KI. Schneller zu besseren Ergebnissen
Über Bürokratieabbau wird viel geredet. KI-Systeme versprechen eine Entlastung bei der zunehmend komplexen Betriebsführung.

Nicht zuletzt durch das prominente Beispiel »ChatGPT« wird Künstliche Intelligenz für verschiedenste Anwendungen immer greifbarer. Derartige KI-Systeme wurden mit dem Ziel entwickelt, den Menschen das Leben und vor allem die Arbeit zu erleichtern. Auch Landwirtinnen und Landwirte stehen unter immensem Druck: Steigende Anforderungen an Effizienz, Produktivität und Nachhaltigkeit treffen auf eine zunehmende Komplexität der Betriebsführung. Insbesondere die zunehmenden bürokratischen Anforderungen und Eingaben von gleichen Daten in unterschiedliche Systeme binden zunehmend Ressourcen. Das stellt vor allem kleinere Betriebe vor große Herausforderungen, weil die produktive Arbeitskraft an anderer Stelle fehlt oder entsprechende Dienstleistungen teuer eingekauft werden müssen.
Fachberatung bei der Betriebsfüphrung spielt wichtige Rolle
Bei der Bewältigung der immer komplexeren Betriebsführung spielt die Fachberatung eine bedeutende Rolle. Sie gibt Hilfestellungen im Dschungel von Bau- und Umweltauflagen, Förderrecht, Wirtschaftlichkeit und Technologie. Ohne qualifizierte Beratung hätten viele landwirtschaftliche Betriebe Schwierigkeiten, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, wirtschaftlich zu bleiben und nachhaltige Betriebsstrategien zu entwickeln.
Durch die zunehmenden bürokratischen Anforderungen nimmt die Beratung allerdings immer mehr Aufgaben wahr, die im Kern nichts Fachliches mehr an sich haben und den Betrieb wirtschaftlich nicht voranbringen. Ausgehend davon, dass die Fachberatung in Zukunft für die Betriebe wichtiger denn je sein wird, sollte nach Auswegen gesucht werden. Intensiv diskutiert wird in diesem Zusammenhang, welchen Beitrag insbesondere Künstliche Intelligenz leisten kann bzw. bereits leistet.
Einfach ausgedrückt verbirgt sich hinter KI die Fähigkeit von Computern und Maschinen, Arbeiten zu verrichten, die bislang nur mit menschlicher Intelligenz möglich sind. Basis der KI ist Maschinelles Lernen. Es werden viele Methoden und Ergebnisse aus anderen Bereichen wie Logik, Statistik, Steuerungs- und Regelungstechnik, Bildverarbeitung, Biologie, Philosophie, Psychologie etc. verwendet. Ein vielversprechender Ansatz ist die Datenintegration: KI-Systeme können Informationen aus verschiedenen Quellen – etwa Bodenanalysen, Wetterdaten und Maschinensensoren – zusammenführen und miteinander verbinden.
KI ist auch ein Sammelbegriff für verknüpfte Technologien, die aus großen Datenmengen Muster erkennen, Prognosen erstellen und Empfehlungen generieren können. Auch wenn nach dem allgemeinen Empfinden KI erst mit ChatGPT entstanden ist, so gehen die grundsätzlichen Konzepte auf jahrzehntelange Forschung zurück. Mit immer mehr Daten und immer leistungsfähigeren Recheneinheiten entfaltet KI zunehmend Wirkung.
Wie kann KI die Beratung unterstützen? Beim Gang über die Agritechnica oder die Eurotier kommt man inzwischen um KI nicht mehr herum. Ihr Einsatz in der Landtechnik (z. B. SpotSpraying) oder im Stall (z. B. automatisierte kamerabasierte Tierüberwachung) liegen auf der Hand und werden zunehmend angewendet. Aber auch in der Beratung kann KI eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen.
KI-Systeme können große Mengen an Daten analysieren und daraus Empfehlungen ableiten. Durch die Nutzung von Sensordaten können sie Informationen über Raum und Zeit bereitstellen, etwa zur Bodenbeschaffenheit, zum Pflanzenwachstum oder zu Wetterbedingungen. Darauf aufbauende Werkzeuge ermöglichen eine präzisere und effizientere Bewirtschaftung. Mit entsprechenden Empfehlungssystemen können Landwirtinnen und Landwirte unterstützt werden, fundierte Entscheidungen zu treffen, z. B. bei Düngung, Bewässerung oder Schädlingsbekämpfung. Natürlich können auch Fachberater solche Systeme nutzen, sodass die menschliche Expertise maximal effizient und effektiv eingesetzt werden kann.
