England. Herausforderung Ackerfuchsschwanz
In England ist der Werkzeugkasten an Herbiziden breiter gefüllt: Auf der Eaubrink Farm nutzt Leopold Stolberg die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten.
Mut und Risikobereitschaft sowie unternehmerisches Geschick sind in der DNA der englischen Landwirte fest verankert. Allerdings ist auch bei ihnen nicht alles eitel Sonnenschein. Ja, die Freiheit vom EU-Regelwerk klingt auf dem Papier verlockend. In der Praxis aber balanciert man zwischen bürokratischem Neuland (ELMS statt GAP), Erbschaftsteuerreform, einer zunehmend kritischeren Gesellschaft und unkalkulierbaren Rahmenbedingungen seitens der Politik.
Eaubrink Farm
Die B-1103 führt westlich von King’s Lynn schnurgerade über die alten Entwässerungsdeiche der Fens. Dort, wo sich Norfolk in weite, horizontlose Felder öffnet, liegt Eaubrink Farm GmbH, die heute 4 400 ha Ackerfläche bewirtschaftet und damit zu den größten Betrieben Ostenglands zählt. Eigentümer ist seit 1987 die Hamburger Unternehmerfamilie Reemtsma, die damals mit 300 ha startete und das Unternehmen seither kontinuierlich arrondierte. Die schweren, weitgehend drainierten Marschlehme bringen grundsätzlich Hochertragspotenzial – der durchschnittliche Weizenertrag liegt bei 10,5 t/ha – begünstigen aber zugleich massiven Ackerfuchsschwanz‑Druck.
Nachdem sich das Ungras Anfang der 2010er Jahre explosionsartig ausbreitete, entschied die Familie Reemtsma 2013, die Bewirtschaftung wieder komplett in Eigenregie zu führen. »Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Ackerfuchsschwanzbekämpfung«, sagt Betriebsleiter Leopold Stolberg.
Das Herzstück der Bekämpfungsstrategie ist eine weit gespannte Fruchtfolge mit inzwischen 40 bis 50 % Sommerungen. Neben Sommergerste und Ackerbohne steht jedes Jahr ein Kontingent von rund
80 000 t Zuckerrüben als »Reinigungsfrucht« im Kontrakt, was 850 bis 900 ha entspricht. Winterweizen behält seine Rolle als Haupterlösbringer, wird aber – ebenso wie Winterraps – konsequent nur auf Flächen gedrillt, die sich sicher termingerecht spritzen lassen. Denn: »Auf den schweren Böden bringt schon eine Handvoll Ackerfuchsschwanz-Pflanzen pro m2 Ertragsverluste von bis zu 1 t/ha Winterweizen«, betont Stolberg.
Alle Stoppelflächen gehen zu 100 % in die Scheinsaat: Nach der Ernte arbeiten zwei Köckerling-Vario-Grubber zunächst flach, später tiefer. Das Ziel: Unkraut keimen lassen, dann oberflächlich abtöten – notfalls zweimal, bevor gesät wird. Hohe Aussaatstärken von etwa 385 Körnern/m² sollen den Konkurrenzdruck der Kultur zusätzlich erhöhen. Auf Problemschlägen greift Stolberg notfalls zur Ultima Ratio: 2025 wurden 35 ha komplett stillgelegt, um die Samenbank auszuhungern.
Mechanik vor Chemie
Herbizide setzt Stolberg erst ein, wenn mechanische Maßnahmen ausgereizt sind – angesichts resistenter Ackerfuchsschwanz-Populationen eine pflanzenbauliche Notwendigkeit. Der Werkzeugkasten ist dabei breiter als in Deutschland. Im Vorauflauf kommt Luximo (Cinmethylin) in Kombination mit Flufenacet zum Einsatz; Pyroxasulfone‑ oder Prosulfocarb‑Mischungen folgen je nach Resistenzsituation. Späte Glyphosat‑Stoppelanwendungen ergänzen das System. Außerdem setzt man auf feste Fahrgassen. Die Verdichtung bleibt auf 8 % der Fläche fixiert, während 92 % der Bodensohle lockerer bleiben und sich Ackerfuchsschwanz schlechter etabliert.
Thomas Künzel