
Portrait. Eine Rezeptur für hohe Leistungen
Die Basis für hochproduktive Kühe wird bereits in der Kälberaufzucht gelegt, deshalb hat Familie Fuchte aus Eslohe einen innovativen Kälberstall gebaut. Aber auch das gute Controlling, viel Kuhkomfort und die leistungsstarke Genetik sind Bausteine für die hohe Herdenleistung.
Hohe Leistungen sind nur möglich, wenn Kuhkomfort, Fütterung und Genetik passen. Ein Beispiel dafür ist der Milchviehbetrieb der Familie Fuchte aus Eslohe im Sauerland. Die Herde schaffte 2023 eine Leistungssteigerung von 2 000 kg Milch innerhalb eines Jahres. Aktuell haben die 315 Kühe eine Milchleistung von durchschnittlich knapp 14 380 kg ECM/Kuh bei 3,74% Fett und 3,44 % Eiweiß abgeliefert. Seine Strategie stellte Stefan Fuchte bei der Konferenz der DLG-Spitzenbetriebe in Hohenroda vor.
Kontinuierlicher Ausbau
Die Gegend rund um Eslohe ist zwar eine Milchviehregion, aber sie ist auch für ihre Weihnachtsbaumplantagen bekannt. Das steigert die Konkurrenz um die Flächen und die Pachtpreise. Der Betrieb der Familie Fuchte befindet sich Ortsrandlage. Erweiterungsmöglichkeiten sind dennoch vorhanden. Stefan Fuchte nimmt Rücksicht auf seine Nachbarn. Beispielsweise vermindert er mit seinem E-Hoflader entschieden die Lärmbelästigung für die Anlieger.
Bewirtschaftet werden 150 ha LF und 32 ha Forst. 86 ha sind Grünland. Auf den 63 ha Ackerland werden Mais, Winterweizen und Kleegras angebaut. Nachdem der Vater von Stefan Fuchte bereits 1976 den ersten Boxenlaufstall mit Güllekeller gebaut hatte, wuchs die Milchviehhaltung über die nächsten Jahrzehnte kontinuierlich. Im Jahr 2000 konnte Familie Fuchte Stall und Flächen eines Nachbarbetriebes pachten. Wiederum zwei Jahre später hat sie den Kuhstall dann auf 80 Plätze erweitert. Durch Umbaumaßnahmen im Kälber- und Abkalbebereich war 2008 eine Aufstockung auf 120 Kühe möglich. Aber gleichzeitig stieg auch die Arbeitsbelastung.
Investieren oder reduzieren?
2012 stand Familie Fuchte vor der Entscheidung, entweder die Herde zu verkleinern oder weiter zu wachsen und mit Lohnarbeitskräften zu wirtschaften. Christiane und Stefan Fuchte entschieden sich für die Herdenaufstockung. Sie bauten einen Stall mit 150 Kuhplätzen. »Damit war klar, dass wir auch ein neues Melkzentrum brauchen«, sagt Stefan Fuchte. Eigentlich wollte die Familie den bisherigen Doppel-8er-Melkstand durch einen Doppel-16er Side-by-Side ersetzen. Nach dem Besuch der EuroTier und Gesprächen mit Melktechnikherstellern entschied sie sich jedoch kurzfristig für ein 40er-Außenmelker-Karussell. Es hat einen »Teat Scrubber« zur Zitzenreinigung, eine Zwischendesinfektion und ein automatisches Dippen.
Gemolken wird bereits seit einiger Zeit dreimal täglich. »Dadurch ist die Milchleistung um 15 % gestiegen«, sagt Fuchte. Die Melkzeiten werden möglichst um 6 Uhr, 14 Uhr und 22 Uhr eingehalten. Lediglich die »Trouble-Gruppe« mit Kranken und Problemkühen wird nur zweimal täglich gemolken. Abends melkt eine Person die gesamte Herde alleine. Eine Melkzeit dauert mit zwei Personen etwa zwei Stunden. Mindestens einmal täglich ist Stefan Fuchte selbst dabei, um die Herde besser im Blick zu haben. Ihre Mitarbeiter für das Melken werden Familie Fuchte von einer Agentur vermittelt. »Das ist zwar etwas kostspieliger, gibt uns aber Planungssicherheit«, sagt Fuchte. Die Agentur sorgt z. B. bei Krankheit des Melkpersonals innerhalb kürzester Zeit für Ersatz.
Insgesamt hat der Betrieb 5,5 Arbeitskräfte, wovon 1,8 Familien-AK sind. Regelmäßig werden Auszubildende aufgenommen. Zwei der Söhne haben sich für eine landwirtschaftliche Ausbildung entschieden und arbeiten nebenbei bereits mit auf dem Betrieb.
Noch ganz frisch ist die Übernahme eines weiteren Betriebes am 1. April diesen Jahres. Dort will Stefan Fuchte künftig die Frühtrockensteher unterbringen. Auch die tragenden Rinder gehen dann zur Aufzucht dorthin.
Die Kühe werden möglichst nach Altersgruppen getrennt gehalten. »Es ist ein großer Vorteil, wenn sich die Färsen kennen«, sagt Stefan Fuchte, »So vermeiden wir Rangkämpfe und es hat sehr viel mehr Ruhe in die Herde gebracht«. Es gibt die Gruppen »jung« (Färsen und Jungkühe) und »alt« (Mehrkalbskühe). Schon lange sind die Färsen und die Mehrkalbskühe auch im Abkalbebereich getrennt. Dadurch konnte die Zahl der Kälberverluste deutlich gesenkt werden.
