Blick in ein Rechenzentrum

Rahmenbedingungen. KI – eine Frage der Energie

Wer bei der KI nicht mithalten kann, verliert – wirtschaftlich, technologisch und auch gesellschaftlich. Wollen wir den USA oder China die Stirn bieten, benötigen wir große Rechenzentren und dafür vor allem ausreichend Strom. Torsten Beyer erklärt, woran es hakt und zeigt Handlungsoptionen auf.

Kaum eine Technologie verspricht derzeit so viel wirtschaftliches Potential wie Künstliche Intelligenz. Doch das hat auch seinen Preis. Die exzessive Nutzung großer Sprachmodelle verschlingt Energie in Größenordnungen, die bislang nur aus der Schwerindustrie bekannt waren. Schätzungen zufolge erzeugt das Training eines einzelnen Modells wie GPT-3 bis zu 550 t CO2 – das entspricht dem Jahresstromverbrauch von rund 380 Haushalten in Deutschland. Über den Stromverbrauch bei der Nutzung existieren keine verlässlichen Zahlen. Er dürfte aber ein Vielfaches betragen, wenn man den zukünftigen Bedarfsmeldungen der großen Tech-Konzerne Glauben schenkt.

Die irische Energiesystem-Forscherin Prof. Aoife Foley bringt es auf den Punkt: »KI-fokussierte Rechenzentren benötigen häufig mehr als 40 kW pro Server-Schrank, einige erreichen sogar 80 kW – im Vergleich zu 5 bis 10 kW in typischen Unternehmensrechenzentren.« Zudem werden Milliarden Kilowattstunden pro Jahr durch ­ineffiziente Software und Prozesse verschwendet. Diesen Faktor hat eigentlich niemand auf der Rechnung, um den Stromhunger zu reduzieren. Nachhaltigkeit beginnt nicht erst im Kraftwerk, sondern in jeder Codezeile.

Bei KI haben die USA den Rest der Welt abgehängt (Investitionen 2024 in Mrd. US-$)

Dr. Ralph Hintemann vom Borderstep Institut warnt: »Rechenzentren werden den Hauptanteil an den CO2-Emissionen der Digitalisierung haben.« Der Energieverbrauch steigt, nicht nur durch neue ­Anwendungen, sondern auch durch den sogenannten »Rebound-Effekt«: Mehr Effizienz führt zu mehr Nutzung und damit zu einem steigenden Energiebedarf. Was technisch besser wird, wird häufiger genutzt. Dieses auch Jevons-Paradox genannte Phänomen kommt die Umwelt teuer zu stehen. Die Lösung liegt nicht nur in technischer Effizienz, sondern in struktureller Suffizienz: Datenvermeidung statt Datenexplosion, gezielte statt pauschale Digitalisierung.

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Neun Kraftwerke nur für Rechenzentren

Deutschland ist heute der größte Rechenzentrumsstandort Europas mit einem Strombedarf von rund 2,7 Gigawatt (GW) im Jahr 2024. Prognosen gehen von einer Steigerung auf 4,8 GW bis 2030 aus (Grafik). Die Bundesregierung rechnet damit, dass bis 2045 über 12 GW benötigt werden. Zum Vergleich: Die maximale Leistung eines Braunkohlekraftwerks beträgt 
1,4 GW und auch die deutschen Atomkraftwerke lieferten 1,4 GW. Das bedeutet: Die Stromleistung von neun großen Kraftwerken muss allein zum Betrieb von Rechenzentren aufgebracht werden. Zwischen 2015 und 2025 sank laut Bitkom allerdings auch der globale Anteil der in Deutschland installierten Server von 3,5 auf 2,5 Prozent. Die Musik spielt vermehrt an internationalen Standorten, die schneller, günstiger und attraktiver sind, auch wenn aktuell vieles in Planung ist. Geplant heißt aber noch nicht gebaut, wie der aktuelle Rückzug von Google aus einem Großprojekt in Brandenburg wegen der langen Planungsphase zeigt.

Rechenzentren sind ein zentraler Treiber des Klimawandels. Zwar sinkt der CO2-Ausstoß pro Recheneinheit dank moderner Technik, besserer Abwärmenutzung und mehr grüner Energie im Strommix. Doch das ­ an Emissionen wächst weiter. Die Vereinten Nationen ­nannten in einem Bericht erstmals Rechenzentren als einen der zentralen Treiber des ­globalen Strommehrbedarfs und damit des Klimawandels. Mit jedem neuen Rechenzentrum steigt auch der Druck auf das Stromnetz, sowohl was dessen Infrastruktur angeht als auch klimatisch. Die Herausforderung besteht darin, das Wachstum der digitalen Infrastruktur mit den Zielen der Energiewende zu vereinbaren.

Gleichzeitig gibt es Fortschritte: Immer mehr Rechenzentren speisen Abwärme in kommunale Netze ein. Ihre Speicher und Notstromsysteme könnten in Zukunft zur Netzstabilisierung beitragen. Studien sprechen von einem Potential von mehreren Gigawatt allein durch sogenannte Last­verschiebung. Doch bislang bleibt ihr Beitrag zur Energiewende weitgehend ungenutzt. Gerade in Deutschland scheitern gute Idee an bürokra­tischen Hürden. 

Anschlussleistung von Rechenzentren (in Gigawatt)