
TA-Luft. Welche Optionen haben BImSch-Betriebe?
Eine Abluftreinigung in bestehenden Anlagen nachzurüsten, ist teuer. Dieses Damoklesschwert schwebt aktuell über großen Tierhaltungsanlagen. Doch die Behörden müssen auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. In welchen Fällen Betriebe alternative NH3-Minderungsverfahren anwenden können, zeigt Friedrich Arends.
Langsam wird es Zeit! Denn schweinehaltende Betriebe, deren Ställe nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigt sind, müssen bis Ende 2026 Maßnahmen zur Ammoniakemissionsminderung umgesetzt haben. Das gilt auch für Altanlagen. Denn mit der Änderung der TA Luft von 2021 wurde der »Stand der Technik« neu definiert und somit der Standard hochgesetzt.
Die NH3-Emissionen müssen runter – wer muss was tun?
Was im Einzelnen zu tun ist, hängt von der Anlagengröße ab (Übersicht 1). Große BImSch-Anlagen (Verfahrensart G) mit mehr als 2 000 Mast-, 750 Sauen-, oder 6 000 Ferkelaufzuchtplätzen sind verpflichtet, eine Abluftreinigung nachzurüsten, die 70 % der NH3-Emissionen gegenüber dem festgelegten Referenzwert (Übersicht 3) mindert. In zwei Jahren läuft die Frist dafür ab.
Für kleine BImSch-Betriebe (Verfahrensart V) mit 1 500 bis 2 000 Mastplätzen, 560 bis 750 Sauenplätzen oder 4 500 bis 6 000 Ferkelaufzuchtplätzen gilt: Die NH3-Emissionen müssen bis Ende 2028 um 40 % gesenkt werden – und zwar durch eine Minderungsmaßnahme nach Anhang 11 der TA Luft (Übersicht 2).
Öffnungsklauseln in der TA Luft ermöglichen Alternativen zur Abluftreinigung
Es ist jedoch auch denkbar, dass große »G-Anlagen« denen eigentlich die Verpflichtung zur Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage auferlegt ist, dieser nicht nachkommen müssen, weil:
- die Anlage aus nicht zwangsbelüfteten Ställen besteht,
- sich die Anlage aus kleinen zwangsbelüfteten Ställen zusammensetzt, deren Nachrüstung grundsätzlich als unverhältnismäßig anzusehen ist,
- in den von der Nachrüstungspflicht betroffenen Ställen künftig ein qualitätsgesichertes, nachweislich dem Tierwohl dienenden Haltungsverfahren umgesetzt werden soll. Hier sind die Anforderungen der Vollzugshilfe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI 2024) an solche Haltungsverfahren zu beachten.
- die Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage technisch nicht umsetzbar ist. Zu differenzieren sind vorhandene dezentrale oder zentrale Abluftführungen. Bei dezentraler Abluftführung ist die Nachrüstung mit erheblichem baulichen Aufwand verbunden. Nachweise durch einen anerkannten Sachverständigen oder eine Lüftungsfachfirma sind zu erbringen.
- eine technisch mögliche Nachrüstung aus Kostengesichtspunkten wirtschaftlich nicht verhältnismäßig ist. Hierbei sind nur die Zusatzkosten für den nachträglichen Einbau, nicht aber die Kosten der Abluftreinigungsanlage relevant. Als noch angemessen gelten Zusatzkosten von bis zu 20 % der Investitionskosten der Abluftreinigungsanlage.
In diesen Fällen werden Anlagen oder Anlagenbestandteile großer BImSch-Anlagen in die Kategorie der Minderungsmaßnahmen nach Anhang 11 heruntergestuft und müssen nur eine NH3-Minderung von 40 % im Vergleich zum Referenzwert realisieren (Entscheidungskaskade).
Die Anerkennung weiterer Minderungsverfahren ist vorgesehen. Konkret sind im Anhang 11 der TA Luft Verfahren aufgeführt, mit denen sich eine Ammoniakreduktion von mindestens 40 % gegenüber den Referenzwerten herbeiführen lässt (Übersicht 2). Die TA Luft stellt in diesem Zusammenhang jedoch keine abschließende Verwaltungsvorschrift dar und enthält auch hier bedeutsame Öffnungsklauseln: Zum einen können zusätzlich zu den aufgeführten Minderungstechniken gleichwertige, qualitätsgesicherte Maßnahmen angewendet werden. Außerdem kann man von den ausgewiesenen Emissionsfaktoren abweichen, wenn in wissenschaftlichen Untersuchungen andere Emissionsfaktoren hergeleitet wurden. Und: Wenn durch eine über die obligatorische stark N/P-reduzierte Fütterung (Kasten) hinausgehende Rohprotein reduzierte Fütterung die in der TA Luft angesetzten N-Ausscheidungswerte vom Einzelbetrieb nachweislich unterschritten werden, ist die so herbeigeführte Reduktion der Ammoniakemission als Maßnahme zur Emissionsminderung ebenfalls anzuerkennen.