Bei der Fütterung legen wir Wert auf Genauigkeit, das fängt schon beim Laden an«, sagt Stefan Fuchte. Mitarbeiter Marius Hoppe übernimmt das Füttern während der Woche und wird am Wochende von den Söhnen der Familie Fuchte unterstützt. »«Wichtig sind uns dabei eine sehr gute Zerkleinerung und regelmäßige Fütterungszeiten«, sagt Fuchte. Einmal monatlich wird das Income over feed costs (IOFC) berechnet und die Ration gegebenenfalls angepasst.
Die Transitkühe werden möglichst selektiv trockengestellt. In der Regel stehen Kühe 50 Tage trocken und Färsen 58 Tage. Die Kühe wechseln dafür in ihrer möglichst immer gleichen Gruppe vom Zweireiher Liegeboxenstall in einen Zweiraum-Laufstall mit 8 m2 /pro Kuh. Gefüttert wird zweiphasig und die Close up Kühe bekommen eine angesäuerte Ration.
Stefan Fuchte übernimmt die Besamung der Kühe selbst. Frühstens nach dem 60. Laktationstag werden sie wieder belegt. Tiere, die am 80. Tag noch nicht gebullt haben, werden kontrolliert und gegebenenfalls hormonell behandelt. Die Brunsterkennung wird durch eine Aktivitätsmessung unterstützt. Der Besamungsindex der Kühe und Jungrinder liegt derzeit bei 1,8. Mit 25,4 Monaten sei das Erstkalbealter im Moment zu hoch, meint der Betriebsleiter. Sein Ziel sind 24 Monate. Der Remontierungsanteil liegt im Mittel der letzten Jahre bei etwa 25 %. Färsen werden in der Regel gesext besamt.

Der neue Kälberstall ist mit vielen Details versehen, die den Tierkomfort erhöhen und die Arbeit erleichtern.
Alle weiblichen Kälber werden genomisch getestet. »Derzeit können wir nicht selektieren, da wir nur so viele Kälber haben, wie wir zur Remontierung brauchen«, sagt Fuchte. »Wir nutzen die Daten für die Auswahl der Embryotransfer-Tiere und besamen die besten Kühe mit HF-Bullen. Denn 70 bis 80 % der Kühe werden mit Fleischrassen belegt, überwiegend mit Blau-Weißen Belgiern. Durch diesen großen Anteil müssen die Holstein-Besamungen entsprechend zielgerichtet erfolgen. Auch hier ist die genomische Typisierung der weiblichen Nachzucht hilfreich.
Ein neuer, komfortabler Kälberstall
2023 und 2024 hat Familie Fuchte einen neuen Kälberstall auf dem zweiten, gegenüber dem Stammbetrieb liegenden Standort gebaut. Der Kälberstall in zwei Bereiche aufgeteilt. In dem für die jüngeren Kälber abgetrennten Abteilen werden die Tiere zunächst in Einzelbuchten und dann in Gruppen mit je sechs Tieren gehalten. Dafür lassen sich die Trennwände zwischen den Boxen herausnehmen.
Im Alter von 13 Wochen wechseln die Kälber den Stallbereich und stehen dann weiterhin in Sechser-Gruppen auf Stroh bis zum Alter von sieben bis acht Monaten. Während dieser Zeit bekommen sie die TM-Ration der Kühe. Gemistet wird über im hinteren Stallbereich angebrachte Rolltore. Eine Zwangslüftung mit Frischluftzufuhr über einen Tunnel, der unter der Decke befestigt ist, sorgt für gutes Stallklima.
Nach der Geburt werden die Kälber mit 4 l Biestmilch gedrencht und bekommen 12 Stunden später noch einmal 2 l. Die älteren Kälber erhalten Vollmilch, ergänzt bis zur 12. Woche durch Milchaustauscher.
»Durch den Kälberstall haben wir ganz neue Möglichkeiten«, freut sich Fuchte, »wir können unsere Kälber nun vermarkten und müssen sie nicht aus Platzgründen möglichst schnell verkaufen«. Für die Vermarktung ihrer Kreuzungskälber nutzt Familie Fuchte den Auktionsservice des Standorts Münster »Die Preise sind derzeit gut, sodass ein männliches Kreuzungskalb Holstein mal Blau Weißer Belgier schon mal 700 € und mehr bringen kann«.
Mit Controlling zum Erfolg
Mit diszipliniertem Controlling eine gute Tiergesundheit gewährleisten – das ist das Ziel von Stefan Fuchte. Beispiele dafür sind, das tägliche Erfassen der Milchmenge je Gruppe oder das Fiebermessen während der ersten fünf Tage nach der Geburt. Die Trockenmasse der Ration wird wöchentlich ermittelt und auch der pH-Wert bei den Close up Kühen.
Ergänzt werden diese Maßnahmen durch ein monatliches Controlling gemeinsam mit der Tierarztpraxis Kuhkraft. Außer der Erfassung und Analyse von Behandlungsdaten erfolgt währenddessen eine-Auswertung der Milchleistungsprüfungsdaten inklusive Rationsanpassung und eine RFD-Auswertung zur Beurteilung des Ernährungszustandes der Kuhgruppen.
»Unser Rezept für gesunde Kühe und hohe Leistungen ist es, möglichst keine Fehler zu machen«, sagt Stefan Fuchte. Und das erreicht er, durch die intensive Überwachung seiner Herde und das ausführliche Controlling der betrieblichen Daten.