
ASP-Restriktionen. Unbedenkliches Fleisch wird stigmatisiert
Für Mäster in einer ASP-Sperrzone bleibt die Vermarktung von Schlachtschweinen ein riesiges Problem. Aus Sorge vor schlechter Presse lehnt der Lebensmitteleinzelhandel dieses nachweislich sichere Fleisch nach wie vor ab. Die Branche sucht nach Auswegen.
Es herrscht anhaltende Ernüchterung bei Schweinehaltern in betroffenen Regionen: Auch viereinhalb Jahre nach dem ersten Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland gibt es keine durchschlagenden Lösungen, um die großen wirtschaftlichen Schäden zu vermeiden. Besonders teuer sind die extrem lang andauernden Vermarktungsbeschränkungen für Mastschweine und Schweinefleisch aus den Sperrzonen. Dabei wären Erleichterungen möglich, ohne das Ausbreitungsrisiko zu erhöhen.
Die Vermarktung von Frischfleisch ist eingeschränkt
Grundsätzlich kommen im Fall eines ASP-Ausbruchs bei Haus- oder Wildschweinen unterschiedliche Maßnahmen zum Tragen. Rund um einen infizierten Hausschweinebestand wird eine »Sperrzone III« errichtet, um einen Fund bei Wildschweinen eine »Sperrzone II«.
Derzeit kann Schweinefleisch aus einer ASP-Sperrzone III laut EU-Verordnung nach risikomindernder Behandlung (Erhitzung) nur als Verarbeitungsware vermarktet werden und nicht als Frischfleisch. Positiv ist, dass, aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse, die erforderliche Kerntemperatur mittlerweile von 80 °C auf 70 °C herabgesetzt wurde. Das erweitert die mögliche Produktpalette. Die Schlachtung von Schweinen aus Sperrzone III ist nur an einem zugelassenen Schlachthof möglich. Die Schlachtkapazitäten waren hier aber bisher immer zu gering. Das führte insbesondere nach Neueinrichtung von Sperrzonen zu Schlachtstau und Tierschutzproblemen in den Ställen.
Schweine aus einer Sperrzone II dürfen ebenfalls nur an einen zugelassenen Schlachthof geliefert werden. Zwar ist eine Frischfleischvermarktung möglich, allerdings ausschließlich national unter Kennzeichnung mit dem Genusstauglichkeitsstempel (mit zwei parallel durchzogenen Linien). Letzterer findet derzeit keine Akzeptanz im Lebensmitteleinzelhandel aus Sorge vor schlechter Presse. Die Vermarktungsaussichten sind also gering.
Kein Verschleppungsrisiko
Das Fleisch von Schweinen aus ASP-Restriktionszonen ist hochwertig und gesundheitlich unbedenklich. In einer gemeinsamen Stellungnahme von Friedrich-Löffler-Institut (FLI) und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aus dem Monat September 2024 wird das bestätigt. Das Risiko einer Verschleppung des ASP-Virus über frisches Fleisch bzw. Fleischerzeugnisse aus ASP-Restriktionsgebieten wird in der Stellungnahme als sehr gering bis vernachlässigbar eingestuft. Natürlich unter der Voraussetzung, dass die rechtlichen Vorgaben, wie die Schlachtung gesunder Tiere aus überprüften Haltungen, eingehalten werden.
Was muss sich ändern?
Mittlerweile gibt es konkrete Vorschläge, wie eine praktikablere Umsetzung der Seuchenschutzmaßnahmen aussehen könnte. Branchenverbände fordern:
- Mehr Flexibilität bei der Geltungsdauer einer ASP-Sperrzone, wie es auch bei der Geflügelpest gelungen ist. Bereits nach den ersten ASP-Fällen 2020 haben Praktiker aus Brandenburg und Sachsen konstatiert, dass eine 90-Tage-Sperrfrist im Umkreis von 10 km um einen ASP-Ausbruch in Kleinsthaltungen unverhältnismäßig sei für unter höchster Biosicherheit arbeitende Schweinebetriebe.
- Mehr Flexibilität in der begründeten Verringerung des Mindestradius einer ASP-Sperrzone.
- Die Möglichkeiten der Vermarktung von frischem Fleisch aus der Sperrzone III. Dafür bedarf es einer Änderung des EU-Rechts.
- »Freitestung« von frischem Schweinefleisch aus ASP-Restriktionszonen. Nach Beprobung aller Schlachtkörper aus einem ASP-Gebiet und dem Vorliegen ausschließlich negativer Ergebnisse muss ein Inverkehrbringen ohne Einschränkungen möglich sein.
- Herabsetzung der Erhitzungstemperatur für Fleisch aus Sperrzone III auf 68 °C, um die Produktpalette und so die Wertschöpfung für Verarbeitungsware zu vergrößern.
- Eine abweichende Kennzeichnung zum Genusstauglichkeitsstempel mit zwei parallel durchzogenen Linien für Frischfleisch aus Restriktionsgebieten wird benötigt, damit die Stigmatisierung endet. Vorgeschlagen wird ein neutraler Strich- oder Zahlencode. Die Abnehmer von Fleisch müssen hier ihre Verantwortung für die Wertschöpfungskette übernehmen.
Eine Umsetzung der Forderungen ist ungewiss. Die EU-Kommission lehnt die Forderungen bisher ab mit Hinwies auf eventuelle nachteilige Auswirkungen auf den Drittlandshandel für nicht betroffene Mitgliedsländer – eine Position, die Deutschland selbst vehement vertreten hat, bevor die ASP ins Land kam.

Staatliche Unterstützung ist keine Lösung
Zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen von Seuchen sind Hilfszahlungen der öffentlichen Hand im konkreten Fall sicher Gold wert. Sie werden aber überflüssig, wenn politische Energie in Regeländerungen auf EU-Ebene für verbesserte Vermarktungsmöglichkeiten von nachweislich sicheren Produkten gesteckt wird. Das hilft Tierhaltern viel unmittelbarer als bürokratische Anträge auf Entschädigung, schont die Staatskassen und hält die Produktion vor Ort!
Philippinen: Feldversuch zur ASP-Impfung
In Südostasien ist die ASP ein riesiges Problem – insbesondere in den klein strukturierten und für die Versorgung bedeutsamen Hausschweinebeständen. Um die Produktion zu schützen, werden auch Impfungen zugelassen. Die Philippinen erleichterten kürzlich die Auflagen für teilnehmende Betriebe, um das landesweite Impfprogramm zu beschleunigen. Die Betriebe müssen weiterhin strenge Überwachungsprotokolle einhalten. Probenentnahme und Testverfahren sollen sicherstellen, dass geimpfte Schweine frei von ASP sind. Nach Darstellung verschiedener Quellen scheint die Impfung der Hausschweine erfolgreich zu sein. Es wird offenbar ein Rückgang der ASP-Ausbrüche in den letzten Monaten beobachtet.
Der in Vietnam entwickelte Impfstoff wird auch dort eingesetzt (bislang 5,9 Mio. Dosen). In Provinzen mit besonders schweren Ausbrüchen konnte die Krankheit ein bis zwei Monate nach Beginn der Impfungen eingedämmt werden.