicht zuletzt, da eine Kombination der Mittel zum Umbau der Tierhaltung etwa mit dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) ausgeschlossen ist. Zudem ist zu prüfen, ob verschiedene Länderprogramme mit dem Bundesprogramm kompatibel sind.
Investive Förderung
Die investive Förderung ist gestaffelt. Gefördert werden die tatsächlichen Ausgaben (netto, ohne Skonti) bis 500 000 € mit 60 %. Für eine darüber hinausgehende Investitionssumme von bis zu 2 Mio. € gibt es 50 %, bis 5 Mio. € beträgt der Fördersatz 30 %. Das bedeutet, der maximale Investitionszuschuss pro Betrieb liegt bei 1,95 Mio. €. Es ist keine Begrenzung der Betriebsgröße vorgesehen, allerdings ist
ein Viehbesatz von maximal 2 GV/ha zulässig. Die Berechnung des Viehbesatzes ergibt sich aus Anlage 9 der Düngeverordnung. Eine Überschreitung der Viehbesatzdichte ist möglich, wenn im Einzelfall nachgewiesen wird, dass die betrieblichen Bilanzwerte im Rahmen der Stoffstrombilanzverordnung nicht überschritten werden. Eine Aufstockung bis zu einer Tierhaltungskapazität von 250 Sauen-, 2 000 Ferkelaufzuchtplätzen und 2 000 Mastschweineplätzen kann erfolgen, wenn sie im Rahmen der Diversifizierung oder Neugründung eines landwirtschaftlichen Betriebes vorgenommen wird. Förderfähig ist der Bau, Umbau oder Ersatzbau von Ställen oder einzelnen Haltungsbereichen. Konkret können Kosten zur Errichtung und Modernisierung von Gebäuden, der Kauf neuer technischer Einrichtung
und Maschinen sowie von Stalleinrichtung geltend gemacht werden. In der Sauenhaltung kann der Bau oder Umbau der verschiedenen Produktionsbereiche investiv gefördert werden, wenn diese Bereiche den Förderkriterien genügen. Dazu gehören auch die aktuell geltenden Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung im Bereich des Deckzentrums und des Abferkelstalls.
Die Bewilligung der Anträge erfolgt nach Antragseingang, bis die zur Verfügung stehenden Mittel für das jeweilige Jahr erschöpft sind. Weitere Anträge werden ins Folgejahr verschoben. Zuwendungsberechtigt sind Betriebe, die die investiven Premiumanforderungen in Anlage 2 der Richtlinie erfüllen. Viele davon gelten als erfüllt, wenn die Haltungseinrichtung den Anforderungen des ökologischen Landbaus genügt. Daher können nur Investitionen in die Haltungsformen Frischluftstall, Stall mit Auslauf, Freilandhaltung oder ökologische Schweinehaltung mit höheren Anforderungen als im TierHaltKennzG gefördert werden. Gefördert werden auch die Beratung und die für die Förderung notwendige Erstellung eines Vorhabenkonzeptes von einer sachverständigen Person. Im Kasten (Kriterien zur Förderung der Investitionskosten) sind die genauen Anforderungen aufgeführt.

Mast: Diskutiert wird ein Mehrkostenansatz von 19 €
Beispiel. Ein Betrieb hat im Berechnungsjahr 5 400 Mastschweine in einer besonders tiergerechten Außenklimahaltung gemäß der Förderrichtlinie erzeugt und zur Schlachtung verkauft. Die Mehrkosten dieser Haltungsform wurden vom KTBL und dem Thünen Institut auf 18,87 € je Tier im Frischluftstall berechnet.
80 % x 18,87 € x 1 500 Tiere = 22 644,00 €
70 % x 18,87 € x 3 900 Tiere = 51 515,10 €
74 159,10 €
Dem Betrieb kann bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Zuwendung von maximal 74 159,10 € gewährt werden. Die Obergrenze der Zuwendung von 50 € pro Mastschwein wird nicht überschritten. Eine Kappung muss aus diesem Grund nicht erfolgen.
