Pflanzenschutztechnik. KI transformiert den Pflanzenschutz
Ausgehend von kamerabasierter Hacktechnik breitet sich der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Pflanzenschutz aus. Zwischen etablierten schleppergezogenen Systemen und autonomen Robotern entwickelt sich eine neue Generation smarter Technik – vielversprechend, aber noch nicht perfekt. Stefan Paulus und Dirk Koops zeigen, wo wir stehen.
In Reihenkulturen und in Sonderkulturen entscheiden nur wenige Zentimeter Abstand zwischen Kulturpflanze und Unkraut über Wachstumsvorsprung oder Entwicklungsverzögerung und bestimmen letztlich den Ertrag. Während chemische Pflanzenschutzverfahren zunehmend unter Druck geraten, gewinnen mechanische oder kombinierte Methoden in der Unkrautkontrolle an Bedeutung. Das grundsätzliche Ziel dabei ist es, Unkräuter so nah wie möglich an der Kulturpflanze zu bekämpfen, ohne diese zu schädigen bzw. reduzierte Aufwandmengen präzise und sicher zu applizieren.
KI-basierte Kameratechnik
Moderne Systeme erreichen diese Präzision über digitale Kameras, die den Bereich unter den Arbeitswerkzeugen aufnehmen, interpretieren und zeitlich korrekt in das passende Maschinensignal umsetzen. So wird ein Hackschar exakt zwischen den Zuckerrüben in die Reihe gesteuert oder eine Applikation, z. B. eines Herbizids, genau über dem Unkraut ausgelöst. Dabei muss die Steuerung der Hacke oder die Auslösung der Spritzdüse präzise im richtigen Augenblick erfolgen.
Die Interpretation der aufgenommenen Kamerabilder erfolgt durch maschinelle Lernmethoden – Künstliche Intelligenz, die gelernt hat, Kulturpflanzen von Unkräutern zu unterscheiden (Bild rechts) und zunehmend auch verschiedene Unkräuter voneinander unterscheiden kann. Dazu wurden der KI sehr viele unterschiedliche Ansichten dieser Objekte gezeigt, sodass sie diese Unterscheidung heute akkurat beherrscht und sie bereits in praxistauglichen Geräten implementiert ist. Intelligente Algorithmen sind inzwischen in der Lage, fast jedes Unkraut zu erkennen, selbst wenn es erst kurz zuvor aufgelaufen ist. Eine Herausforderung besteht hingegen noch darin, Ungräser wie Ackerfuchsschwanz von Getreidepflanzen zu unterscheiden, weil deren Merkmale im frühen Entwicklungsstadium sehr ähnlich sind. Hier ist noch einige Entwicklungsarbeit nötigt.
Schleppergezogen bis voll autonom
Die beschriebenen Technologien werden auch bereits als vollwertig autonome Lösungen in Form von selbstfahrenden Feldrobotern angeboten. Diese verfügen über Module zur Lokalisierung, Navigation und automatisierten Erkennung der Unkräuter, das Bewegen der Aktuatoren sowie die Aktivierung der mechanischen, chemischen oder auch thermischen Wirkmethode. Diese Systeme etablieren sich gerade am Markt und sind vielfach bei Testlandwirten im Einsatz. Hingegen in der Praxis weiter verbreitet sind schleppergezogene Systeme. Hier bestimmt der Fahrer die grobe Positionierung und das System kümmert sich um die Feinpositionierung und die Aktivierung der Arbeitswerkzeuge. Diese Systeme lassen sich derzeit noch flexibler einsetzen und fügen sich besser in den Fuhrpark des Landwirts ein, weil vorhandene Maschinen genutzt und Arbeitsabläufe kaum verändert werden müssen. Ihre Handhabung ist analog zu etablierten Systemen, ihre Flächenleistung ist oftmals noch höher als die der Roboter und gesellschaftliche Hürden sind derzeit noch deutlich geringer.
Der FarmDroid FD20 aus Dänemark ist ein solarbetriebener Feldroboter, der als Plattform sowohl Arbeitswerkzeuge fürs Hacken zwischen und innerhalb der Reihen, die Präzisionsaussaat als auch die Punkt- und Bandspritzung bedient. Auf der Agritechnica präsentierte FarmDroid sein neues nachrüstbares Aussaatsystem +Seed 14 mm für größere Samen. Damit soll sich der Roboter jetzt auch für die Aussaat von Mais, Soja, Zwiebeln, Ackerbohnen und Erbsen einsetzen lassen und schneller arbeiten (+20%).
Das Anhängegerät ARA vom Schweizer Hersteller ecorobotix spritzt mit einer Präzision von 6 x 6 cm (Spot-Applikation) und arbeitet dabei auf einer Breite von bis zu 6,2 m und mit einer Geschwindigkeit von bis zu 7,2 km/h. Eine der ersten Einsätze war die Ampfer- und Distelbekämpfung auf Grünland.
Mittlerweile werden laut Unternehmen mehr als 50 verschiedene Unkrautarten und diverse Spezial- aber auch Ackerkulturen wie Zuckerrübe, Mais und Raps erkannt. Durch den Einsatz von Supercomputern, RGB- und 3D-Kameras soll das System in der Lage sein, Unkräuter aber einer Größe von 2 mm, Kulturpflanzen ab 2 cm und Ampfer und Distel ab 5 cm Pflanzengröße in Echtzeit zu erfassen, zu detektieren und zu analysieren.
ecorobotics kündigte auf der Agritechnica Algorithmen für eine Vielzahl weiterer Spezialkulturen an, die 2026 für die Praxis und Testeinsätze zur Verfügung stehen sollen. Im Fokus steht hier der Einsatz nicht-selektiver Herbizide durch die Einstellung einer Sicherheitszone für die Kulturpflanze.