
Rapsschädlinge. Immer unberechenbarer
Die Frühjahrsschädlinge sind in den Startlöchern. Verpassen Sie den Termin – oft bereits im Februar – drohen massive Schäden. Die Kontrolle ist mühsam, lohnt sich aber, sagt Rainer Kahl.
Verlängerte Wachstumsperioden, wärmere Winter und der steigende CO2-Gehalt der Luft führen zu einem stärkeren Pflanzenwachstum und höheren Erträgen – die These gab es vor einiger Zeit. Die Winterungen zeigen aber eher stagnierende oder rückläufige Erträge. Statt
des Pflanzenwachstums scheinen vielmehr Krankheiten und Schädlinge von den Klimaverschiebungen zu profitieren. Aus Südwesten breitet sich der Schwarze Kohltriebrüssler aus, Massenvermehrungen von Blattläusen oder wie im vergangenen Herbst von Kohlmotten können ganze Rapsbestände schwer schädigen. Manchmal sind es auch Mäuse, in nassen Jahren Schnecken.
Aktuelle Lage eher entspannt
Die aktuelle Lage der Rapsbestände ist überwiegend gut, zum Teil sogar sehr gut. Schwächere Bestände finden sich in Mitteldeutschland
sowie Bayern und Baden-Württemberg. Die Gründe liegen in späteren Saatterminen, einem schwierigen Feldaufgang und vor allem im Süden lang anhaltender Nässe/Staunässe. Aber die Frühjahrsschädlinge sind gefühlt ein Stück unberechenbarer geworden. Ihr Erstzuflug,
die Eiablage und Larvenentwicklung sind eben stark witterungsabhängig. Das Beispiel der Frühjahrsrüssler in den vergangenen Jahren verdeutlicht dies: Voraussetzung für den Start dieses Schädlingszufluges sind Lufttemperaturen im zweistelligen Bereich plus Bodentemperaturen, die etwa 5 – 6 °C überschreiten. Zusätzlich dürfen die Böden nicht zu feucht und der Wind nicht zu stark sein. Kleinräumig kann dies in windgeschützten Lagen mit Südausrichtung schneller überschritten werden als vermutet. Keine Region Deutschlands kann sich sicher fühlen, auch wenn der Südwesten beim Startzuflug den Anfang macht. Großer Rapsstängelrüssler und Gefleckter Kohltriebrüssler fliegen an den ersten frühlingshaften Tagen schon in größerer Zahl zu. Diese ersten Zuflugtage – oft im Februar – darf man nicht verpassen (Gelbschale)!
Bekämpfungsrichtwert nicht zu statisch sehen
Der große Vorteil des Bekämpfungsrichtwertes: Er gibt eine Orientierung, um die Fangzahlen einzuordnen. Auch wenn sie sich zwischen den Gelbschalen unterscheiden können. Zur Einordnung der Schädlingsgefährdung sollten aber neben den Schädlingszahlen auch der Rapsbestand, die Wetterprognose, Stressfaktoren und der Faktor Zeit einbezogen werden. Beim Rapsglanzkäfer findet sich dieser Ansatz
schon in der Halbierung des Bekämpfungsrichtwerts bei schwachen Rapsbeständen. Dazu zwei Beispiele:
- Beispiel 1: Es werden in drei Tagen genau 5 Große Rapsstängelrüssler (RSR) in der Gelbschale (rund) gefunden = Behandlung empfohlen. Der Rapsbestand ist allerdings kräftig mit guter Bestandesdichte. Der Wetterbericht prognostiziert noch zwei weitere Tage mit günstigen Zuflugbedingungen. Eventuell ergibt es Sinn, den Behandlungstermin noch ein bis zwei Tage nach hinten zu schieben, um den erwarteten weiteren Zuflug mit abzudecken. Auch wenn dann am nächsten Tag 8 RSR in der Gelbschale sind.
- Beispiel 2: Es werden in drei Tagen 3 RSR plus 10 Gefleckte Kohltriebrüssler (KTR) in der Gelbschale gefunden = keine Behandlung empfohlen. Der Bestand ist aber dünn und schwach, noch mit einigen Erdflohlarven als Altlast. Der Wetterbericht sagt 14 Tage wechselhaftes Regenwetter an. Wahrscheinlich ist es sinnvoll, noch vor dem Wetterwechsel die Befahrbarkeit für eine Behandlung zu nutzen und die Eiablagebeider Schädlinge zu unterbinden.
Treffen Schädlinge zu einem ungünstigen Termin auf schwache oder gestresste Rapsbestände, kann bereits ein mittlerer Befallsdruck wirtschaftliche Schäden verursachen. Ein wüchsiger Bestand kann andererseits meist mehr kompensieren als man ihm zutraut. Was zählt, ist Kontrolle, das richtige Fingerspitzengefühl und nur bei Bedarf eine gezielte Behandlung.
