
Milch. Was ändert sich auf Grünland?
Ausnahmen bestätigen die Regel – das gilt auch für die seit Februar vorgeschriebene bodennahe oder streifenförmige Ausbringung von Gülle auf Grünland. Denn zahlreiche Bundesländer haben Schlupflöcher ermöglicht.
Güllesilvester ist längst vorbei und wo es die Witterung zuließ, hat die Gülleausbringung schon vor Wochen begonnen. Seit dem 1. Februar muss dies auch auf Grünland mit Schleppschuh- und Schleppschlauchverteiler oder Gülleinjektoren erfolgen. Denn die bodennahe und streifenförmige Ausbringung gilt als wichtiger Hebel, um Emissionen zu reduzieren. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) die Begriffe so:
- Streifenförmig: Mindestens 50 % der Fläche ist nicht mit dem Dünger benetzt. Der Streifen selbst darf maximal 25 cm breit sein.
- Bodennah: Das Ausbringorgan – z. B. der Schleppschlauch – darf nicht weiter als 20 cm vom Boden entfernt sein.
Einige Bundesländer erlauben Abweichungen
Einige Bundesländer erlauben unter bestimmten Umständen aber Abweichungen. Möglich macht das § 6 Absatz 3 der Düngeverordnung. Dieser besagt, dass die Bundesländer Ausnahmen erlassen dürfen, wenn bestimmte naturräumliche (z. B. hängige, schwer erreichbare Flächen) oder agrarstrukturelle Besonderheiten (z. B. kleinstrukturierte Betriebe oder Flächen) bestehen.
Details zu den Regelungen und erlaubten Ausnahmen, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden, können Sie dieser Übersicht entnehmen.
Einige Bundesländer nutzen darüber hinaus eine weitere Alternative, die die Düngeverordnung bietet. Denn flüssige organische und organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich flüssigem Wirtschaftsdünger, dürfen mittels anderer Verfahren ausgebracht werden, wenn diese zu vergleichbar geringen Emissionen führen.
Im Projekt »AlterMin« unter Federführung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurden mögliche alternative Verfahren hinsichtlich ihrer Emissionen miteinander verglichen. Deren Ergebnisse veranlasste z. B. Bayern, den Breitverteiler für mit Wasser verdünnte Rindergülle (TS-Gehalt < 4,6 %) auf Acker- und Grünland zu erlauben. »Für die Verdünnung muss der bayerische Landwirt keinen Antrag stellen, da die in Bayern zuständigen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenMitte Januar eine Allgemeinverfügung erlassen haben«, sagt Robert Knöferl, Leiter des Instituts für Agrarökologie und Biologischen Landbau der LfL. Auch Nordrhein-Westfalen und Hessen haben die Ausnahme für verdünnte Rindergülle auf Grünland zugelassen. In NRW gilt sie allerdings zunächst für eine einjährige Probephase.
Untersucht wurden bei AlterMin:
- Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen,
- Verdünnung von Gülle mit Wasser,
- Gülleausbringung bei Regen,
- Zugabe von Güllezusätzen.
Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen
Mengenmäßig erfasst wurden hier Ammoniakemissionen in die Luft während der Gülleausbringung bei Lufttemperaturen von etwa 5 °C. Durchgeführt wurde n die Versuche im Winterhalbjahr 2023/2024 am südlichen bayerischen Standort Spitalhof (Kempten) und im nordbayerischen Leutershauen (Triesdorf) in vier Kampagnen:
- Rindergülle unbehandelt, breitverteilt ausgebracht (Schwenkverteiler),
- Rindergülle unbehandelt, mit Schleppschuh ausgebracht,
- Rindergülle 1:1 verdünnt mit Wasser, breitverteilt (Schwenkverteiler) ausgebracht.
Die Güllemenge belief sich auf 20 sowie 40 m3 bei der verdünnten Variante, um die ausgebrachte Ammoniummenge in jeder Variante gleichzuhalten.
Die unverdünnte, breitverteilte Gülleapplikation wies in allen vier Messkampagnen die höchsten Ammoniakemissionen auf. Die Verdünnung 1 : 1 mit Breit- und Schleppschuhverteilung unterschieden sich in ihrer Reduktionswirkung kaum und senkten die Ammoniakemissionen um rund 58 %. Die Ammoniakemission aller Varianten erfolgte zeitnah nach der Ausbringung.
Eine Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen mit dem Breitverteiler ist nicht unbedingt mit geringen Ammoniakemissionen verbunden: Die Emissionen schwankten beim Schwenkverteiler mit unverdünnter Gülle zwischen 3 und 22 % des ausgebrachten Ammoniums.
