Kot-Harn-Trennung. System mit Zukunft
Was können Schweinemäster für Klima und Tierwohl tun? Vieles – wenn es sich rechnet. Die Kot-Harn-Trennung ist eine Möglichkeit, viele Ansprüche unter einen Hut zu bekommen.
Tierwohl, Emissionsminderung, Kupierverzicht – die Ansprüche an die Schweinehaltung sind groß. Ebenso groß sind die Unsicherheiten hinsichtlich der politischen und genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen. Welche Optionen haben Mäster, die dennoch einen ersten Schritt in Richtung höherer Haltungsformen wagen wollen?
»Es sind vor allem jüngere Betriebsleiter, die mit dem Umbau eines alten Stallgebäudes Erfahrungen sammeln wollen«, so Dietz Wiechers, Berater für Schweinehaltung für die Goldschmaus Gruppe. Er begleitet Schweinemäster, die auf höhere Haltungsformen (HF) umstellen möchten.
Die Goldschmaus Gruppe hat ein Programm der HF 3 (Außenklima) in Verbindung mit den Anforderungen des Tierschutzbundlabels aufgelegt. Es verlangt die Haltung von Schweinen mit Ringelschwanz, GVO-freie Fütterung und 1,3 m2 Platz/Tier. Davon sind mindestens 0,6 m2 als planbefestigte, eingestreute Liegefläche einzuhalten. Hierdurch werden die Anforderungen des Tierschutzbundlabels in der Einstiegstufe (ein Stern) erreicht. Der höhere Aufwand wird mit einem festen Zuschlag auf die VEZG-Preisempfehlung vergütet. Dieser orientiert sich laut Wiechers an den Mehrkosten, die einem durchschnittlichen Betrieb für die erhöhten Haltungsanforderungen entstehen. Die Goldschmaus Gruppe bietet mehrjährige Vermarktungsverträge an.
Die Kot-Harn-Trennung ist eine Option beim Umbau bestehender Ställe, so Wiechers. Betriebsleitern, die sich dafür entschieden haben, war neben mehr Tierwohl auch eine deutliche Senkung der Emissionen wichtig. Bereits deren Entstehung wird durch die Trennung von Kot und Harn deutlich reduziert. Und: Ein Verfahren mit Festmist kam für die Betriebsleiter nicht infrage.
Bei der Umsetzung haben sich die Schweinehalter am Schauer-System »Naturline« orientiert. Durch den Anbau eines Auslaufs an den bestehenden Stall konnte die Einteilung der Bucht in drei Funktionsbereiche erreicht werden: Innen eine planbefestigte Fläche als Liegebereich mit optionaler Fußbodenheizung, bodenbedeckende Stroheinstreu sowie eine Zuluftführung über den Zentralgang mit Kühlmöglichkeit für heiße Sommertage.
Im Auslauf befindet sich der Tränke- und Kotbereich mit Kunststoffrosten und darunterliegender Schieberentmistung mit Harnrinne zwecks Kot-Harn-Trennung. Der Fress- und Aktivitätsbereich wurde von den Betrieben je nach vorhandener Stallhülle entweder außen oder innen angeordnet. Gefüttert wird mit Trockenfutterautomaten bei einem Tier : Fressplatzverhältnis von maximal 3 : 1. Der Zugang zum Außenbereich erfolgt über eine sogenannte Rüsseltür. »Zur Einhaltung des Kotbereichs außen trägt ganz wesentlich bei, dass die Buchtentrennwand im Liegebereich verschoben werden kann. So lässt sich die feste Fläche entsprechend dem Alter und Gewicht der Tiere anpassen und eine Verschmutzung verhindern«, erläutert Wiechers. Die Erfahrung zeigt, dass die Buchtenstruktur von den Tieren sehr gut angenommen und eingehalten wird.
Das Einstreuen kann sowohl automatisch als auch per Hand erfolgen. Letzteres bedeutet natürlich einen höheren Arbeitszeitaufwand je Tier im Vergleich zur konventionellen Haltung. Die für die Mast von Schweinen mit Ringelschwanz notwendige intensivere Tierbeobachtung kann allerdings parallel dazu erledigt werden.
Nach Wiechers Erfahrungen verschlechtert sich die Futterverwertung bei Umstellung auf HF 3 oder 4 durch mehr Platz und dem Außenklimareiz auf etwa 1 : 3.
Emissionsminderungspotential. Ergebnisse der KTBL-Projekte EmiMin und EmiDat ergeben für die Kot-Harn-Trennung ein NH3-Minderungspotential von 60 bis 70 % gegenüber einem Standard-Vollspalten-Warmstall. Das Problem: Derzeit fehlt es noch an der Anerkennung dieser Werte durch deutsche Genehmigungsbehörden. In Österreich ist man da bereits weiter.
Wiechers meint: »Für Betriebe in veredlungsintensiven Gebieten hat die Kot-Harn-Trennung vor dem Hintergrund von TA Luft und BImSch-Gesetzgebung das Potential, »Luft« für bauliche Veränderungen hin zu mehr Tierwohl zu verschaffen.«
Marktchancen. Die von Wiechers betreuten Betriebe nutzen zusätzlich Förderprogramme des Landes Niedersachsen: Die Ringelschwanzprämie in Höhe von 21 € je Mastschwein plus eine »Auslaufprämie« von 37 €. Diese Zusatzeinnahmen reduzieren das Investitions- und Vermarktungsrisiko erheblich und erleichtern einen Einstieg in die HF 3. Allerdings werden diese Prämien im Zuge des vom Bund aufgelegten Förderprogramms Tierwohl wegfallen. Nach Einschätzung von Wiechers kommen aktuell jedoch deutliche Signale aus dem LEH, die angekündigte Umstellung des Frischfleischangebots auf HF 3 und höher auch tatsächlich in die Realität umzusetzen. Das bietet die Perspektive eines langfristigen Absatzes.
Vergleichbarkeit fehlt noch
CO2-Fußabdruck. Landwirtschaftskammern und Landesanstalten bieten die Berechnung einer Klimabilanz von Schweinefleisch an. Auch privatwirtschaftliche Unternehmen (z. B. Tönnies, BASF, Evonik etc.) stellen Tools zur Verfügung.
Exemplarisch für die Schweinehaltung in Nordwestdeutschland hat das Agrar- und Ernährungsforum (AEF) CO2-Fußabdrücke in 20 Betrieben aus dem Oldenburger Münsterland mit insgesamt 95 Mastdurchgängen ermittelt. Verwendet wurde die Berechnungssoftware Optenics. Demnach liegt das »Standard-Schwein« bei 3,9 kg CO2-Äquivalenten (eq) pro kg Schlachtgewicht, was rund 20 % unter dem EU-Durchschnitt von etwa 5 kg CO2-eq/kg SG liegt (FAO). Ein Betrieb fiel mit einem Ausstoß von 3,5 kg CO2 eq/kg SG besonders positiv auf. Dieser Wert könne beispielsweise als Zielerreichungsgrad für alle Betriebe angestrebt werden, so das AEF.
Das Problem: Die von verschiedenen Akteuren berechneten CO2-Fußabdrücke sind nicht miteinander vergleichbar, da sie auf unterschiedliche Datenbanken zurückgreifen. Hinzu kommt, dass die Daten noch Lücken haben und z. B. nicht alle emissionsmindernden Haltungsverfahren abbilden. Diese können somit nicht in der Klimabilanz von Schweinefleisch berücksichtigt werden. Dabei sind die 0,5 kg CO2-eq/kg SG, die aktuell der Güllelagerung zugeschrieben werden, nicht unerheblich.