Ährenfusariosen. Was am besten hilft
Regenjahre sind oft auch Fusariumjahre – wie zuletzt 2024. Welche Arten infizieren das Getreide? Und wie gut schützen Fungizide davor? Stephan Weigand, André Bechtel und Peter Büttner stellen Monitoringdaten aus Bayern vor.
Die Witterung ist der entscheidende Treiber für das Auftreten von Getreidekrankheiten. Das ungewöhnlich nasse und erneut viel zu warme Jahr 2024 sorgte im Winterweizen deutschlandweit für einen sehr frühen und starken Infektionsdruck durch Braunrost, Septoria tritici sowie, je nach schlagspezifischem Risiko, regional auch durch Fusariumpilze.
Mit gezieltem Fungizideinsatz, das belegen amtliche Versuchsdaten, ließen sich teils sehr hohe Ertragsverluste verhindern. Im Fall von Fusarium betrifft dies auch die mögliche Gefahr durch Mykotoxine, die im Extremfall dafür sorgen, dass ganze Weizenpartien nicht mehr für Mühle oder Schweinetrog geeignet sind. Leittoxin für das Getreide ist Deoxynivalenol (DON), seit 2006 geregelt über einen EU-Grenzwert für unverarbeitetes Getreide zur Lebensmittelerzeugung. Dieser wurde 2024 verschärft und von 1 250 auf 1 000 µg/kg herabgesetzt. Im langjährigen Weizen-Monitoring der LfL lag der mittlere DON-Gehalt von 140 repräsentativen Ernteproben aus Bayern zwar bei unbedenklichen 130 µg/kg. Fast 9 % dieser Praxisproben überschritten jedoch den neuen Rohwaren-Grenzwert von 1 000 µg/kg. Vergleichbar starke Fusariumjahre gab es in Bayern zuletzt 2016 und 2012.
Neben den DON-Gehalten werden die Ernteproben an der LfL auch auf ihren Besatz mit Fusarium-Arten untersucht. Diese langjährigen Analysen liefern zum einen indirekte Hinweise zu weiteren artspezifischen Mykotoxinen, zum anderen auf mögliche Verschiebungen im Artenspektrum, etwa infolge des Klimawandels. Je Ernteprobe werden dazu 200 Einzelkörner nach kurzer Oberflächendesinfektion auf geeignete Nährmedien ausgelegt und etwa 14 Tage inkubiert. Aus Fusarium-infizierten Körnern wächst in dieser Zeit das Myzel der Pilze aus. Über Myzelfarbe und mikros-kopische Sporenanalyse lassen sich dann die verschiedenen Arten differenzieren.
Was zeigt die mehrjährige Auswertung?
Die Weizenkörner sind neben den wichtigsten DON-Bildnern F. graminearum und F. culmorum zu einem erheblichen Anteil auch von weiteren Fusarium-Arten infiziert (Grafik 1). Auch wenn für Einzeljahre und -proben erhöhte DON-Gehalte in der Regel auch mit
einem höheren Besatz an F. graminearum und F. culmorum einhergehen, fällt der jährlich hohe Besatz etwa von F. sporotrichioides und F. langsethiae auf. Beide Arten können die, verglichen mit DON noch gefährlicheren T2- und HT2-Toxine bilden, welche besonders bei Hafer, vereinzelt auch bei Gerste, Probleme bereiten können. Letzteres hat dazu geführt, dass die EU für beide Toxine im vorigen Jahr erstmals Höchstgehalte für Getreide festgesetzt hat. Ein mehrjähriges europaweites Toxin-Monitoring konnte dagegen für Weizen bislang kaum stärkere Probleme durch diese Toxine identifizieren. Daher gehen auch wir, wenngleich ohne eigene Analysen, davon aus, dass die T2- und HT2-Bildner zwar häufig auch bayerischen Weizen infizieren, wohl aber nur als »harmlose« Besiedler. Ähnliches gilt auch für F. poae, der im Gegensatz zu den DON-Bildnern zudem als relativ schwach pathogene Fusarium-Art gilt.
Wann ist mit erhöhten Toxinwerten zu rechnen?
Die zahlreichen Fusariumarten überdauern auf den Ernterückständen auf oder im Boden. Aber selbst auf Hoch-Risikoflächen, mit Maisstoppel auf der Bodenoberfläche und einer anfälligen Weizensorte droht keine Gefahr, wenn es in entscheidenden Phasen trocken bleibt. Für hohe DON-Gehalte sind in drei Zeiträumen ausreichende Feuchtigkeit nötig:
- In den Tagen/Wochen vor der Getreideblüte: Auf den Ernterückständen am Boden bilden sich dann genügend Pilzmyzel und Fruchtkörper als aktive Infektionsquelle, schon hohe Bodenfeuchte reicht dazu aus.
- Im infektionskritischen Zeitraum, ab Mitte des Ährenschiebens bis zum Ende der Blüte (BBCH 55-69): Bei ausreichendem Sporenflug genügt ein Regen ab 2 bis 4 mm für eine erfolgreiche Infektion.
