
Schweinefleisch. Die Dänen machen es vor
Die neue CO2-Steuer verlangt von den dänischen Tierhaltern einen höheren Beitrag zum Klimaschutz. Den Schweinehaltern hilft dabei ihre bereits hohe Effizienz. Den vergleichsweise niedrigen CO2-Fußabdruck will Danish Crown künftig auch in der Vermarktung nutzen.
Die dänische Regierung hat der Land- und Ernährungswirtschaft ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2030 muss der Sektor die Emissionen um mindestens 55 % gegenüber 1990 verringern. Die Branche selbst hat angekündigt, bis 2050 klimaneutral zu produzieren. Bereits bei der Verringerung von Umweltauswirkungen durch Stickstoff und Phosphor hat der dänische Schweinesektor in den vergangenen Jahrzehnten viel erreicht. Die auf Futtereffizienz und Zuwachs sowie Wurfgröße ausgerichtete Zucht hat wesentlich zur positiven Entwicklung beigetragen. Doch das allein wird nicht ausreichen, um den auch vom Staat geforderten Beitrag zum Klimaschutz zu erbringen.
Klimasteuer für die Landwirtschaft
Dänemark erhebt als erstes Land der Welt eine Klimasteuer für die Landwirtschaft. Diese CO2-Steuer soll ab 2030 in Kraft treten und ist Teil einer »Vereinbarung zur grünen Transformation der dänischen Landwirtschaft«. Sie wurde von der dänischen Regierung mit Verbänden der Landwirtschaft, der Industrie und des Naturschutzes getroffen. Zur Umsetzung der Vereinbarung wurde eigens ein Ministerium eingerichtet.
Im Fokus der Klimasteuer steht die Nutztierhaltung. Besteuert werden Emissionen aus Ställen und Gülle- bzw. Mistlagerung. Geplant ist eine Abgabe von 40 €/t CO2-Äquivalent (CO2e). Ab 2035 steigt die Steuer auf 100 €/t CO2e. Allerdings bleiben 60 % der Emissionen steuerfrei – und zwar ausgehend von einem festgelegten Emissionswert je Tier, der für alle Betriebe gleich ist. Für besonders klimaeffiziente Betriebe ist es also möglich, die Steuer komplett zu vermeiden, indem die Emissionen auf unter 60 % des Ausgangswertes reduziert werden. Die ergriffenen Reduktionsmaßnahmen sind einzelbetrieblich nachzuweisen und werden vom Ausgangswert abgezogen. »Diese Steuer soll nicht dazu dienen, die Tierhaltung zu reduzieren, sondern sie zu einer grünen Transformation motivieren,« betont Hans Roust Thysen vom dänischen Bauernverband. »Ziel ist, dass kein Betrieb Klimasteuern zahlen muss.«
Bis zum Beginn der Besteuerung 2030 gewährt der Staat Anpassungshilfen. Gefördert werden Investitionen in Technologien zur Emissionsreduktion. Damit soll die Landwirtschaft aktiv bei der Transformation unterstützt werden.
Das größte Potential, Emissionen zu reduzieren, sieht man in der Güllelagerung und Verwertung. Durch möglichst zügiges Herausbringen der Gülle aus dem Stall, in dem durch die Wärme mehr Methan freigesetzt wird, und eine zeitnahe Verwertung über eine Biogasanlage könnte nach dänischen Schätzungen ein Drittel der Klimagasemissionen in der Schweinemast eingespart werden.
Deutschland: CO2-Berechnung für Fleisch vereinheitlichen
Branchenlösung. Auch in Deutschland ist die Schlachtbranche an Daten zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Schweinefleisch interessiert. Im Gegensatz zu Dänemark liefern Mäster aber nicht selten an mehrere Schlachthöfe. Um eine Mehrfacherfassung zu verhindern, ist eine branchenübergreifende Plattform zur Datenerhebung notwendig.