Ammoniakemissionen während der Lagerung
Bei diesem Vorversuch zur »Verdünnung der Gülle mit Wasser« wurde die Ammoniakfreisetzung von unterschiedlich verdünnter, separierter sowie angesäuerter Gülle während der Lagerung im Labormaßstab gemessen. Neben drei verschiedenen Verdünnungsstufen (Verhältnis 1 : 0,5; 1 : 1 und 1: 2) wurden als Varianten die separierte flüssige Phase sowie die Verdünnung dieser auf einen TS-Gehalt von 3 % festgelegt. Als Kontrollvariante diente unbehandelte Gülle mit einem TS-Gehalt von 7,4 % und Stickstoff gehalten von 3 kg/m3 Gesamt-N bzw. 1,2 kg/m3 Ammonium-N. Außerdem gab es die Variante Gülle-Ansäuerung durch Milchsäure (pH-Wert 6,4). Alle Varianten wurden in vierfacher Wiederholung über vier Wochen getestet. Erfasst wurden die Ammoniakkonzentration und die Konzentration der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4).
Eine signifikante Ammoniakminderung war nach einer Lagerdauer von vier Wochen durch die kontinuierliche pH-Wert-Absenkung mit Milchsäure auf pH 6,4 messbar. Daneben zeigte sich auch bei der Verdünnung 1 : 0,5 eine signifikante Ammoniakminderung, während sich die Ammoniakfreisetzung bei höheren Zugaben von Wasser (Verdünnung 1 : 1 und 1 : 2) nicht von der Kontrolle unterschied. Die Differenzen zwischen den Verdünnungsstufen wurden auf die Ausprägung der Schwimmschicht abgestellt, die mit zunehmender Wassermenge abnahm.
Auch bei der separierten flüssigen Phase mit einem TS-Gehalt von 4,8 % bzw. Gehalten an N-Gesamt- und Ammonium-N von 2,9 bzw. 1,2 kg/m³ gab es keinen signifikanten Unterschied zur Kontrollvariante. Eine Verdünnung der flüssigen Phase auf einen TS-Gehalt von 3 % führte aber zur erhöhten Freisetzung von Ammoniak.
Gülle-App als digitale Hilfe
Die GülleAppBayern ist ein freiwilliges Angebot der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Sie fasst für den Landwirt alle möglichen und gültigen Ausnahmeregelungen des eigenen Betriebes von der Verpflichtung zur bodennahen, streifenförmigen Gülleausbringung übersichtlich zusammen. Die Daten des Mehrfachantrags werden automatisch eingelesen. Außerdem erhält der Nutzer die aktuelle Wettervorhersage, um möglichst bei optimalem »Güllewetter« eine emissionsarme Ausbringung vorzunehmen. Ebenso wird automatisch die Betriebsgrößengrenze von 15 ha für eine Befreiung von der Verpflichtung zur bodennahen, streifenförmigen Gülleausbringung inklusive aller abzugsfähigen Flächen berechnet.
Nach der Auswertung wird dem Benutzer für jede Dauergrünlandfläche grafisch für die nächsten Wochen dargestellt, ob und wie (bodennahe, streifenförmige Ausbringtechnik oder Breitverteilung) die Rindergülle ausgebracht werden darf. Das Ergebnis kann zusätzlich als PDF-Dokument abgerufen werden.
Verdünnung von Rindergülle mit Wasser
Dass eine Gülleverdünnung mit Wasser zu einer Minderung der Ammoniakemissionen führt, ist seit Langem bekannt. Auch unter der Voraussetzung, dass jeweils die gleiche Menge an Stickstoff ausgebracht wird. Aber in welcher Größenordnung sollte die Verdünnung erfolgen, damit die Ammoniakemissionen nach der Ausbringung mit dem Breitverteiler gleich hoch sind, wie beim Schleppschuh? Inwieweit bewirkt das Ausbringen der flüssigen Phase der separierten Rindergülle mit dem Breitverteiler eine relevante Emissionsminderung? Um diese Fragen zu klären, fand im Laufe des Jahres 2024 (ergänzend zu den Versuchen im Winterhalbjahr) im Allgäu ein Versuch auf Kleinparzellen statt.
Folgende Varianten wurden untersucht:
- Kontrolle ohne Düngung,
- 1 : 0,5 (Gülle zu Wasser) verdünnte Rindergülle, breitverteilt mit Versuchsgüllefass,
- 1 : 2 verdünnte Rindergülle breitverteilt,
- Rindergülle unbehandelt breitverteilt,
- flüssige Phase einer zuvor separierten Rindergülle breitverteilt,
- Rindergülle unbehandelt, Schleppschuh des Versuchsgüllefasses.
