Psychologie. Was wir warum essen
Essen hat immer auch einen psychologischen Aspekt. Der ändert sich allerdings im Laufe der Zeit. Wie sich die Funktionen und Narrative mit Blick auf das Essen entwickelt haben, zeigen Jens Lönneker und Marco Diefenbach.
Der Konsumalltag rund ums Essen und sein gesellschaftlich-kultureller Rahmen beeinflussen sich: Der kulturelle Rahmen bestimmt die Art und Weise, wie wir essen und wird umgekehrt von den Angeboten und Produktionsmethoden beeinflusst. Und dieses Verhältnis ist dynamisch: So entstehen immer wieder neue Entwicklungen rund ums Essen – und es ist Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen geworden.
Vergangenheit: »Tischlein deck Dich«
In der Vergangenheit war das Essen in Deutschland durch Normierung und kulturelle Identität geprägt: Gesellschaftliche Normen bestimmten klar, wann und was gegessen wurde. Beispiele sind das »deutsche Abendbrot«, das »verdiente Feierabendbier« oder der Sonntagsbraten. Es gab eine kollektive Identität – und das bot Vorteile: Das gemeinsame Essen stärkte familiäre und soziale Bindungen. Gemeinschaftsmahlzeiten waren die Grundlage für sozialen Zusammenhalt und Austausch. Mit der Zeit begann sich diese Fokussierung zu verschieben. Die Nachkriegszeit und das Wirtschaftswunder führten zu Wohlstand und neuen Möglichkeiten. Die Gesellschaft begann, andere Kulturen und Küchen zu erforschen. Es gab einen Wandel hin zu mehr Diversifizierung und ein wachsendes Bewusstsein für die persönlichen Vorlieben und individuellen Bedürfnisse. Inzwischen gibt es immer weniger Gerichte oder Gepflogenheiten, »die das Land zusammenhalten« und eine übergreifende Identität schaffen.