
Sauenhaltung. Umbau – jetzt oder später?
Die meisten Ferkelerzeuger haben ein Umbaukonzept für das Deckzentrum abgegeben, um sich alle Optionen offenzuhalten. Sie stehen nun vor der Frage: Übergangsfristen voll ausreizen oder sofort investieren? Wie sich der Zeitpunkt auf das Betriebsergebnis auswirkt, zeigt Stefan Leuer.
Die gültige Tierschutznutztierhaltungs-VO bedeutet für Ferkelerzeuger eine grundlegende Umstellung ihrer bisherigen Sauenhaltung. Im Deckzentrum wird die Gruppenhaltung bei 5 m²/Sau zur Pflicht und im Abferkelbereich sind künftig nur noch Bewegungsbuchten erlaubt. Zwar gelten längere Übergangsfristen (Deckzentrum bis 2029, Abferkelbereich bis 2036), doch ob und wie es weitergeht, mussten Sauenhalten bereits Anfang des Jahres entscheiden.
Die meisten Betriebe haben ein Umbaukonzept eingereicht. Zum 9. Februar 2024 mussten Ferkelerzeuger beim zuständigen Veterinäramt ein Umbaukonzept für das Deckzentrum vorlegen. Wer nach dem Ende der Übergangsfrist aus der Produktion aussteigen will, war ebenfalls verpflichtet, dies anzugeben. Der größte Teil der betroffenen Betriebe hat ein vorläufiges Umbaukonzept vorgelegt und so signalisiert, die Sauenhaltung zumindest bis 2036 fortzuführen. Dazu beigetragen hat sicherlich auch die positive Erlössituation seit Anfang 2023. Trotz höherer Produktionskosten sind gute Betriebsgewinne möglich. Damit werden derzeit noch die finanziellen Löcher aus der letzten Preiskrise 2020 bis 2022 gestopft. Doch die Nachfrage nach Ferkeln aus heimischer Produktion ist weiterhin sehr hoch. Der Abbau des Schweinebestandes in Deutschland und Europa zeigt Wirkung.
Die aktuellen Gewinne nutzen und zeitnah investieren?
Die relativ gute Liquidität in den Betrieben bei gleichzeitig zu erwartender höherer Einkommenssteuerzahlung bringt den einen oder anderen Ferkelerzeuger auf den Gedanken, den Umbau der Sauenställe vorzuziehen und bereits deutlich vor Ablauf der Übergangsfristen in die neuen Haltungsvorgaben einzusteigen. Praxiserfahrungen zeigen zudem, dass die Gruppenhaltung im Deckzentrum bei einem angepassten Management machbar ist. Auch im Abferkelbereich hat sich die Bewegungsbucht etabliert und wird von vielen Betrieben zumindest in Teilbereichen eingesetzt. Herausfordernd ist somit weniger das Handling in der neuen Haltung – was dennoch anspruchsvoll ist – sondern vielmehr, die höheren Produktionskosten wieder reinzuholen.
Dabei treibt nicht nur die Investition in den Umbau bzw. Neubau die Kosten, sondern auch die anfallende Mehrarbeit. Diese resultiert im Wesentlichen aus dem höheren Zeitaufwand für das Belegen und die intensivere Betreuung, die im Abferkelbereich notwendig wird. Pro Sau und Jahr sind 2,5 Stunden zusätzlich zu veranschlagen, zeigen Praxiserfahrungen.
Ferkel aus solchen Haltungssystemen werden nur dann besser bezahlt, wenn der Ferkelerzeuger in Markenfleischprogramme eingebunden ist. Aktuell ist das eher die Ausnahme. Und: Ob sich künftig mit dem dann gültigen gesetzliche Haltungsstandard höhere Ferkelpreise erzielen lassen, muss sich erst zeigen.
Insofern ist der richtige Zeitpunkt für die Umstellungen auf die neuen Haltungsvorgaben nur schwer zu bestimmen und diese Entscheidung letztlich nur einzelbetrieblich zu treffen. Dennoch, die Auswirkungen verschiedener Umstellungszeitpunkte auf das Betriebsergebnis und der Einfluss einer möglichen staatlichen Förderung aus dem Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung lassen sich gut an einem Beispielsbetrieb aufzeigen.
Sechs Szenarien für einen Beispielsbetrieb.
