Humusprogramme. Diese Anreize locken am meisten
Das Thema Carbon Farming ist in aller Munde. Doch unter welchen Bedingungen sind Landwirte am ehesten bereit, sich an Programmen zum Humusaufbau zu beteiligen? Das haben Julia Block, Daniel Hermann und Oliver Mußhoff erfragt.
Dem Boden, dem Klima und dem Portemonnaie etwas Gutes tun – das klingt gut. Aber wie? Die Antwort könnte lauten: mit Humusprogrammen. Bekanntermaßen können Landwirte den Humusgehalt ihrer Böden durch verschiedene Maßnahmen erhöhen. Nicht-staatliche Organisationen haben in den vergangenen Jahren Programme entwickelt, die den Humusaufbau forcieren und ihn mit der Zahlungsbereitschaft für die Kompensation von CO2-Emissionen verknüpfen. Die teilnehmenden Landwirte erhalten eine Geldprämie, welche die Kosten für entsprechende Maßnahmen decken und zum Humusaufbau motivieren soll. Die Prämie finanziert sich aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten (basierend auf dem Humusaufbau) an Unternehmen oder Privatpersonen.
Zwei Ansätze werden diskutiert: In dem bislang in der Praxis vorherrschenden Ansatz erhalten die Landwirte eine Prämie, die sich an der tatsächlichen Entwicklung des Humusgehaltes im Boden orientiert (»ergebnisbasierte« Vergütung). In einem neueren Ansatz wird eine Prämie ausgezahlt, wenn die Landwirte bestimmte humusbildende Maßnahmen »einfach nur« umsetzen (»maßnahmenbasierte« Vergütung). Die ergebnisbasierte Prämie beruht auf dem tatsächlich gesteigerten Humusgehalt (gebundene Menge an CO2) am Ende der vereinbarten Laufzeit – unabhängig davon, wie die Erhöhung des Humusgehaltes erreicht wurde. Die maßnahmenbasierte Prämie wird für die Umsetzung einer bestimmten Maßnahme ausgezahlt, deren durchschnittliche CO2-Bindung im Boden auf der Basis von Untersuchungen durch wissenschaftliche Studien angenommen wird. Die Vergütung ist somit unabhängig von der tatsächlich aufgebauten Humusmenge am Ende der Laufzeit. Allerdings muss die Umsetzung der Maßnahme nachgewiesen werden.
Dem ergebnisbasierten Ansatz wird eine größere Effizienz, eine eindeutige Verbindung zwischen Zahlung und Erfolg sowie mehr Freiheiten bei der Bewirtschaftung der Flächen zugeschrieben. Jedoch erfordern sie kostspielige und exakte Messungen des Humusgehaltes, und sie sind mit Zahlungsunsicherheiten für die Landwirte verbunden.
Wie sollten Humusprogramme aus Landwirtsperspektive aussehen? Wie lange sollten sie laufen? Wie und wann sollte die Prämie ausgezahlt werden? Welche Art der Überwachung wird bevorzugt? Sind eher staatliche oder nicht-staatliche Programme gewünscht? Dazu haben wir im vergangenen Jahr 190 deutsche Landwirte befragt. In zwölf verschiedenen Entscheidungssituationen baten wir sie, sich zwischen einem Humusprogramm A, einem Humusprogramm B und keiner Teilnahme zu entscheiden. Die Humusprogramme A und B waren wie folgt charakterisiert:
- Programmlaufzeit (5, 10 oder 15 Jahre),
- Prämie (30, 40 oder 50 € pro t gebundenem CO2),
- Zahlungsbasis (ergebnisbasiert oder maßnahmenbasiert),
- Auszahlungszeitpunkt (jährlich oder am Laufzeitende),
- Prüfmechanismus (unabhängige Prüfung oder interne Prüfung durch den Landwirt selbst) und
- Programmanbieter (Staat, Unternehmen oder Privatperson).
Durch die systematische Variation der Ausprägungen der Programmeigenschaften unterschieden sich die zwölf Entscheidungssituationen voneinander. Eine beispielhafte Matrix zeigt Übersicht 1.
Rund drei Viertel der befragten Landwirte setzten bereits Maßnahmen für einen gezielten Humusaufbau um. Aber nicht alle
von ihnen kannten den Humusgehalt ihrer Böden. Darüber hinaus gaben nur 8 % der Befragten an, dass sie derzeit an einem Humusprogramm teilnehmen oder teilgenommen haben. 11 % wussten nicht, was ein Humusprogramm ist.
Landwirte bevorzugen maßnahmenbasierte Zahlungen. Das ist das Kernergebnis unserer Befragung. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie an einem Programm teilnehmen, ist unter sonst gleichen Bedingungen etwa doppelt so hoch, wenn eine maßnahmenbasierte anstatt einer ergebnisorientierten Zahlung angeboten wird.
Aus den Berechnungen zur Akzeptanzbereitschaft in Übersicht 2 geht hervor, dass ein ergebnisbasiertes Programm eine um 19,92 €/t CO2 höhere Prämie anbieten müsste, um die gleiche Teilnahmebereitschaft zu erreichen, die für ein maßnahmenbasiertes Programm vorhanden ist. Zudem zeigt Übersicht 2, dass Praktiker kürzere Laufzeiten, höhere und jährliche Zahlungen sowie staatliche oder durch Unternehmen finanzierte Humusprogramme bevorzugen. Um die Teilnahmebereitschaft bei längeren Laufzeiten aufrecht zu erhalten, sollte die Prämie für jedes zusätzliche Jahr zwischen Start und Ende des Programms um 2,49 €/t CO2 erhöht werden. Beinhaltet das Humusprogramm eine Zahlung am Laufzeitende anstatt einer jährlichen Zahlung, müsste die Prämie um 13,29 €/t CO2 ansteigen, um die gleiche Teilnahmebereitschaft zu sichern. Eine privat finanzierte Prämie müsste im Vergleich zu einer staatlich finanzierten um 4,40 €/t CO2 erhöht werden und im Vergleich zu einer durch ein Unternehmen finanzierten um 2,91 €/t.
Ausblick. Landwirten sollten maßnahmenbasierte Prämien angeboten werden – am besten jährlich ausgezahlt, an kurze
Programmlaufzeiten geknüpft und durch den Staat finanziert. Da allerdings die Gesellschaft und politische Entscheidungsträger
ergebnisbasierte Ansätze in der Regel mehr schätzen, könnte die Kombination beider Ansätze zielführend sein. So könnten
beispielsweise maßnahmenbasierte Zahlungen regelmäßig nach einer betriebsspezifischen Überprüfung des endgültigen Humusgehaltes (Ergebnis) angepasst werden. Alternativ wäre eine Aufstockung einer maßnahmenbasierten Zahlung möglich, bei der die Landwirte eine Zusatzprämie erhalten, wenn ein bestimmter Humusgehalt (Ergebnis) erreicht wird. Die Ergebnisse zur Laufzeit der Humusprogramme decken eine Schwachstelle in Bezug auf die langfristige Speicherung von CO2 im Boden auf. Daher sollte sich die Forschung mit der Entwicklung fairer Anreize zur dauerhaften Erhaltung des aufgebauten Humus’ befassen, um einen möglichen Abbau organischer Substanz und damit die Freisetzung von CO2 nach Ablauf eines Programms zu vermeiden.