CO2-Fußabdruck. Minus 20 % sind möglich
Zucht, Fütterung und Güllemanagement – das Potential zur CO2-Reduzierung in der Schweineproduktion ist groß. Noch fehlen allerdings allgemein akzeptierte Bewertungssysteme und entsprechende Marktanreize, um es zu entfesseln, zeigt Éva Gocsik.
Bis 2030 sollen die Klimagasemissionen in der EU um 55 % sinken. Das gilt auch für die Schweinefleischproduktion. Handlungsdruck entsteht dabei vonseiten der Finanzierung (EU-Taxonomie). Hinzu kommen freiwillige Marktinitiativen, z. B. vom Lebensmitteleinzelhandel. Die Emissionen von Schweinefleisch werden aber auch durch Vorgaben zur Steuerung von Nährstoffkreisläufen und Änderungen der Tierschutzstandards (mögliche Emmisionssteigerung) beeinflusst.
Eine Reduktion der Emissionen ist schon mit heutigen Mitteln möglich. Nach Einschätzung von RaboResearch kann der CO2-Fußabdruck pro Kilogramm Schweinefleisch in Westeuropa bis 2030 um mindestens 22 % sinken. Dieses Szenario geht von der Verwendung von 100 % entwaldungsfreiem Soja für Schweinefutter, einem verstärkten Einsatz von Nebenprodukten und lokalen Futterkomponenten, einer Steigerung der Futtereffizienz und der Tageszunahmen sowie einem besseren Güllemanagement aus. 8 % der Emmissionssenkung werden auf den »normalen Fortschritt« zurückzuführen sein, z. B. die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und Produktivitätssteigerungen entlang der gesamten Kette (Grafik 1).
Futter und Gülle – Hotspots der Treibhausgasemissionen. Da Futter und Gülle die größten Quellen für die Emissionen in der Lieferkette sind, bieten sie auch das größte Reduktionspotential. In konventionellen Schweinehaltungssystemen in Westeuropa sind Futtermittel (Produktion, Verarbeitung, Transport und Landnutzungsänderungen) für 48 % der gesamten Emissionen der Lieferkette verantwortlich. Die Emissionen aus der Schweinehaltung (Gülle, Verdauung, Energieverbrauch) machen 40 % aus, und die ab Mastende (Verarbeitung, Transport) 12 % (Grafik 2). Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern Europas und einzelnen Lieferketten. Auch die Schwankungen zwischen Schweinehaltungsbetrieben können relativ groß sein. Wie viel Klimagas künftig durch die Schweinefleischerzeugung freigesetzt wird, hängt maßgeblich vom Produktionsniveau ab.
Fütterung. Es gibt drei Ansatzpunkte zur Senkung der Treibhausgasemissionen aus Futtermitteln:
- Entwaldungsfreie Futtermittel. Die Eliminierung des Landnutzungsänderungselements aus Futtermitteln wird zu einem Schwerpunktthema in der europäischen Futtermittelindustrie. Soja aus entwaldungsfreiem Anbau hat einen bis zu 90 % geringeren CO2-Fußabdruck. Eine weitere Alternative ist der Einsatz anderer proteinreicher Komponenten, wie Geflügelmehl und proteinreiche Nutzpflanzen (z. B. Lupine, Grasprotein). So beträgt der CO2-Fußabdruck von Geflügelmehl nur ein Viertel des von Sojaextraktionsschrot.
- Verstärkte Nutzung von Reststoffen. Der Einsatz von Nebenprodukten und »Abfällen« aus der Lebensmittelindustrie ist eine weitere Möglichkeit, Emissionen zu reduzieren. In Europa ist das ungenutzte Potential relativ hoch. 2017 wurden nur 5 % der gesamten Lebensmittelverluste und Lebensmittelabfälle in der EU in Tierfutter umgewandelt.
- Verbesserung der Futterverwertung. Zuchtprogramme zielen darauf ab, die Futterverwertung kontinuierlich zu verbessern und so die Emissionen im Schweinebetrieb zu senken. In den EU-Veredlungshochburgen hat sich die Futterverwertung in den letzten zehn Jahren um etwa 4 % erhöht. Der Einsatz von Präzisionsfütterungstechniken hat das Potential, die Futtereffizienz weiter zu steigern.
- Güllemanagement. Durch eine häufigere Entfernung der Gülle aus den Ställen, anstatt sie monatelang im Güllekeller zu lagern, können die Treibhausgasemissionen der Gülle um 80 bis 90 % gesenkt werden. Kombiniert mit der Verwertung in Biogasanlagen lässt sich die Klimabilanz zusätzlich verbessern. Zudem bringt die Reduktion der Emissionen an der Quelle häufig ein besseres Stallklima mit sich, das zu mehr Tierwohl, Tiergesundheit und schließlich auch Produktivität führt.