Kriterien zur Förderung der laufenden Mehrkosten
Bauliche Voraussetzungen: Frischluftstall oder Auslauf oder Freilandhaltung; Buchtenstrukturierung; Fensterfläche (3 % der Stallgrundfläche); planbefestigter Liegebereich (maximal 7 % Perforation, weich); wärmeisolierter Rückzugsbereich; Saufen aus offener Fläche Verhältnis 1:12; zusätzlich mindestens eine Zapfentränke je zwölf Tiere; das Güllesystem muss langfaseriges Material verarbeiten können; Platzbedarf in der Aufzucht und Mast analog zu den Kriterien der investiven Förderung
Sonstige Voraussetzungen: Liegebereich mit ausreichender Einstreu; Angebot von Raufutter; Tierbesatzdichte maximal 2 GV/ha LF (Ausnahme möglich!); 70 % intakter Ringelschwanz; keine kupierten Ferkel oder Mastschweine im Betrieb; Teilnahme an Fortbildungsveranstaltung; Tiergesundheitsmonitoring; Mitgliedschaft in einer Organisation
Sauenhaltung: bei freier Abferkelung mindestens 7,5 m² uneingeschränkt nutzbare Fläche je Sau, sonst Abferkelbucht 6,5 m²; Deckzentrum 5 m²; kein Hormoneinsatz; Komfortliegefläche
Laufende Mehrkosten
Auch für die laufenden Mehrkosten gibt es gestaffelte Fördersätze. Die Höhe der Zuwendung beträgt 80 % der förderfähigen Ausgaben pro Tier bis zur »Obergrenze 1« (50 Sauen, 1 500 verkaufte Ferkel oder Mastschweine pro Jahr). 70 % der Mehrkosten werden für die über die »Obergrenze 1« hinausgehenden Tierzahlen bis zur »Obergrenze 2« (200 Sauen, 6 000 verkaufte Ferkel oder Mastschweine pro Jahr) erstattet. Es dürfen mehr Sauen im Bestand gehalten werden bzw. mehr Ferkel oder Mastschweine pro Jahr verkauft werden. Allerdings wird es für Tiere oberhalb der genannten Bestandsgrößen keine Förderung geben. Zusätzlich gilt die Einschränkung, dass Zuwendungen für die »Obergrenze 2« nur dann gezahlt werden, wenn die Haushaltsmittel für alle Anträge der »Obergrenze 1« ausreichen. Entscheidend soll dabei der Antragseingang sein. Die baulichen Voraussetzungen sind identisch mit den investiven Premiumvoraussetzungen, also mindestens Frischluftstall, Auslauf/Freilauf oder ökologische Tierhaltung. Eine wesentliche Bedingung ist die Haltung unkupierter Schweine. Dabei müssen ab 2027 mindestens 70 % der Mastschweine mit einem intakten Ringelschwanz am Schlachthof ankommen (2024 >50 %; 2025 >60 %). In der Sauenhaltung ist ein Hormoneinsatz zur Brunstsynchronisation und Rauschstimulanz verboten. Außerdem gelten Betriebe nur dann als förderfähig, wenn sie anerkannten Organisationen angehören. Durch diese wird auch die Einhaltung der Förderbedingungen zu überprüfen sein. Die Eignung einer Organisation muss von der BLE festgestellt werden.
Wie werden die Mehrkosten definiert? Die maximale Zuwendung pro Tier und Förderjahr beträgt 1 000 € multipliziert mit einem Faktor, der in Anlage 1 der Richtlinie aufgeführt ist. Das bedeutet pro Sau maximal 500 €, pro aufgezogenem Ferkel 30 €, pro verkauftem Mastschwein 50 €. Ein Sauenbetrieb, der die Förderkriterien erfüllt, könnte also für die ersten 50 Sauen maximal förderfähige Ausgaben von 31 250 € beantragen. Bei einem Fördersatz von 80 % entspricht dies einer Förderung in Höhe von 25 000 € (50 Sauen x 500 €). Für weitere 150 Sauen können noch mal 107 143 € beantragt werden; diese werden mit 70 % bezuschusst, was also einen Förderbetrag von 75 000 € ergibt. Insgesamt kommt man auf 100 000 € maximalen Förderbetrags für einen Bestand von 200 Sauen. Werden mehr Sauen gehalten, können keine höheren Kosten beantragt werden. Analog dazu könnten für die Ferkelaufzucht 180 000 € (6 000 verkaufte Ferkel x 30 €) Fördermittel fließen, für die Schweinemast maximal 300 000 € (6 000 verkaufte Schlachtschweine x 50 €).
Wie gesagt, handelt es sich hierbei um die vorgesehenen Maximalwerte. Tatsächlich werden die ansetzbaren Mehrkosten durch unabhängige Stellen für einen typischen Betrieb je Haltungsform ermittelt. Es werden also Pauschalen angesetzt. Eine Berücksichtigung betriebsindividueller Kostengrößen erfolgt bei der laufenden Förderung nicht. Konkret wirken Experten des Thünen Instituts und des KTBL bei der Festsetzung der Mehrkosten mit. Ende Oktober wurden Vertretern der Bundesländer und der Verbände erste Mehrkostensätze vorgestellt. Nach bisherigen Berechnungen werden dabei die Höchstgrenzen nicht erreicht (Beispiel Mast, Kasten siehe oben).