DLG-Auszeichnung. Wegweisender Pioniergeist
Die Agritechnica ist das Aushängeschild für die Innovationskraft der Branche. Besonders vielversprechende Konzepte werden von der DLG ausgezeichnet – und zeigen, wohin die Reise gehen könnte.
Zukunftsweisende Ideen verdienen Anerkennung und sollten gefördert werden. Genau das macht die DLG mit ihrer noch recht jungen Auszeichnung »DLG-Agrifuture Concept Winner«. Im Rahmen der Agritechnica 2021/ 22 wurden die ersten fünf Preisträger gekürt. Anders als bei den berühmten Gold- und Silbermedaillen geht es nicht um konkrete Produktentwicklungen, die in Kürze Marktreife erlangen sollen, sondern um teils völlig neue Denkansätze und Konzepte, die die »Marschrichtung« für die Zukunft aufzeigen und in den kommenden fünf bis zehn Jahren die Pflanzenproduktion weltweit revolutionieren könnten.
Ein Blick auf die bisherigen Prämierungen und auf die Bewerbungsliste für die kommende Agritechnica offenbart, dass die Branche von einem überaus erfrischenden Innovationsgeist geprägt ist. Dabei zeichnen sich verschiedene Trends ab. Diese sind in dem Textkasten zusammengefasst. Und auch wenn die Liste für die diesjährigen Preisanwärter noch nicht öffentlich ist, sei an der Stelle verraten: Der Einfallsreichtum ist ungebrochen, und die hier beschriebenen Trends setzen sich fort.
Konzept: FieldDataSync – M2M Communication to autonomize cooperative field work
Halle / Stand: Halle 21/C26
Hersteller: AEF - Agricultural Industry Electronics Foundation e.V.
In Zusammenarbeit mit: Technische Universität München, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, AGCO/Fendt, LACOS, OSB connagtive, digisaar UG, CLAAS, ITK Engineering, Krone und Satel Oy
Das Projekt FieldDataSync der AEF zielt darauf ab, eine Kommunikation zwischen Landmaschinen per Funkverbindung zu etablieren, um auf diese Weise ein kooperatives Arbeiten zu ermöglichen. Es unterstützt den Austausch kritischer Daten wie Feldgrenzen für koordinierte Aufgaben wie Section Control unter mehreren Maschinen. Weitere Funktionen umfassen Video-Streaming und den Austausch von Positionsdaten, um beispielsweise das Entladen in Transportfahrzeuge, das Gruppenmanagement und die Diagnose zu optimieren. Durch den markenübergreifenden Ansatz des Standards werden gemischte Flotten unterstützt, Entwicklungskosten reduziert und die Interoperabilität verbessert. Gleichzeitig werden die Anforderungen an funktionale Sicherheit und Cybersicherheit erfüllt.
FieldDataSync-Maschinen stellen somit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem vollständig autonomen Feldbetrieb dar. Das Projekt zielt darauf ab, Branchenstandards über den AEF e. V. zu setzen und wird vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) gefördert.
Konzept: SoilDetect
Halle / Stand: Halle 09/D32
Hersteller: Amazonen-Werke H. Dreyer
Entwickelt in Zusammenarbeit mit: exatrek
Das SoilDetect-System von Amazone ermöglicht erstmals eine Fusion verschiedener Daten zur Erstellung von Ertragspotenzialkarten. Mithilfe eines Multisensorsystems am Bodenbearbeitungsgerät werden kleinräumige Bodendaten wie Bodenleitfähigkeit und -widerstand sowie Hangneigung und Arbeitstiefe erfasst und mit Traktorprozessdaten verknüpft. Alle Messungen werden georeferenziert und mit Höhendaten abgespeichert und die so entstandenen Geländemodelle per Telemetrieanbindung an ein Auswertungssystem übermittelt. Dieses bezieht Satelliten-, Bodenschätzungs- und Klimadaten sowie betriebsspezifische Informationen mit ein, um mit KI-Unterstützung und vollautomatisch Ertragspotenzial- und Feldbodenkarten zu erstellen. Mithilfe von feldspezifischen Notizen des Betriebsleiters oder der Ergebnisse von Bodenanalysen an Referenzpunkten wird die Genauigkeit der Ergebnisse noch weiter optimiert.
Die Implementierung eines geoelektrischen Messsystems in einen Standardgrubber ermöglicht damit erstmals unkomplizierte Messungen während der Bodenbearbeitung und damit die Erstellung von Ertragspotenzialkarten für den teilflächenspezifischen Pflanzenbau. Durch eine Automatisierung von Datentransfer und die Fusion mit weiteren Informationsquellen können ohne weitere Spezialkenntnisse eine Entscheidungsgrundlage geschaffen sowie Ressourcen gezielt und bedarfsgerecht eingesetzt werden.