So liegen zur N- und P-reduzierten Fütterung von Mastschweinen Untersuchungsergebnisse der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vor, die verdeutlichen, dass mit einer sehr stark N- und P-reduzierten Fütterung – ohne Einschränkungen bei der Mastleistung – die Ammoniakemission im Vergleich zum Referenzwert von 2,91 auf 2,56 kg NH3/TP/Jahr gesenkt werden kann. Das bedeutet ein Minus von 12 % im Vergleich zur stark N/P-reduzierten Fütterung. Diese Minderungsleistung wurde durch eine mehrphasige Fütterung mit einem mittleren Rohproteingehalt von 13,9 % realisiert. Aufgrund des Untersuchungsdesigns und der Anzahl der ausgewerteten Mastdurchgänge gilt der ermittelte Ammoniakemissionsfaktor von 2,56 kg NH3/TP/Jahr für die sehr stark N/P-reduzierte Fütterung bereits heute als wissenschaftlich nachgewiesen. Betriebe können sich also darauf berufen.
Vorteile für »tiergerechte Außenklimaställe«
Aufgrund ihrer freien Belüftung entfällt die Verpflichtung zur Nachrüstung einer Abluftreinigungsanlage für alle Bioställe nach EU-Ökoverordnung. Tiergerechte Außenklimaställe müssen nur eine Emissionsminderung um 33 % erfüllen. Doch was gilt als tiergerechter Stall? In der TA Luft sind zwei Haltungsverfahren, die das Tierwohl zusätzlich verbessern, explizit genannt: Der Außenklimastall mit Kisten- oder Hüttensystem bei Teilspaltenboden und der tiergerechte Außenklimastall mit Schrägbodensystem (Übersicht 2). Da aber auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen neue Minderungsverfahren anzuerkennen sind, erfüllt in der Mastschweinehaltung auch ein Außenklimastall mit Auslauf auf Spalten und Kot-Harn-Trennung die Anforderungen. Dieser ist im Rahmen des EmiDaT-Projektes (KTBL u. a.) hinsichtlich seiner NH3-Emissionen untersucht worden. Die von der LUFA Nord-West bei diesem Haltungsverfahren durchgeführten Untersuchungen deuten bei Berücksichtigung einer Kot-Harn-Trennung einen Ammoniakemissionsfaktor unterhalb des für Tierwohlställe in der Mastschweinehaltung genannten Zielwertes von 1,95 kg NH3/TP/Jahr an.
Andere Untersuchungen zeigen, dass der Geruchsemissionsfaktor von Tierwohlställen mit Auslauf (eingestreut) geringer ist als der von konventionellen, zwangsbelüfteten und wärmegedämmten Mastschweineställen. Dies ist auch für Tierwohlställe (Offenställe) mit Auslauf und Kot-Harn-Trennung zu erwarten.
Diese Vorgaben der TA Luft gelten für alle BImSch-Betriebe
Bis zum 30. November 2026 müssen sowohl große als auch kleine BImSch-Betriebe diese Maßnahmen ergreifen:
- Energie- und nährstoffangepasste Fütterung. Durch Anwendung des stark N/P-reduzierten Fütterungskonzepts nach dem Standard der DLG sind die NH3-Emissionen um 20 % zu senken. Die in Übersicht 2 dargestellten Referenzwerte für die Schweinehaltung berücksichtigen bereits diese Minderung. Die Minderungsverpflichtungen von 70 bzw. 40 % sind also zusätzlich zu der Minderung aus einer stark N/P-reduzierten Fütterung zu erbringen.
- Gülle- und Festmistlager abdecken. Sowohl der Geruch als auch das Entweichen von Ammoniak aus offenen Güllelagern ist um 85 % zu reduzieren. Mögliche Maßnahmen sind z. B. Schwimmelemente, Zeltdach- oder feste Dachkonstruktionen. Eine Abdeckungspflicht plus 3-seitige Umwandung gilt dann auch für Festmistlager.
- Unterflurabsaugung anpassen. Beim Betrieb einer Unterflurabsaugung darf der maximale Füllstand des Güllekanals nur noch 50 cm unterhalb des Spaltenbodens liegen. Bei neuen Ställen ist die Unterflurabsaugung nur zulässig, wenn der Füllstand automatisch überwacht wird. Bei bestehender Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit einer Geschwindigkeit von maximal 3 m/s direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden.
- Lagerung von Waschwasser aus der Abluftreinigung. Das beim Betrieb von Abluftwäschern anfallende hoch konzentrierte Waschwasser darf zwar mit der Gülle zusammen ausgebracht, nicht aber gemeinsam gelagert werden. Denn chemische Prozesse würden zu einer Freisetzung von Schwefelwasserstoff führen.