Digitalisierung im Pflanzenschutz. Noch in den Kinderschuhen
In der Unkrautbekämpfung werden immer mehr digitale Technologien eingesetzt. Robotik und KI sind schon in der Praxis angekommen, aber es gibt noch viel zu tun. Alexander Hubertus Ungru gibt eine Einschätzung zum aktuellen Stand der Technik am Beispiel der Rüben.
Ein tiefgreifender technologischer Wandel in der Landwirtschaft ist in vollem Gange. Angesichts des weiter steigenden Drucks, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und gleichzeitig die Effizienz zu steigern, sind innovative Lösungen auch dringend erforderlich. Unternehmen in der Agrarbranche müssen ihre digitale Kompetenz massiv stärken und ausbauen, um den Anforderungen
gerecht zu werden und gleichzeitig die Landwirte in dieser Transformation zu unterstützen. Hier rücken Technologien wie Spot-Spraying-Systeme und deren Kombinationen mit Hackaggregaten – auch als autonom fahrende Lösungen – in den Fokus. Diese Technologien versprechen nicht nur eine präzisere und umweltfreundlichere Bewirtschaftung der Felder, sondern auch eine arbeitswirtschaftliche Entlastung der Landwirte. Wie sind dabei die neuesten Entwicklungen?
Spot-Spraying-Technologien
Spot-Spraying-Technologien ermöglichen es, Pflanzenschutzmittel gezielt auf Kulturpflanzen oder Unkräuter zu applizieren, anstatt flächendeckend zu arbeiten. Im Zuckerrübenanbau z. B. kann dies zu einer erheblichen Reduktion des Herbizideinsatzes führen und gleichzeitig die Kulturpflanze vor Herbizidstress schützen. Studien und Praxiserfahrungen zeigen, dass der Einsatz von Herbiziden dort um bis zu 75 % reduziert werden kann. Diese Einsparungen sind jedoch abhängig von der Spotgröße und der Anzahl der Unkräuter pro Fläche. Je geringer die Unkrautdichte und je kleiner der Spot, desto weniger Herbizid wird benötigt. Bei hoher Unkrautdichte kann es jedoch zu einer flächenähnlichen Behandlung kommen, die aus vielen einzelnen Spots besteht.
Mit hochpräzisen Kameras
Der ARA Ecorobotics Spot-Sprayer ist ein Beispiel für eine solche Technologie, die bereits in der Praxis Anwendung findet. Er arbeitet mit hochpräzisen Kameras und Sensoren, die Unkräuter und Zielpflanzen erkennen. Diese Informationen werden genutzt, um die Düsen gezielt zu steuern und nur die betroffenen Bereiche zu behandeln. Der Spot-Sprayer kann in verschiedenen Kulturen und Anbausystemen eingesetzt werden, was ihn zu einer vielseitigen Lösung für unterschiedliche landwirtschaftliche Betriebe macht. Zudem kann die
Technologie überbetrieblich genutzt werden, was Investitionskosten senkt. Auch wenn die Technologie bereits in der Praxis eingesetzt wird, gibt es noch Raum für Verbesserungen. Diese betreffen im Speziellen die eigentliche Spritztechnik (Armaturen, Düsen) sowie die Weiterentwicklung der Kameras und Sensoren, außerdem die Optimierung der Algorithmen zur Erkennung der Unkräuter und Zielpflanzen.
Hacken und Spot-Applikation
Der Farming GT ist ein weiteres Beispiel für die Anwendung von Robotik im Zuckerrübenanbau. Dieser autonome Agrarroboter kann sowohl hacken als auch Spot-Applikationen durchführen. Der Roboter nutzt Kameras, um die Reihen der Zuckerrüben zu erkennen und sich daran zu orientieren. Bei der Erstellung des Trackingplans auf dem Feld wird ein Geofence, eine digitale Feldgrenze, erstellt, die der Roboter nicht überfahren darf. Gerade im Zeitfenster der Unkrautbekämpfung in den Zuckerrüben stehen viele weitere Arbeiten auf den landwirtschaftlichen Betrieben an. Die Autonomie des Farming GT sorgt dafür, dass die Arbeitsstunden für die Unkrautregulierung in der Rübe sinken. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 1,5 km/h kann der Farming GT in 24 Stunden aktuell eine Fläche von 5 bis 6 ha bearbeiten. Ziel ist eine Tagesleistung von bis zu 10 ha. Beim Wenden am Feldende navigiert der Roboter per GPS. Diese präzise Steuerung ermöglicht es dem Roboter, Unkräuter zwischen und auch in den Reihen mechanisch zu entfernen, ohne die Kulturpflanzen zu beschädigen. Dort, wo die Rübe steht, wird mittels Stammerkennung Herbizid per Spot appliziert, wodurch eine unkrautfreie Pufferzone rund um die Rübe entsteht.
Die Berechnung der benötigten Herbizidmenge übernimmt eine App, die alle zugelassenen Pflanzenschutzmittel enthält. Der Landwirt muss lediglich die Flächengröße, die Bestandesdichte der Rüben sowie die Mittel und Aufwandmengen angeben. Die Herbizide werden dann präzise dosiert und ausgebracht.
Das Einsparpotential für Herbizide ist somit abhängig von der Aussaatstärke beziehungsweise der Anzahl Zuckerrüben pro ha. Bei einer Bestandesdichte von 80 000 Rüben/ha liegt die Mitteleinsparung bei etwa 80 %. Im Vergleich zum reinen Spot-Spraying-Verfahren ist das Einsparpotential immer konstant und unabhängig vom Unkrautdruck. Daher bietet dieses Verfahren aktuell die höchsten
Einsparpotentiale.
Nachteilig ist, dass die Rübe weiterhin Herbizidstress ausgesetzt ist. Außerdem steht diese Technologie noch am Anfang der Praxisreife, wodurch noch viele Verbesserungspotentiale vorliegen, die insbesondere die Kosten pro ha betreffen. Auch der Umgang muss noch einfacher und effizienter gestaltet werden.