Konzept: ZÜRN SEED SELECT
Halle / Stand: Halle 13/C25
Hersteller: Zürn Harvesting GmbH & Co. KG (gemeinsam mit TU Dresden und EXAgT GmbH)
Entwickelt in Zusammenarbeit mit: Samuel Pantke
Das Konzept Seed Select von Zürn adressiert das Problem der Verbreitung von Unkrautsamen über Erntemaschinen nun erstmals mithilfe zweier Trommelsiebe, die in einer kompakten Einheit hinter den Sieben eines Mähdreschers montiert werden. Die Unkrautsamen fallen durch diese Siebe, während Stroh und Spreu die Trommeln passieren und zurück in den Spreuverteiler geleitet werden. Das abgetrennte Material wird in einer Devitalisierungseinheit abgetötet und kann anschließend als organisches Material auf dem Feld ausgebracht werden, ohne dass die Gefahr einer Keimung besteht. Durch einen geringen Platz- und Leistungsbedarf sowie einen modularen Aufbau lässt sich das System leicht an eine Vielzahl von Mähdreschern anpassen, ohne die normale Funktion des Reinigungssystems oder der Kornverlustsensoren zu beeinträchtigen.
Mit dem Zürn Seed Select wurde das erste System für die Unkrautsamenkontrolle während der Ernte vorgestellt, welches das Potenzial hat, den Unkrautzyklus zu durchbrechen und die Feldhygiene zu verbessern.
Konzept: DAVEGI
Halle / Stand: Halle 21/F26
Hersteller: AI.Land
Das DAVEGI-System von AI.Land soll künftig die nötigen Schritte des Gemüseanbaus von der Bodenvorbereitung bis hin zur Direktlieferung erstmals in einem ganzheitlichen Ansatz zusammenfassen und so einen ganz neuen Prozess der lokalen Lebensmittelversorgung ermöglichen. Es basiert auf einem Roboter-Erntehelfer, das heißt einer autonomen, energieautarken Spot-Farming-Plattform, die darauf trainiert ist, die Sensibilität und Geschicklichkeit des Menschen beim Pflücken nachzuahmen und so eine schonende und selektive Ernte zu ermöglichen. Es ist darauf angelegt, vor allem die Nachernteschritte wie zentrale Logistik, Vertriebszentren und den Einzelhandel zu ersetzen. Stattdessen werden maßgeschneiderte Gemüsekisten geerntet, verpackt und innerhalb weniger Stunden ausgeliefert – ohne Einwegverpackungen. Dies verkürzt den Weg vom Feld auf den Tisch und schafft große ökologische und ökonomische Vorteile: weniger Emissionen, effizientere Ressourcennutzung und eine stärkere Widerstandsfähigkeit der lokalen Landwirtschaft. Das System befindet sich aktuell auf dem Weg zum Technologiereifegrad 6, das heißt kurz vor einem funktionsfähigen Prototypen.
Durch die Integration der gesamten Wertschöpfungskette in eine lokalisierte Plattform unterstützt DAVEGI ein nachhaltiges Kreislaufwirtschaftsmodell und verbessert gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit für Landwirte und den Zugang zu Lebensmitteln für Verbraucher.
Konzept: SLS-NextDrip
Halle / Stand: Halle 12/B71
Hersteller: SLS Systementwicklungen GmbH
Mit NextDrip hat SLS den gesamten Prozess der Installation und des Wiederausbaus von Tropfbewässerungssystemen neu gedacht und den Montageprozess vom Feld in die Fabrik verlegt. Dort werden vorgefertigte Einheiten mehrerer nebeneinander liegender Tropfleitungen auf die feld- und positionsindividuelle Länge zugeschnitten und mit Armaturen und Verteilerschläuchen montiert. Mithilfe einer Spezialmaschine kann die Platzierung im Feld effizient erfolgen. Darüber hinaus bietet diese Art der Installation die Option, die Leitungen mit Metallmarkierungen zu versehen, die sowohl für Detektionssysteme als auch für die vollmechanisierte Rückholung mit magnetischer Aufnahme der Leitungsenden wichtig sind. Durch die Vormontage im Werk können außerdem Feldgeometriedaten sowie Boden- oder Ertragskarten für die kontrollierte Installation standortspezifischer Tropfer oder Ventile entsprechend den Ertragszonen genutzt werden.
Insgesamt reduziert NextDrip von SLS den Arbeitsaufwand und insbesondere die Handarbeit bei Installation und Rückholung von Tropfbewässerungssystemen auf ein Minimum und schafft über die Verlagerung des Montageprozesses ins Werk zudem die Möglichkeit, die Tropfleitungen spezifisch an die Standortbedingungen anzupassen.