Im Raps treten Schädlinge wie z. B. Rapserdfloh oder Rapsglanzkäfer über lange Zeit als Larven oder adulte Käfer im Bestand auf. Sie unterliegen bei Insektizidbehandlungen einem besonders hohen Selektionsdruck, da sie auch bei Behandlungen gegen andere Schadinsekten mitgetroffen werden, so wird mehrfach auf Resistenz hin selektiert. Dies gilt gleichermaßen für Larven und Adulte. Durch die langjährige und einseitige Nutzung von Pyrethroiden sind Resistenzen zum Problem geworden. Die empfohlene Anti-Resistenzstrategie für 2025 zielt auf die Eingrenzung der Resistenzentwicklung bei gleichzeitig hinreichendem Bekämpfungserfolg ab.
Spezialfall: Rapserdflöhe in der Gelbschale
Ziel der Gelbschalen im Frühjahr ist die Überwachung der Frühjahrsrüssler (RSR, KTR). Bedingt durch nachlassende Bekämpfungserfolge im Herbst sowie mehrere aufeinanderfolgende zu warme Winter sind mittlerweile aber immer häufiger adulte Rapserdflöhe in den Gelbschalen zu finden. Ein Warnsignal, denn diese Erdflöhe sind nicht schon da, sie sind noch da, seit dem Spätherbst. Und seitdem konnten die Weibchen in wärmeren Phasen Eier ablegen. Nach klassischer Lehrmeinung schlüpfen Erdfloh-Larven im Oktober/November und können über Winter bis in den Vegetationskegel vordringen und ihre Schäden anrichten. Sie befinden sich im zeitigen Frühjahr entweder noch als große L3-Larven in den Pflanzen oder haben sich bereits zur Verpuppung in den Boden begeben. In den
letzten warmen Wintern war zu beobachten, dass auf vielen Schlägen die Larvenzahlen zum Frühjahr hin sogar deutlich gestiegen sind. Dabei konnten in Blattstielen, Seitentriebsanlagen und jungen Sprossteilen noch im März/April kleine L1- und L2-Larven gefunden werden, die offensichtlich erst im Winter/Frühjahr geschlüpft waren. Selbst in der Blüte stecken manche befallenen Pflanzen bis in die obersten Triebe voller Larven.
Die Gelbschalen lieber zu früh als zu spät aufstellen
Bei der Interpretation der Fänge in den Gelbschalen (GS) gibt es einige Fehlerquellen:
- spät aufgestellt (oder gar nicht)
- schlechter Standort
- nicht kontrolliert
- nicht ausgeleert, nicht nachgefüllt
- mit oder ohne Gitter
- Ergebnisse je nach Größe (eckig oder rund, Magic Trap)
- Bekämpfungswerte abgeleitet von den großen eckigen GS
- die Schädlinge sind nicht in der GS, aber im Bestand.
Gelbschalen waren die Grundlage für die Entwicklung der Bekämpfungsrichtwerte. Erste Neuerung war dann die Gitterabdeckung, um den Beifang von Bienen und anderen Nützlingen zu vermeiden. Die bis dahin geltenden Bekämpfungsrichtwerte wurden zum Ausgleich für die gesunkene Fängigkeit gedrittelt. Runde Gelbschalen erwiesen sich als einfacher in der gesamten Handhabung und haben sich
durchgesetzt, nicht zuletzt, da sie von der Industrie gern verteilt werden. Ihre Fangfläche ist aber deutlich kleiner. Die mit Abstand kleinste Fangfläche besitzt die Magic Trap. Stellt man alle drei Gelbschalentypen nebeneinander, wird man der Größe entsprechend unterschiedliche Fangzahlen erreichen. Der für die Behandlungsentscheidung herangezogene Bekämpfungsrichtwert gilt allerdings
einheitlich (s. u.). Ein Tipp für die Nutzer der Magic Trap: Zur Kontrolle noch eine runde oder eckige Gelbschale danebenstellen.
Die wichtigste Grundregel bleibt: Augen auf! Beim Aufstellen und bei jeder GS-Kontrolle sollten Sie aufmerksam sein, sich auch mal hinhocken und ruhig die Pflanzen beobachten. Rüssler sind durchaus scheu. Rapsglanzkäfer halten sich bei kühlen Temperaturen und Wind eher in den unteren Seitenknospen als am Hauptrieb auf und können dort Fraßschäden verursachen.
Bekämpfungsrichtwerte von Rapsschädlingen im Frühjahr:
- Großer Rapsstängelrüssler, ab Erstzuflug bis April, Feststellen des Befalls in Gelbschalen bei >10 °C, Bekämpfungsrichtwert (mit Gitter): 5 Käfer in drei Tagen
- Gefleckter Kohltriebrüssler, ab Erstzuflug bis April, Gelbschalen bei >10 °C, 15 Käfer in drei Tagen
- Rapsglanzkäfer, Frühjahr ab Knospenbildung bis Blühbeginn, Abklopfen vom Haupttrieb, >10 Käfer/Haupttrieb, Richtwert halbieren bei schwachem Bestand
- Kohlschotenrüssler, Blühbeginn bis -ende, Abklopfen vom Haupttrieb, bei schwachem Auftreten der Kohlschotenmücke 1 Käfer/Pflanze, bei starkem Auftreten: 1 Käfer/2 Pflanzen.

