Boden. Teuer wie nie
Die Bodenpreise haben sich in zehn Jahren verdoppelt. Auch die Pachten gehen durch die Decke. Woran liegt das? Sind außerlandwirtschaftliche Investoren die Treiber?

Überall im Land wird über die zu hohen Kauf- und Pachtpreise geschimpft. Kann ein Hektar Acker 80 000 € kosten? Und warum werden solche Summen bezahlt? Gibt es ökonomische Gründe, die solche Beträge rechtfertigen?
Das zeigt die Statistik
Die Kauf- und Pachtpreise sind zuletzt in Westdeutschland stärker angestiegen als im Osten. D ie Dimensionen sind gewaltig: Die Pachtpreise legten in den vergangenen zehn Jahren bundesweit um etwa ein Drittel zu, bei Neupachten sogar um fast zwei Drittel. Wohlgemerkt im Durchschnitt. Einzelne Regionen stechen mit noch deutlicheren Preissteigerungen heraus.
Stärker noch als die Pachten sind die Kaufpreise gestiegen, die sich im Bundesdurchschnitt sogar verdoppelt haben. Diese Entwicklungen sind Triebfeder für die Diskussionen und politischen Initiativen in Richtung einer stärkeren Regulierung des Bodenmarktes. 2002 lag der Kaufpreis für ein landwirtschaftliches Grundstück im Bundesdurchschnitt bei 9 500 €/ha. 2 022 waren es 31 900 €/ha – das ist der bislang letzte, von der Statistik ermittelte Wert. Der Anstieg hat sich dramatisch beschleunigt: Allein im Vergleich zum Vorjahr stieg 2022
bundesweit der Ackerlandpreis um 8 %.
Große regionale Unterschiede. Je nach Bodengüte, Nutzungsart oder regionaler Lage sind die Preisunterschiede beim Kauf von Agrarflächen erheblich. Im Nordwesten sprangen die Preise stark in die Höhe: in Niedersachsen um 13,5 %, in Nordrhein-Westfalen sogar um 13,7 %. Zweistellige Steigerungsraten gab es noch in Rheinland-Pfalz (14 %) und Sachsen (11 %). In absoluten Zahlen ist Nordrhein-Westfalen sogar am langjährigen Spitzenreiter Bayern vorbeigezogen. Wechselte dort 1 ha Ackerland im Jahr 2022 für 76 626 € den Besitzer, so wurden in Nordrhein-Westfalen 80 113 € auf den Tisch geblättert. Unterm Strich ergibt sich für 2022 bei Agrarlandverkäufen ein Gesamtumsatz von 1,9 Mrd. €. Das sind gegenüber dem Vorjahr gut 3 % weniger.
Geringe Bodenmobilität. Wie aus den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen hervorgeht, wechselten 2022 59 300 ha landwirtschaftliche Flächen den Eigentümer. Das sind gegenüber dem Vorjahr 11 % weniger. Gemessen an der gesamten Agrarfläche macht die Verkaufsfläche lediglich 0,3 % aus. Während die Verkaufsfläche in Westdeutschland 2022 gegenüber dem Vorjahr um gut 7 % auf 30 100 ha zurückgegangen ist, blieb sie in den neuen Ländern mit 29 100 ha sogar um fast 14 % hinter dem Vorjahresstand zurück.
An der Spitze in Sachen Bodenmobilität lag Niedersachsen mit einer verkauften landwirtschaftlichen Fläche von 10 200 ha, gefolgt von Brandenburg mit 9 200 ha. Mit 2,9 ha lag die durchschnittliche Fläche je Veräußerungsfall im Osten wesentlich höher als im Westen mit 1,3 ha.

Motivation für den Kauf
In den seltensten Fällen geht es den Landwirten darum, Überliquidität zur Sicherung einer langfristigen Existenzgrundlage anzulegen. Vielmehr werden nicht selten die Betriebe durch die zunehmende Verkaufsbereitschaft der Eigentümer bzw. deren Erben gezwungen, über einen Landkauf nachzudenken. Ein anderer Aspekt kann z. B. die Reinvestition von finanziellen Mitteln sein, die durch die Veräußerung von Siedlungsoder Abbauflächen freigesetzt wurden.
Neben der Wiederherstellung bzw. Verbreiterung der Flächengrundlage des Betriebes sind hier steuerliche Beweggründe mit der Möglichkeit zur Übertragung stiller Reserven im Rahmen des § 6b EStG oft ausschlaggebend. Die Finanzierung wird durch Verkaufserlöse geschaffenes Eigenkapital dargestellt, sodass die finanzielle Tragfähigkeit nicht näher betrachtet werden muss. Gleiches gilt für den Erwerb von Klein- und Kleinstflächen (< 1 ha), die in der Regel mit eigenen Flächen oder bewirtschafteten Pachtflächen verbunden sind. Hier liegt ein Kauf zum Erhalt oder zur Verbesserung der Flächenstruktur nahe und sollte in Anbetracht einer überschaubaren finanziellen Größenordnung von gesunden Betrieben dargestellt werden können.