Bei diesem Verdünnungsversuch wurden die höchsten Ammoniakkonzentrationen bei der unbehandelten und zudem breitverteilten Gülle gemessen. Unbehandelt bedeutet hier: Kein weiterer Wasserzusatz gegenüber der »Gülle unbehandelt« mit 7,1 % TS und 1,4 kg NH4-N/m3. Am zweitstärksten emittierte die flüssige Phase (5,2 % TS, 1,4 kg NH4-N/m3) der separierten Gülle. Sie konnte aber in etwa das Niveau des Schleppschuhs sowie der 1 : 05 verdünnten Gülle (4,7 % TS, 0,9 kg NH4-N/m3) erreichen.
Die Separation brachte im Vergleich zur unbehandelten Gülle nur einen um rund 10 % verminderten TS-Gehalt, aber keine Minderung des Ammoniumgehalts. Gerade deshalb ist bei separierter Gülle eine emissionsarme, streifenförmige Ausbringtechnik sinnvoll. Auch in diesem Versuch bestätigte sich, dass mit der Schleppschuhtechnik gegenüber der Breitverteilung eine signifikante Minderung der Ammoniakemissionen erreicht wird.
Die Zugabe von mehr Wasser auf ein Mischungsverhältnis von 1 : 2 bzw. 3,6 % TS und 0,5 kg NH4-N/m3 führte zu der höchsten Ammoniakemissionsreduktion. Über die Hälfte der Ammoniakverluste traten bei allen Varianten innerhalb von 24 Stunden nach der Ausbringung auf. Über 90 % waren es dann innerhalb von 3,5 Tagen. Das entkräftet auch den manchmal geäußerten Verdacht, dass beim Einsatz des Schleppschuhs Ammoniak zeitlich stark verzögert emittiert.
Regenversuch
Gängige Empfehlung ist es, Gülle möglichst bei bedecktem Himmel und/oder leichtem Regen auszubringen. Könnte ein Ausbringen von flüssigem Wirtschaftsdünger vor oder während leichtem Regenfall ein »alternatives Verfahren« sein? Hierfür wurden verschiedene Varianten getestet:
- Kontrolle ohne Düngung,
- geplante Applikation von unbehandelter Gülle breitverteilt. Die Ausbringung erfolgte am Anfang, gegen Mitte und nach Ende des Regenfalls.
Zu unsichere Wetterbedingungen. Während der Testphase blieb der vom Wetterdienst gemeldete Landregen weitestgehend aus. Dies führte zu einer sehr schwachen Verdünnungswirkung. Hinzu kam die Verdunstung der applizierten Gülle gerade in der entscheidenden Zeit nach der Applikation. Unterschiede in dem Emissionsverhalten in Abhängigkeit des Zeitpunktes der Gülleapplikation konnten nicht festgestellt werden. Die exakte Vorhersage des regionalen Niederschlags ist extrem schwierig. Dadurch ist das Planen eines optimalen Ausbringungsfensters mit ausreichender natürlicher Verdünnungswirkung der Gülle durch Regen nicht möglich.
Gülleadditive
Eine bessere Fließfähigkeit, weniger Gerüche im Lager bzw. bei der Ausbringung und ein positiver Effekt auf den Pflanzenbestand und die Nährstoffausnutzung – das sollen Güllezusatzstoffe bewirken. Sind Gülleadditive auch ein »alternatives Verfahren« mit relevantem Ammoniakreduktionspotential? In diesem Versuch wurden drei Gülleadditive im Vergleich zu unbehandelter Rindergülle und einer Kontrollvariante ohne Düngung getestet. Im Ergebnis war in diesem Fall kein Einfluss der Additive auf die Ammoniakemissionen während der Ausbringung mit Breitverteilung festzustellen.
Fazit. Die Ergebnisse des Projektes AlterMin zeigen, dass nur die Gülleverdünnung mit Wasser ein geeignetes, »alternatives Verfahren« zur bodennah-streifenförmigen Technik ist. Aus den mit AlterMin erzielten Versuchsergebnissen sowie aus Literaturquellen konnte dabei ein Trockenmassegehalt von maximal 4,6 % bestimmt werden.
Der Beitrag basiert auf dem vorläufigen AlterMin-Projektbericht der LfL. Weitere Informationen finden Sie unter www.lfl.bayern.de/iab/duengung/365195/index.php.