Mit ChatGPT erfahren insbesondere große Sprachmodelle auch in der Landwirtschaft zunehmend Aufmerksamkeit. Large Language Models (kurz: LLM und auf Deutsch: Große Sprachmodelle) sind leistungsstarke Modelle, die darauf ausgelegt sind, menschliche Sprache sowie von Menschen geschriebene Texte zu verstehen und zu generieren. Diese Sprachmodelle nutzen neuronale Netzwerke, insbesondere sogenannte Transformermodelle, um Muster in Sprache zu erkennen und kontextbezogene Antworten zu liefern. In der Praxis können beispielsweise Dokumente wie Verordnungstexte eingelesen und auf dieser Grundlage Fragen beantwortet werden, deren Antworten in dem Dokument enthalten sind, aber aufgrund des Umfangs nur zeitaufwendig herauszuarbeiten sind. Große Sprachmodelle sind beeindruckende Werkzeuge und bieten viel Potential für Beratung und Wissensvermittlung. Die Anwendungsmöglichkeiten erscheinen im ersten Moment überwältigend. Doch ein zentrales Problem bleibt: Die KI-Modelle erkennen ihre eigenen Wissensgrenzen nicht zuverlässig. Anders als ein menschlicher Berater, der Unsicherheiten offen kommunizieren oder einen Kollegen hinzuziehen würde, formulieren LLMs jede Antwort mit der gleichen sprachlichen Sicherheit – selbst, wenn sie auf unsicheren oder gar falschen Grundlagen basiert. Das stellt eine große Herausforderung dar. Ohne spezielle Prompt-Techniken oder kritische Prüfung ist oft nicht erkennbar, ob eine Antwort belastbar ist oder nicht. In Beratungskontexten kann das gravierende Folgen haben. Langfristig könnte dieses Problem durch eine integrierte Unsicherheitsbewertung entschärft werden. Doch solange breite, nicht spezialisierte Modelle wie ChatGPT, Gemini oder andere zum Einsatz kommen, bleibt die Herausforderung bestehen. Eine bewusste und kritische Nutzung ist daher essenziell. Die KI ersetzt keine menschliche Expertise, sondern ergänzt und erweitert sie.
Darüber hinaus ist der Einsatz großer Sprachmodelle mit Blick auf den hohen Energieverbrauch zu bewerten. Das kürzlich veröffentlichte Modell des chinesischen KI-Start-ups »DeepSeek« soll mit erheblich weniger Rechenkapazität auskommen und könnte hier insgesamt für einen Durchbruch sorgen.
Wie lassen sich Betriebsdaten und Dokumentation KI-gestützt integrieren? Ein enormes Potential für den Einsatz von KI in der Landwirtschaft liegt in der automatisierten Erstellung und Verwaltung von Dokumentationen. Betriebe müssen eine Vielzahl an Nachweisen führen – von Pflanzenschutzaufzeichnungen bis hin zu gesetzlich vorgeschriebenen Berichten. Gleichzeitig entstehen im Betrieb laufend Daten, etwa aus Maschinen, Sensoren oder durch wirtschaftliche Vorgänge wie den Zukauf von Betriebsmitteln. Die Herausforderung besteht darin, diese Daten nahtlos mit den Dokumentationsanforderungen zu verknüpfen, um den manuellen Aufwand zu minimieren. Zukunftsfähige Systeme könnten hier ähnlich wie moderne Steuer-Software funktionieren: Statt bloßer Eingabeformulare würden sie nicht nur die relevanten Daten automatisch aus Farm-Management-Systemen (FMIS) extrahieren, sondern auch prüfen, erklären und Hinweise geben. KI kann dabei helfen, unklare Formulierungen in rechtlichen Vorgaben verständlich zu machen und Fehler in den Betriebsdaten – etwa durch unvorhersehbare Umweltfaktoren – lokal zu identifizieren.
Entscheidend ist jedoch, dass der eigentliche Mehrwert nicht allein in der KI liegt, sondern in einer robusten IT-Architektur und Datenintegration. Sowohl lokale als auch cloudbasierte Lösungen müssen sicherstellen, dass keine sensiblen Betriebsdaten ohne Zustimmung extern verarbeitet werden, sondern nur die finalen, rechtskonformen Dokumente nach außen gehen. Solche Systeme helfen, Bürokratie erheblich zu reduzieren, ohne zusätzliche Datenschutzrisiken zu schaffen. Dies dürfte in absehbarer Zukunft Realität werden. Gleichzeitig würde so eine Grundlage geschaffen, um die landwirtschaftliche Fachberatung von solcher Dokumentationsarbeit zu entlasten.
Daten: Der Schlüssel zum Erfolg – aber auch die Herausforderung. Ein zentraler Aspekt beim Einsatz von KI ist der Umgang mit Daten. Viele Landwirtinnen und Landwirte sind skeptisch, wenn es um die Weitergabe betrieblicher Informationen geht. Um diese Hürden zu überwinden, sind klare Regeln und Rahmenbedingungen notwendig. Die EU-Datenverordnung (Data Act), die ab dem 12. September 2025 gelten wird, sorgt für mehr Transparenz. Betriebsleiter erhalten Informationen über Umfang und Verwendung der durch die Nutzung von Landtechnik erzeugten Daten und ein ausdrücklich geregeltes Zugangsrecht zu diesen Daten. Das durch das BMEL geförderte Vorhaben »AgriData-Observatory« hat diese Problematik aufgegriffen.
Wir müssen noch bessere »Datenautobahnen« schaffen. Damit Entscheidungsprozesse unterstützt werden können, benötigen moderne landwirtschaftliche Produktionsprozesse nicht nur Daten aus unterschiedlichsten Quellen, sondern auch einen zuverlässigen Datenaustausch zwischen den Produktionsebenen. Wie geschildert erfolgen Eingaben oftmals manuell, und die Systeme können nicht hindernisfrei miteinander kommunizieren. Das ist weder effizient noch zeitgemäß. Ein automatisierter Datenaustausch zwischen digitalen Systemen sowohl innerhalb der Landwirtschaft als auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette muss gestärkt werden. Daten unterschiedlichster Herkunft müssen daher gemeinsamen Normen folgen und ohne Medienbrüche zugänglich gemacht werden. Eine solche Interoperabilität ermöglicht es, Nachhaltigkeitspotential innerhalb der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu heben, indem beispielsweise Daten für die Klimabilanzierung kettengliederübergreifend genutzt werden können.