Erwerb von Pachtflächen. Daneben sind strategische Flächensicherungs- und Wachstumsabsichten, häufig auf Basis von Fremdkapital, bedeutend. Flächensicherung findet durch den Erwerb bisheriger Pachtflächen statt. Auslöser hierbei ist meist die Verkaufsabsicht des Verpächters. Durch einen Kauf können Sie zum einen den Flächenabgang in andere Hände vermeiden und sich zum anderen als kaufender
Betrieb nach außen als potenter Akteur auf dem Flächenmarkt präsentieren.
Da Investitionen in Boden über geringe Rendite verfügen, sind hierbei strategische Gründe ausschlaggebend. Eigentumsfläche stellt eine sichere Planungsgrundlage dar, gerade im Zusammenhang mit flächenabhängiger Veredlung. So ist in Verbindung mit Biogas oder Tierhaltung in den meisten Fällen eine Querfinanzierung von Flächenkäufen zu beobachten. Trotzdem: Von Investitionen sollte man
grundsätzlich Wirtschaftlichkeit fordern. Deshalb gilt es umso mehr abzuschätzen, welche Beeinträchtigungen ein Kauf auf den Gewinn des Unternehmens voraussichtlich haben wird.
Die Preistreiber
Neben den allgemeinen Rahmenbedingungen, die die Nachfrage treiben, wie
- Inflation,
- der im Zuge der Energiewende forcierte Bau von Photovoltaikanlagen und Windparks auf Freiflächen,
- die Umnutzung von Acker und Grünland zu Siedlungs- und Verkehrsflächen,
- Ausgleichsmaßnahmen und Naturschutz sowie
- Klimaschutzmaßnahmen (Moore, Wälder, etc.),
beklagen Politik und Medien den »Ausverkauf von Ackerland« an außerlandwirtschaftliche Investoren, die oft zahlungskräftiger seien als Landwirte. Die Debatte über die Rolle der Investoren wird meist ideologisch und höchst emotional geführt. Den schwarzen Peter den Investoren zuzuschieben, ist aber zu kurz gesprungen. Man darf nicht den Fehler machen, alle Kapitalanleger zu verteufeln. Es gibt genügend positive Beispiele, die zeigen, dass es Investoren gibt, die die Bezeichnung Heuschrecke nicht verdienen und sich in den Dörfern engagieren – wie heimische Landwirte auch. Share Deals werden zudem gerne auf den Flächenkauf reduziert. Die gescholtenen Investoren bringen aber noch mehr ein: Management-Know-how, qualifizierte Führungskräfte, fachlich bestqualifizierte Betriebsleiter im Bereich der Primärproduktion und Vermarktung – um nur einige Punkte zu nennen. Es braucht eine differenzierte Sichtweise, Schwarz-Weiß-Malerei hilft nicht weiter.
Lücken in der Statistik. Es wird sich gerne über Einzelfälle aufgeregt (siehe Kasten), dabei wissen wir eigentlich zu wenig über die Rolle der Investoren und das Maß an Bodenkonzentration. Auch, weil die Statistik mit der Erfassung von komplexen Unternehmensverflechtungen überfordert ist. Ist das überhaupt ein Problem? Auch das Thünen-Institut hat die Bedeutung außerlandwirtschaftlicher Investoren zu erforschen versucht – und ist an Grenzen gestoßen. Fest steht, dass Betriebe von Investoren über Share Deals aufgekauft werden. Aber bis heute existiert keine belastbare Statistik zu Käufern und Eigentümern landwirtschaftlicher Flächen. Daher ist das Bild des renditeorientierten Finanzinvestors, der durch Preistreiberei und Flächenentzug einer vielfältigen und nachhaltigen Landwirtschaft entgegensteht, weder durch die Statistik noch die Wissenschaft belegt.
Die Bank als Konkurrent
Anteilskäufe. Nicht nur Investoren nutzen Anteilskäufe, auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken agieren auf dem Bodenmarkt, um Flächeneigentum zu erwerben oder Betriebe zu bewirtschaften. Beispielsweise kaufte die VR Plus Altmark-Wendland e. G. 2020 die Agar GmbH Sanne-Perkuhn, die Volksbank Braunschweig Wolfsburg erwarb die Agrargenossenschaft Miltern e. G. in Sachen-Anhalt und die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden die Agrargesellschaft Butzow mbH sowie die Agrargesellschaft Sarnow mbH & Co. KG in Mecklenburg-Vorpommern. Oft werden die Käufe über Tochtergesellschaften getätigt. So hat die Sparkasse Hildesheim Goslar Peine (HGP) mit der SAG Agrargesellschaft mbH & Co. KG eigens eine hundertprozentige Tochtergesellschaft gegründet. Gesellschaftszweck ist die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes sowie der Erwerb und die Verwaltung von landwirtschaftlichem Grundbesitz. Die hier beispielhaft genannten Banken erhielten höchstbietend Zuschlag in Konkurrenz zu ebenfalls bietenden landwirtschaftlichen Unternehmen. In drei Fällen ging es um Flächen über 1 000 ha.