- Nach der Infektion bis zur Ernte: Lange Feuchteperioden erleichtern es dem Pilz, sich von Erstinfektionsstellen weiter in der Ähre auszubreiten, mehrere Körner zu be-fallen und so in der Regel auch höhere Toxinmengen zu bilden.
Bei Vorfrucht Mais ist F. graminearum der häufigste DON-Bildner. Für Infektionen bevorzugt die Art Temperaturen über 18 ° C, während die im bayerischen Monitoring seltener auftretende Art F. culmorum etwas kältetoleranter ist. Rutschen die Temperaturen zur Blüte aber in den einstelligen Bereich ab, wie etwa 2007 in weiten Teilen Bayerns, sind Fusarium-Infektionen trotz ausreichenden Regens nicht mehr möglich.
Wie wirken Regen, Blüte und Sporenflug dabei zusammen? Exemplarisch zeigen das Daten von einem oberbayerischen Standort, wo wir jährlich Fungizide auf ihre Fusariumwirkung in Weizen und Triticale prüfen. Als Inokulumquelle werden Maisstoppeln (eine Stoppel je m²) in die Versuchsparzellen eingestreut. Von Mitte Mai bis Ende Juni wird der Askosporenflug mit einer Burkard-Sporenfalle erfasst. Diese leitet durch leichten Unterdruck einen steten Luftstrom auf eine sich langsam drehende Trommel mit haftenden Sporenbändern. Die Sporen werden später mikroskopisch gezählt.
Es zeigt sich zum einen, dass ein nennenswerter Sporenflug erst nach einer ausreichenden Regenphase ab Mitte Mai einsetzt. Im weiteren Verlauf gibt es nach Regenfällen die typischen Spitzen mit hohen Sporendichten am Folgetag.
Die frühere Triticaleblüte stand unter deutlich geringerem Sporendruck als die spätere Weizenblüte. Auch wenn hier der Sorteneffekt mitzuberücksichtigen ist, war dies mit ein Grund, weshalb im Lombardo, ohne Ährenbehandlung, der Referenz-DON-Gehalt nur 880 µg/kg erreichte, im benachbarten Informer dagegen 3 010.
Fungizide sind stets die letzte Möglichkeit, um Fusariuminfektionen noch zu vermeiden. Unter den Getreidearten können Ährenbehandlungen vor allem bei Durum, Weizen und Triticale sinnvoll sein. Diese sind grundsätzlich fusariumanfällig, bei allerdings großen Unterschieden in den Resistenzeigenschaften der Sorten. Um bestmögliche Wirkungsgrade zu erzielen, sollten Fusariumpräparate möglichst infektionsnah platziert werden, ab Blühbeginn, etwa ein bis zwei Tage vor, bis wenige Tage nach einem Regenschauer – leichter gesagt als getan in Jahren wie 2024.
Noch ist die Auswahl an Fusariumpräparaten relativ groß, was daran liegt, dass vor allem mit Prothioconazol, Tebuconazol und Metconazol gleich mehrere Azole eine gute Wirkung zeigen. Da ein Genehmigungsende von Tebuconazol mittelfristig zu erwarten ist, prüfen wir entsprechende Präparate seit 2022 nicht mehr. Unsere Bewertungen und Empfehlungen enthalten dagegen weiterhin Solo-Mittel wie Fezan, Folicur oder Helocur, ebenso Kombi-Mittel wie Magnello, Prosaro, Soleil oder Skyway Xpro als gut wirksame Fusariumpräparate. Unter den von uns zuletzt dreijährig abgeprüften Präparaten konnte Input Classic wie auch der Sirena Pro Pack den DON-Gehalt im Mittel um gute 60 % reduzieren, das etwas geringer mit Azolen aufgeladene Kombipräparat LS Prothio Metco noch um rund 40 % (Grafik 2).
Univoq, das neben seiner Hauptempfehlung im T2-Bereich hier auch gegen Fusarium mitgeprüft wurde, verringerte trotz voller Aufladung mit Prothioconazol den DON-Gehalt dagegen nur um rund 30 %. Über den zusätzlich enthaltenen Wirkstoff Fenpicoxamid zeigte diese Variante jedoch eine sehr gute Dauerwirkung gegen Blattpathogene, vor allem Septoria tritici, 2021 auch gegen stärkeren Schneeschimmel-Blattbefall, sodass sie in der Ertragswirkung an der Spitze lag. Vergleichbar gute Ertragsergebnisse erzielten in früheren Prüfjahren auch SDHI-Lösungen wie Elatus Era + Sympara oder Skyway Xpro.
Zwar gibt es mittlerweile auch Mittel, die gegen Fusarium in Roggen und Gerste zugelassen sind. Wegen des seltenen Auftretens hat dies jedoch keine Praxisrelevanz. Fusariumpräparate, die in Weizen zugelassen sind, schließen Durum mit ein, während in Triticale aktuell nur Input Classic, Flexure, Hint, Cherokee Neo, Helocur, Joust und Siltra Xpro die Fusariumindikation besitzen. Seit Längerem prüfen wir an der LfL auch verschiedene Alternativen zu chemisch-synthetischen Fungiziden, die aber gegen Fusarium bislang allesamt nicht überzeugen konnten.