Vor diesem Hintergrund wurde die im vergangenen Jahr von Tönnies initiierte Klimaplattform Fleisch mittlerweile auf breite Füße gestellt. Mit im Boot sind etliche Schlachtunternehmen, Futtermittelfirmen, Landwirtschaftskammern, das LfL Bayern sowie das Thünen Institut und das KTBL. Der QS-Beirat hat kürzlich zugestimmt, dass die Organisation die Rolle des neutralen Koordinators übernimmt. Ziel ist eine einheitliche Lösung sowohl für die Erfassung von Daten als auch die Berechnung des CO2-Fußabdrucks für Fleisch. Derzeit weichen die Ergebnisse, die Berechnungstools wie z. B. TEKLA (LWK Niedersachsen) oder der TGH-Rechner der LfL Bayern bei Eingabe identischer Daten auswerfen, noch voneinander ab. Hier einen Standard festzulegen, der vergleichbare Ergebnisse produziert, ist der erste wichtige Schritt. Die Rechengrundlage soll bis Ende 2024 stehen.
Nachhaltigkeit dokumentieren. Ausdrücklich geht es nicht darum, mit einem zusätzlichen Label den CO2-Fußabdruck zu deklarieren. Vor allem benötigen die nachgelagerten Unternehmen die CO2-Fußabdrücke aus der Schweinefleischproduktion zur Erfüllung der ihnen in der EU-Taxonomie auferlegten CSDR-Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit.
CO2-Fußabdruck
Innerhalb der Wertschöpfungskette arbeitet man in Dänemark seit rund fünf Jahren daran, den CO2-Fußabdruck von Schweinefleisch auszuweisen. Vorangetrieben wird das vom mit rund 74 % Marktanteil nach wie vor dominanten Schlachtunternehmen Danish Crown. Dafür relevante Daten müssen die anliefernden Schweinemäster über eine zentrale Datenbank online bereitstellen. Andernfalls erfolgen Preisabzüge. Der Klimafußabdruck kann Fleischabnehmern gegen Aufpreis zur Verfügung gestellt werden.
Sowohl die Datenerfassung als auch die Berechnung des CO2-Fußabdrucks unterliegen einem nach internationalen Nachhaltigkeitsstandards anerkannten und zertifizierten Prozess. Damit handelt es sich um spezifische für das konkrete Produkt nachweisbare Daten. Kunden haben somit die Möglichkeit, statt Standardwerte den konkreten CO2-Fußabdruck für das zugekaufte Schweinefleisch anzusetzen und dadurch die eigene Klimabilanz zu verbessern.
Nach und nach verfeinern
Derzeit ergibt die Klimabilanzierung nur einen relativ groben Durchschnittswert. »Wir konzentrieren uns zunächst auf die Faktoren, die den CO2-Fußabdruck am stärksten beeinflussen, um überhaupt erst mal einen Datenfluss aufzubauen«, erläutert Jes Callesen, Berater bei Danish Crown. Dazu gehören vor allem Leistungsdaten wie die Futterverwertung, die Art des Stallbodens und des Güllesystems (z. B. emissionsarm durch mindestens wöchentliche Leerung der Güllekanäle) und eine Verwertung der Gülle in einer Biogasanlage.
»Da sich die Klimabilanz von Zukaufsfutter nicht stark voneinander unterscheidet, werden hier Standardwerte angesetzt. Bei Selbstmischern wird die betriebsspezifische Zusammensetzung berücksichtigt,« so Callesen. Ähnliches gilt für den Energieverbrauch. Er macht nur etwa 3 % der Klimagasemissionen durch die Schweinefleischproduktion aus, sodass derzeit kein hoher Aufwand betrieben wird, um an dieser Stelle besonders exakt zu sein. Auch für die Ferkel wird erst mal nur ein Standardwert angenommen. Eine differenzierte Betrachtung findet also nur in der Mast statt. Ziel ist es aber, das System mit der Zeit immer genauer zu machen.
Langfristig sollen Fleischlieferungen so differenziert werden können, dass ein Kunde Fleisch mit besonders niedrigem CO2-Fußabdruck ordern kann, z. B. aus Betrieben mit emissionsarmen Haltungsverfahren. »Das ist logistisch eine große Herausforderung. Und unsere Kunden müssen zum Erreichen der eigenen Nachhaltigkeitsziele auch Produkte mit niedriger Klimawirkung einkaufen wollen. Das ist sicher noch ein längerer Prozess,« so Callesens Einschätzung. Dennoch, Grundlage dafür sind glaubhafte Daten. Für die Schweinehalter könnte dann ein Zuschlag auf den Verkaufspreis winken, den sie auch benötigen, um Investitionen in emissionsärmere Verfahren tätigen zu können.