Portrait. Immer weiter Richtung Optimum
Egal ob Haltung, Fütterung oder Tiergesundheit – Familie Helthuis versucht, schrittweise noch besser zu werden und Verzahnungen, die sich anbieten, zu nutzen. Einen großen Sprung haben das dreimalige Melken und die Daten des Pansenbolus gebracht.
Der Straßenname gibt schon den ersten Hinweis, dass die Besucher auf dem richtigen Weg sind. Der »Kuhdamm« in Klausdorf bei Stralsund führt nach einer kurzen Strecke durch ein Wohngebiet zum Milchviehbetrieb von Brent und Marieluis Helthuis. Seit 1. Juli 2024 haben die beiden ihn gemeinsam von Marieluis Vater übernommen. Zuvor hatte Marieluis schon dort gearbeitet. Ihr Vater hatte den Betrieb, der in unmittelbarer Nähe zur Ostsee liegt, gekauft. »Er hatte schon lange die Vision, irgendwann nach Ostdeutschland überzusiedeln und dort einen Betrieb mit 250 Kühen gemeinsam mit zwei bis drei Angestellten zu bewirtschaften«, erzählt Brent Helthuis. Diese Pläne hat er umgesetzt und sie letztendlich auch noch weit übertroffen. Recht schnell nach dem Betriebskauf baute er einen neuen Boxenlaufstall und die DDR-Altgebäude um. Das Wachstum ging auch danach Schritt für Schritt weiter.
Nach einem Stallneubau 2009 für hundertfünfzehn Tiere und wurde 2012 eine Lagerhalle zu einem weiteren Kuhstall umfunktioniert. Anschließend kamen das Melkhaus und ein Doppel-Sechzehner Side-by-Side-Melkstand dazu. Und schließlich der bislang letzten große Stallbau 2016/2017 für weitere 160 Kühe nach den Vorgaben der EU-Tierwohl-Regelung. Für den Standort gibt es theoretisch eine Genehmigung für weitere Kuhplätze. Praktisch würde es aber Probleme aufgrund eines an den Betrieb grenzenden Wohngebiets und des Nationalparks geben, der ebenfalls bis fast an die Hofstelle reicht. Die Kühe können vom Stall aus quasi auf das Meer schauen. Marieluis und Brent sind dabei, ihren Betrieb immer weiter zu optimieren. Geplant ist langfristig der Ersatz älterer Gebäude. Erweiterungsmöglichkeiten wären auch auf dem zweiten Standort in drei Kilometer Entfernung gegeben, der seit 2006 zum Betrieb gehört. Dort steht das Jungvieh im Alter von neun bis dreiundzwanzig Monaten. Die Kälber sind bislang überwiegend in einem umgebauten Altgebäude untergebracht, das demnächst einem Neubau weichen soll. Das aktuellste Projekt ist aber die Erweiterung der PV-Anlage, damit der Betrieb möglichst energieautark arbeiten kann.
In den verschiedenen Stallgebäuden werden die Kühe je nach Laktationszeitpunkt und vor allem aber nach der Anzahl der Laktationen in sechs verschiedenen Gruppen gehalten.
Melken
»Seit Anfang 2025 melken wir dreimal täglich. Der Hauptgrund ist, dass wir die Arbeitsorganisation verbessern und die Arbeitszeit optimieren wollten. Durch das dreimalige Melken schaffen wir es, alle tagtäglichen Arbeiten bis 16 Uhr zu erledigen. Danach kommt lediglich noch die Spätschicht zum Melken und zur Kälberversorgung. Dadurch benötigen wir natürlich mehr Mitarbeiter und die Kosten sind höher. Aber gleichzeitig ist die durchschnittliche Milchleistung um + 15 % gestiegen. Die Tagesmilchproduktion liegt derzeit zwischen 41 und 43 kg Milch und die Inhaltsstoffe bei 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß – vor dem dreimaligen Melken waren wir immer eher darüber«, sagt Brent Helthuis. Die Zellzahl beträgt durchschnittlich 140 000. Seit einiger Zeit erfolgt das Anrüsten des Euters nur noch mit einer Bürste in 60 bis 90 Sekunden. »Das funktioniert gut, spart uns 40 Minuten Melkzeit und die Kühe kehren schneller wieder in ihre Gruppe zurück«, sagt Brent Helthuis, »außerdem ist es nachhaltiger, denn wir benötigen keine Einwegtücher mehr«. Der Betrieb ist QM++ zertifiziert und produziert seine Milch in Haltungsstufe 3 für das DMK.
Brunsterkennung
Nachdem Familie Helthuis länger auf der Suche nach einem Brunsterkennungsanbieter war, fiel die Wahl auf den smaXtec-Bolus. »Das ist nicht das billigste System am Markt, aber es passt für uns und befindet sich im Tier. Ausschlaggebend für mich war auch, dass Änderungen der Körpertemperatur der Kühe unmittelbar angezeigt werden. Denn viele Erkrankungen beginnen mit Fieberschüben«, erklärt Helthuis. »Durch den Einsatz der Boli konnten wir außerdem die akuten Mastitiserkrankungen um 80 % reduzieren. Früher haben die Melker einen Großteil der Euterentzündungen im Melkstand erkannt, nun übernimmt das der Bolus.« Der Betrieb benötigt nun etwa 60 % weniger Antibiotika. Vorteile des Systems zeigen sich auch bei der nun genaueren Brunsterkennung und den Trächtigkeiten: »Wir konnten den Besamungsindex um 0,3 Punkte verbessern, weil wir dank der Boli den richtigen Zeitpunkt für die Belegung herausfinden.« Seit einiger Zeit arbeitet der Betrieb Helthuis mit der genomischen Zuchtwertschätzung. Die Werte liegen zwar noch nicht für die gesamte melkende Herde vor, aber für alle Färsen und Kälber. Die Tiere mit dem genomisch besseren Index werden mit gesextem Sperma besamt, die schlechter Eingestuften mit Fleischbullen belegt. Tiere, die aufgrund ihrer Genetik nicht in die vom Betrieb gesetzten Mindestvorgaben passen, werden entweder schon im Alter von vier Wochen oder später als abgekalbte Färse verkauft.
