Vertragslandwirtschaft. Notlösung oder Zukunft?

Kartoffeln, Gemüse, Hähnchen – die Vertragsproduktion ist in einigen Sparten ein gängiges Modell zur Rohstoffsicherung. Mit Arnold Krämer und Stefan Teepker diskutieren wir die Vor- und Nachteile sowie verschiedene Modelle der Vertragsgestaltung.

Landwirte haben mit der Masse ihrer Produkte Verarbeiter nötig, die ihre Erzeugnisse überhaupt erst konsumfähig machen. Mit Ausnahme von Obst, Gemüse und Eiern muss alles irgendwie weiterverarbeitet werden. Bei den großen Haupterzeugnissen finden wir neben den privaten auch genossenschaftliche Verarbeitungsstrukturen, die die Abnahme sichern.

Auch für die Seite der Lebensmittelhersteller gibt es gute Gründe, die landwirtschaftlichen Rohstoffe aus Vertragsanbau zu beziehen. Er kann besonders bei Produkten mit speziellen Qualitätseigenschaften und eingeschränkter Verfügbarkeit helfen, die Versorgungssicherheit zu verbessern. Darüber hinaus kann der Abnehmer bei Vertragsanbau direkt Einfluss auf die Produktion nehmen. So etwa die Sorte, Anbauverfahren oder sogar Zeitpunkt von Saat und Ernte vorgeben, um spezielle Qualitäten im Ernteprodukt sicher
zu stellen. So ist der Vertragsanbau bei Standardprodukten wie Brotweizen oder Rohmilch weniger üblich. Dafür aber bei allen spezielleren Produkten oder auch bestimmten regionalen Herkünften und Qualitäten.

Mit dem Dreiklang aus Planungssicherheit, Klarheit und Vertrauen zum Erfolg. Vertragsanbau – das steckt schon im Namen – braucht klare und nachvollziehbare Regeln, die von beiden Vertragspartnern akzeptiert sind. So ist er nichts für »Zocker«, die auf einen besonders hohen (Landwirte) oder niedrigen (Verarbeiter) Preis in der Ernte spekulieren. Und er ist auch nichts für »Schlitzohren«, die versuchen, Qualitätsvereinbarungen sehr einseitig zu ihren Gunsten auszulegen. So sollten weder die Unternehmen in Jahren mit guten Ernten und einem gewissen Überangebot am Markt der Versuchung erliegen, Ware wegen vermeintlicher Qualitätsmängel zu »stoßen«.
Wiederum gilt das Gebot von Fairness und Anstand selbstverständlich umgekehrt auch für den Landwirt. Bei der Anlieferung Ware mit Qualitätsmängeln unter einwandfreier Ware »zu verstecken«, gehört sich nicht. Die auf Langfristigkeit angelegte Geschäftsbeziehung sollte durch Vertrauen und Fairness geprägt sein.

Für gute, langfristig angelegte Partnerschaften braucht es mehr als gute Verträge. »Man sitzt gewissermaßen im gleichen Boot und die Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit der Marktpartner ist zum Teil sehr groß«, sagt Berater Arnold Krämer. Man sieht es beispielsweise immer wieder am Vergleich der Milchauszahlungspreise, die je nach Molkerei unterschiedlich hoch sind. Das hat mit der Leistungsfähigkeit der Vermarkter zu tun, mit deren Marktstellung und Produktpalette. So sind Sie als Vertragslandwirte nicht nur abhängig vom Geschehen auf den wichtigsten Märkten, sondern auch von den Produkten, Investitionen, Innovationen und Erfolgen der Abnehmer.

Die Hähnchenmast ist ein Sektor, in dem die Vertragslandwirte bisher immer eine Vollkostendeckung erreichen konnten. Der hier beispielhaft abgebildete Betrieb zeigt dies eindrucksvoll: In allen Jahren konnten Unternehmergewinne erzielt werden.

Preise und Auszahlung. Vertragsanbau bietet den Abnehmern Versorgungssicherheit und berechenbare Preise. Die Landwirte bekommen nicht nur Marktzugang, sondern auch Planungssicherheit über die Absatzmengen und Erlöse. »Wichtig ist dabei, dass man seine eigenen
Zahlen sehr gut kennt. Das ist die Voraussetzung, um in den Preisverhandlungen auch entsprechend auftreten zu können«, sagt Krämer.
In der Vergangenheit war es so, dass Landwirte immer durch Produktivitätssteigerungen und technischen Fortschritt Kostensteigerungen auffangen konnten. Diese Zeiten sind vorbei. Die Kosten steigen kontinuierlich an, was sich dann auch in den Vertragspreisen niederschlagen muss. Wer da Bescheid weiß, der hat eine bessere Verhandlungsposition als derjenige, der als »Bittsteller« auftritt. »Mitunter sind zwischen Rohstoffproduzent und Verarbeitungsunternehmen z. B. Erzeugergemeinschaften, Viehhändler oder zum Teil völlig eigene Unternehmen zwischengeschaltet, die eine gewisse Marktausgleichsfunktion einnehmen«, ergänzt Krämer. Das ist dann Handschlaggeschäft, was Sie als Unternehmer in Ihrer Verhandlungsposition aber keinesfalls entlastet.

Gut funktionierender Vertragsanbau hängt von vielen Faktoren ab. (Grafik: DLG-Mitteilungen)

Bei Hähnchen entwickeln Mäster und Abnehmer gemeinsam den Markt.

Stefan Teepker, Hähnchenmäster in Handrup im Emsland
Arnold Krämer, Berater in Meppen

Privatunternehmen in der Kette ermöglichen vollkostendeckende Preise für die Erzeugerbetriebe.