Getreide. Von Lethargie erfasst
Das Angebot ist groß. Aber mit dem Überschuss allein lässt sich der Preisabsturz nicht erklären. Vielmehr ist die Nachfrage ohne jeden Impuls und die Stimmung lässt keinen Raum für Optimismus. Erst bei einer Verknappung des Angebotes kann sich das Blatt wenden – aber das ist derzeit nicht zu sehen.
Man kann nicht behaupten, dass der Getreideabsatz schrumpft oder dass so gar keine Mengen in Mühlen oder in die Exporthäfen laufen. Aber es fehlt der Schwung. »Der Markt erstarrt geradezu in Lethargie«, so ein Händler.
Das trifft es ziemlich genau, denn es beschreibt ein Phänomen, das wir auch für andere Agrarprodukte und in anderen Branchen beobachten können. Kontrakte werden abgewickelt, neue nur geschlossen, wenn wieder aktueller Bedarf ist. Einkäufer und Händler vermeiden es, Positionen einzugehen und Landwirte wollen sich die niedrigen Preise (zuletzt waren sie im November 2019 so niedrig) nicht festschreiben. Die Unsicherheit ist einfach zu groß ob der Nachfrage und der möglichen Verschiebung von Warenströmen durch die US-Zollpolitik oder dem politischen Ausgang des Ukrainekrieges.
Politische Risiken für Ethanolgetreide und Fleischexporte steigen
Was bedeutet es etwa, wenn die EU verspricht, Energieprodukte für 750 Mrd. US-Dollar in den USA zu kaufen? Heißt das, dass US-Ethanol den EU-Markt zollfrei fluten kann so wie in Großbritannien? Wohin geht das Getreide aus der Ukraine, wie überträgt sich die Schwäche der Wirtschaft (nicht nur bei uns) auf die Nachfrage, etwa nach Malz und Bier? Bleibt der Euro teuer, was die Exporte bremst, nicht nur von Getreide, sondern auch von Milchprodukten und Fleisch? Wobei sich mittelfristig auch der Importzoll Chinas auf EU-Schweinefleisch auf den Futterabsatz bei uns auswirken dürfte. Immerhin stammen 30 % der Schweinefleischimporte von zuletzt monatlich 87 000 t aus Spanien.