Fütterung
»Seitdem wir dreimal täglich melken, füttern wir die Kühe einphasig. Die Ration ist momentan auf 26 kg Trockenmasseaufnahme pro Tier und Tag ausgelegt. Wir nehmen alle drei bis vier Wochen eine Silo- und eine Rationsprobe und lassen sie im Labor auswerten. Gegebenenfalls justieren wir die TMR dann nach«, erzählt Brent Helthuis. Das dreimalige Melken hat sich positiv auf die Leistung und auf die Kuhgesundheit ausgewirkt, aber die Tiere verzeihen auch weniger Unregelmäßigkeiten. Das bedeutet, alle Abläufe, und auch die Ration müssen möglichst gleichbleibend sein, sonst wirkt sich das auf die Milchleistung aus. »Unser Ziel ist deshalb eine Beladegenauigkeit des Futtermischwagens mit weniger als 2 % Abweichungen. Tritt der seltene Fall ein, dass die Genauigkeit doch einmal stärker schwankt, merken wir das mit zwei Tagen Verzögerung an der Wiederkauaktivität, der Futteraufnahme und der Milchleistung«. Die Trockensteher-Fütterung ist im Betrieb Helthuis zweiphasig. Die Kühe bleiben 21 Tage in der Gruppe der frühen Trockensteher und wechseln dann in die Anfütterungsgruppe, wo sie u. a. sauren Salze bekommen. 10 % der trockenstehenden Kühe wird ein zusätzlicher pH-Wert messender Bolus der Firma smaXtec eingesetzt, um Informationen direkt aus der Kuh zu bekommen. »Zum Beispiel haben die Trockensteher früher nicht immer das beste Futter bekommen. Aber die pH-Wert-Messung hat uns schnell gezeigt, dass das wir das ändern müssen. Zehn Tage vor dem erwarteten Abkalbetermin kommen die Kühe nach Färsen und höher Laktierenden getrennt, in den Abkalbebereich. Das Abkalbemanagement hat sich als Nebeneffekt des dreimaligen Melkens verbessert und die Totgeburtenrate ist gesunken. Denn nur zwischen 0.30 Uhr und 3.30 Uhr ist niemand auf dem Betrieb, der die Versorgung während und nach der Geburt übernehmen kann. Nachdem sie gekalbt haben, geht es für die Kühe direkt in die Frischmelkergruppe. Sie ist möglichst maximal zu 70 % belegt, damit die Kühe dort mehr Ruhe haben. Danach sind die Laktierenden in drei verschieden Hochleistungsgruppen aufgeteilt: Färsen, Zweit- und Drittkalbskühe bzw. Tiere mit mehr als drei Laktationen. Der Gruppenwechsel ist möglichst auf einmal wöchentlich beschränkt.

Grundfutter
Je nach Jahr macht der Betrieb Helthuis vier bis sechs Grasschnitte jährlich. Daten und Informationen über das Grundfutter liefert jeweils ein NIR-Sensor am Häcksler und am selbstfahrenden Futtermischwagen, beide seit letztem Jahr im Einsatz. Die Kühe sollten auf Trockenmassebasis gefüttert werden, deshalb die Investition in die Sensoren. Die Futteraufnahme aus dem Grundfutter hat sich durch den NIR-Sensor um 4 % erhöht und sich positiv auf die Milchleistung ausgewirkt. Er misst 70 % der Zielmenge beim Einfüllen in den Futtermischwagen und kann dann anhand der gemessenen Trockensubstanz die letzten 30 % der Füllung anpassen. »Wichtig ist, dass der NIR-Sensor dicht an der Wahrheit arbeitet. Wenn in meiner Siloprobe 30 % TS gemessen werden, aber der Mischwagen sagt, es seien 40 %, sollte ich besser eine neue Probe nehmen«, so Brent Helthuis. Einmal täglich wird gefüttert und das Futter etwa alle drei Stunden angeschoben. Einmal wöchentlich wertet er die Daten des Mischwagens und die Futteraufnahmen aus und passt die Ration gegebenenfalls an.
Seit etwas über einem dreiviertel Jahr ist der Betrieb bei der Fütterung auf einen Selbstfahrer umgestiegen. »Bislang sparen wir etwa 40 % Arbeitszeit. Wir benötigen 0,8 l Diesel pro t Futter, vorher waren es 1,3 l bzw. 6 000 l Diesel pro Jahr, mit leichten Abweichungen je nach Fahrer. Das hat sich also schon mal gelohnt«, zieht Helthuis Bilanz. Durch den Futtermischwagen schließt sich der Kreis zwischen Grundfutteranbau, -silierung, Siloentnahme, Mischen der TMR, Futtervorlage und -aufnahme. Zusammen mit den Informationen über die Gesundheitsdaten über der Kuh, die mittels Bolus ermittelt werden, hat Familie Helthuis so eine hervorragende Basis für die effiziente Milchproduktion.