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Wie kann es dazu kommen?
Jedes Rapserdfloh-Weibchen kann 400 bis 700 Eier ablegen, dazu braucht es nur einmal befruchtet worden zu sein. Die Eiablage kann
sich dann über einen langen Zeitraum von Ende September bis ins Frühjahr hinziehen. Dabei ist der Rapserdfloh Kühlbrüter und kann auch in milden Winterphasen > + 5 °C weiter Eier ablegen. Die Larven schlüpfen ca. 200°-Tage nach Eiablage (Mittel Tag/Nacht abzüglich 4 °C Mindestbedarf).
Diese Temperatursummen können im Oktober schon nach zwei bis drei Wochen erreicht sein. Über Winter kann es aber auch Monate dauern, bis die Larven schlüpfen. Die Entwicklung erfolgt im Winter natürlich nicht kontinuierlich. Ist es kalt, herrscht Stillstand. Aber jede wärmere Phase gibt einen Schub mit weiterer Eiablage und Reife bereits gelegter Eier. Und so kann in der ersten richtigen Warmphase nicht nur der Rüssler-Erstzuflug starten, sondern manchmal auch eine Erdfloh-Larvenwelle schlüpfen und den Raps besiedeln. Oft bereits im Februar.
Die Schadwirkung dieser Erdfloh-Larven ist wesentlich geringer als im Herbst, sodass Anzahlen von 5 bis 10 Larven/Pflanze in einem gesunden Rapsbestand mit kräftigen Einzelpflanzen keinen wirtschaftlichen Schaden anrichten sollten. Manchmal können aber 20, 30 oder sogar 50 Larven je Pflanze gefunden werden. Das führt dann doch zu reduzierten Seitentrieben und deutlichen Mindererträgen. Die auch im Frühjahr beschriebene Verbuschung wegen abgestorbener Haupttriebe ist eher auf Herbstlarven zurückzuführen, die über Winter bis in den Vegetationskegel gewandert sind.
Behandlungsstrategie – Besonderheiten bei Mittelwahl
Die hier beschriebenen »Frühjahrslarven« des Rapserdflohs können bei geringer Anzahl ignoriert werden, bei deutlich steigenden Larvenzahlen im März/April können sie aber zumindest nerven. Große L3-Larven sind nicht mehr bekämpfbar. Gegen REF-Larven im Herbst konnten im Rahmen der Notfallzulassung Minecto Gold oder Exirel eingesetzt werden. Das ist aktuell nicht mehr zulässig, da
die Zulassungen im Dezember ausgelaufen sind.
Im Frühjahr steht (außer Teppeki) neben den zahlreichen Pyrethroiden nur noch der Wirkstoff Acetamiprid zur Verfügung (Übersicht 2). Bekannt ist Mospilan mit der Zulassung und Empfehlung gegen Rapsglanzkäfer. Carnadine besitzt eine Herbst-Zulassung gegen den Rapserdfloh, Carnadine 200 eine Zulassung gegen den Großen Rapsstängelrüssler und den Gefleckten Kohltriebrüssler. Sie werden in der Bekämpfungsstrategie aktuell nicht empfohlen. Ihre Knock-down-Wirkung gegen adulte Erdflöhe (Carnadine im Herbst) und auch gegen Rüssler im Frühjahr (Carnadine 200) ist schwach. Das erklärt die schlechten Wirkungsgrade gegen die Käfer.
Deutlich bessere Wirkungsgrade können wegen der systemischen Verteilung beim gezielten Einsatz gegen junge Larven erzielt werden, sowohl gegen junge Rapserdfloh-Larven ab etwa Ende Oktober als auch gegen Larven des Gefleckten Kohltriebrüsslers (Carnadine 200).
Auch junge Larven des großen Rapsstängelrüsslers werden so erreicht. Da der Rapsstängelrüssler seinen Schaden aber schon beim Nagen der Eiablagemulde anrichtet, erfolgt die Bekämpfung in dem Fall zu spät. Bei der Rüssler-Frühjahrsbehandlung mit potenten Pyrethroiden und auch mit Carnadine 200 sind bei passenden Einsatzbedingungen noch gute Nebenwirkungen gegen Rapserdfloh-Larven möglich, solange diese klein und aktiv genug sind.
Frühe Rüssler sind ein Fall für potente Typ II-Pyrethroide oder Trebon, falls bereits erste RGK vorhanden sind. Rapsglanzkäfer sollten
Sie am besten mit Mospilan, ab Blühbeginn mit Mavrik Vita (B4) behandeln. Und auf die insektizide Blütenbehandlung lieber verzichten, falls möglich. Während der Rapsblüte sind neben Honigbienen auch die meisten Nützlinge im Raps zu finden, z. B. zahlreiche Schlupfwespen, die sehr erfolgreich die Larven der Rapsglanzkäfer parasitieren können (die Empfehlung des Fachausschusses Pflanzenschutzmittelresistenz zur Schädlingsbekämpfung 2025 finden Sie hier).