Abrechnungsmasken. Schwerer und noch magerer ...
... so hätten die großen Schlachter die angelieferten Schweine gerne. Die aktuelle Maskenänderung bringt dabei nicht nur finanzielle Nachteile für Mäster. Die neuen Anforderungen machen es noch schwieriger, das absehbare Kupierverbot erfolgreich umzusetzen.
Im Juni überraschte Tönnies mit der Ankündigung, die Schweineabrechnung kurzfristig zum 1. Juli dieses Jahres anzupassen. Mittlerweile zogen andere Schlachtunternehmen wie die ebenfalls in NRW ansässigen Unternehmen Westfleisch oder Manten nach.
Grenzen für Gewichte und Magerfleisch erhöht. Konkret hat Tönnies die Gewichtsgrenze für das Optimalgewicht um 2 kg rauf gesetzt, die Westfleisch hat den Gewichtskorridor um 1 kg angehoben. Dadurch werden, nach Einschätzung von Experten, die durchschnittlichen Schlachtgewichte der angelieferten Partien auch unter Berücksichtigung der Abzüge für Unter- und Übergewichte um 1 bis 1,5 kg steigen. In Kombination mit der parallelen Erhöhung der Basis von 59 auf 60 % MFA, den damit verbundenen Zu- und Abschlägen für abweichende MFA-Anteile sowie geforderten höheren Schinkengewichten verlieren Herkünfte mit vergleichsweise geringerem MFA stärker. Die Erlösminderung kann bis zu 2,50 €/Schwein betragen. Bei guten, schweren Tieren liegt sie unter einem Euro. Die Unterschiede können zwischen den Masken je nach Herkunft und Qualität gravierend ausfallen.
Die Schlachter begründen die Maskenänderung unter anderem mit einem in den letzten Jahren stetig gestiegenen Muskelfleischanteil. Die Zusammensetzung der Teilstücke habe sich ebenfalls verändert, sodass auch die Erhöhung der Schinkengrenze um 1 kg nötig gewesen sei.
Kommentar. Kein gemeinsames Ziel
Wertschöpfungskette. Vor einigen Wochen wurden – unter anderem von Tönnies und Westfleisch – mal wieder die Abrechnungsmasken für Schlachtschweine geändert. Dass so einseitige Umgestaltungen der Bezahlgrundlage meist nicht zugunsten der Mäster ausfallen, überrascht wenig.
Rechnen sich schwerere Schlachtschweine?
Derzeit moderate Futter- und gleichzeitig recht hohe Ferkelkosten sprechen tendenziell dafür, dass sich höhere Schlachtgewichte für die Schweinemäster rechnen. Am Ende ist die Entscheidung aber immer betriebsindividuell. Nicht zuletzt, da die Genetik ebenfalls eine große Rolle spielt.
Lange stand die Befürchtung im Raum, dass die Effizienz der Futterverwertung zum Mastende stark abnimmt und somit jedes weitere Kilogramm Schlachtgewicht teuer erfüttert wird. Ein aktueller Versuch der Landwirtschaftskammer Niedersachsen unterstreicht aber, dass das bei den heutigen Zuchtlinien und bei einer Erhöhung der Schlachtgewichte um wenige Kilogramm nicht der Fall ist. Geprüft wurde an Ferkeln der Herkunft Topigs Norsvin TN 70 x Tempo, wie Schlachtkörpergewichte von 94 und 98 kg den Überschuss über die Futterkosten beeinflussen. Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht in der Mastleistung (1 130 g Tageszunahmen, 2,35 kg Futter/kg Zuwachs, 1,005 Indexpunkte/kg SG). Auch in der Endmast benötigten die schwereren Schweine nicht mehr Futter/kg Zuwachs als die leichteren Tiere. Das höhere Schlachtkörpergewicht führte in diesem Versuch zu einem höheren Überschuss über den Futterkosten von knapp 6,50 €/Schwein (Übersicht).
Kontraproduktive Maßnahme.
Nach der Erhöhung der Schlachthofvorkosten verschafft sich die Schlachtindustrie mit den neuen AutoFOM-Masken einen weiteren Einkaufsvorteil, urteilt die Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN). Der Trend zu höheren Schlachtgewichten komme möglicherweise bei der derzeitigen Preiskonstellation für Ferkel und Futter der Mast entgegen. Ob die neuen Preismasken allerdings unter Tierschutz- und Nachhaltigkeitsaspekten zu Ende gedacht sind, sei zu bezweifeln.
Auch das Landvolk Niedersachsen sieht diesen Aspekt der Maskenänderung kritisch. Die Schlachtbetriebe forcierten noch stärker die Entwicklung zu mehr Muskelfleischanteil mit negativen Folgen für die gesamte Schweinebranche. Die so betriebene Lenkung auf bestimmte Zuchtlinien enge die genetische Vielfalt ein. Hierdurch erhöhe sich das Risiko des Schwanzbeißens. So werde es noch schwieriger, das Schwanzkupieren zu vermeiden.