Berechnet wurde, wie verschiedene Umsetzungszeitpunkte das Betriebszweigergebnis eines Betriebes mit 300 Sauen und 30 verkauften Ferkeln/Sau/Jahr beeinflussen. Grundsätzlich wird dabei eine Inflation von 2 % pro Jahr unterstellt. Aufgrund der Annahme, dass die Ferkelleistung um 0,3 verkaufte Ferkel/Sau/Jahr steigt, erhöht sich die Direktkostenfreie Leistung (DkfL) pro Sau ebenfalls jährlich (ausgehend von 680 € in 2024). Die angesetzten Gebäude-, Arbeits- und Allgemeinkosten entsprechen dem aktuellen Durchschnitt der ausgewerteten Ferkelerzeuger in NRW.
Berechnet wurden zunächst zwei Basisvarianten, die keine oder nur geringe Investitionskosten verursachen. Zum Ende der Übergangsfrist für den Abferkelbereich läuft die Sauenhaltung aus. Betriebe, die dies dem Veterinäramt gegenüber erklären, dürfen aufgrund einer Härtefallregelung noch bis 2038 Sauen halten, obwohl die Übergangsfrist 2036 ausläuft.
Weiterhin wurden vier verschiedene Varianten für einen möglichen Umbau bzw. Neubau kalkuliert. Die Sauenzahl bleibt jeweils bestehen. Zusätzlicher Platz wird über eine Neubaulösung geschaffen. Genehmigungsrechtliche Fragen werden nicht berücksichtigt. Eine mögliche Förderung über das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung wird in zwei Szenarien ebenso einkalkuliert, wie in der letzten Variante ein zusätzlicher Ferkelerlös z. B. aus der Teilnahme an einem Markenprogramm. Im Einzelnen sind folgende Varianten gerechnet worden (Grafik):
- Abstocken und 2038 aufhören
- Anbau einer Halle als Arena (spätere Umnutzung möglich), 2038 aufhören
- Umbau des Deckzentrums und Neubau des Abferkelstalles sofort ohne Förderung,
- Umbau des Deckzentrums und Neubau des Abferkelstalles zum letztmöglichen Termin ohne Förderung,
- Umbau des Deckzentrums und Neubau des Abferkelstalles sofort mit 55 % Förderung,
- Umbau des Deckzentrums und Neubau des Abferkelstalles sofort mit 55 % Förderung und 6 € Mehrerlös pro Ferkel für besondere Vermarktung.
Die Kosten für den Umbau des Deckzentrums sind mit 4 400 € pro Platz im Deckzentrum angesetzt. Der Neubau im Abferkelstall kostet etwa 10 000 € pro Abferkelbucht. Gerechnet wurde mit 10 % Jahreskosten (7 % AfA, 3 % Zinsansatz auf halben Neuwert und 1,5 % Reparaturen). Als zusätzliche Arbeitszeit sind 1,5 Stunden im Deckzentrum und 1 Stunde im Abferkelbereich je Sau und Jahr kalkuliert.
Entwicklung der Sauenhaltung bis 2040
Im Ergebnis zeigt sich, dass die Anpassung auf die neuen Haltungsvorgaben einen Ferkelerzeuger viel Geld kosten wird. Ein sofortiger Umbau von Deckzentrum und Abferkelstall ohne Förderung oder Gegenfinanzierung ist wirtschaftlich nicht tragbar. Auch der Umbau zum Ende der Übergangsfristen bedeutet für den Betrieb in der Kumulation der Jahresergebnisse ein Minus von rund 629 000 € bis 2040 (Übersicht).
Die staatliche Investitionsförderung reduziert zwar die Kosten für den Umbau. Der Eigenanteil von etwa 45 % an den Investitionskosten bedeutet aber immer noch einen Verlust von rund 950 000 € in der Summe bis 2040.
Ein Umbau auf die neuen Haltungsvorgaben ist wirtschaftlich nur tragbar, wenn zusätzlich zur Förderung auch ein Mehrerlös für das verkaufte Ferkel erzielt werden kann. Ob dies über ein Markenprogramm oder eine generelle Anhebung der Ferkelpreise erfolgt, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. In dem hier aufgeführten Beispiel müssen die Ferkelpreise um mindestens 6 €/Ferkel steigen, um mit der Variante »Arenaanbau und 2038 aufhören« mithalten zu können (Grafik)