Rohöl. Wie weit dreht die OPEC den Ölhahn auf?
Aus Sorge vor einem Überangebot sind die Ölpreise auf das niedrigste Niveau seit mehr als drei Jahren gefallen. Gleichzeitig trübt sich die Nachfrage ein.
Die Ölpreise fielen in der ersten Märzwoche auf das niedrigste Niveau seit mehr als drei Jahren. Auslöser war die Ankündigung der OPEC+, die Produktionskürzungen von 2,2 Mio. Fass ab April schrittweise zurückzunehmen. Dadurch steigt die Ölproduktion jeden Monat um knapp 140 000 Fass Tagesförderung an.
Warum steigert die OPEC+ die Ölproduktion?
Und das, obschon der Preis für die meisten Mitglieder unbefriedigend ist? Ein Grund könnte der kräftige Anstieg der Ölproduktion in Kasachstan im Februar auf ein Rekordniveau von mehr als 2 Mio. Fass pro Tag sein. Kasachstan überschritt damit die vereinbarte Produktionsmenge im Februar deutlich. Die Bereitschaft der anderen OPEC+-Länder, die Produktionsvorgaben zu erfüllen, dürfte dadurch geringer geworden sein, zumal Kasachstan schon im vorigen Jahr über mehrere Monate mehr Öl produzierte als vereinbart.
Laut Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) ist der Ölmarkt in diesem Jahr bereits mit rund 600 000 Fass pro Tag überversorgt. Sofern die OPEC+ ab April jeden Monat die Tagesproduktion um
140 000 Fass erhöhen sollte und die Überproduktion in Ländern wie Kasachstan bestehen bliebe, stiege das Überangebot laut IEA um weitere 400 000 Fass. Das dürfte etwas zu hoch gegriffen sein, denn die meisten anderen Marktbeobachter legen für die derzeitige OPEC-Produktion niedrigere Zahlen zugrunde als die IEA.
Die Politik der USA kann zu einer geringeren Nachfrage führen
Vor allem von dort kommen weitere Unsicherheitsfaktoren, die die Marktlage beeinflussen können. So könnte die Ölnachfrage durch die erratische Zollpolitik von US-Präsident Trump stärker in Mitleidenschaft gezogen werden, wodurch das Überangebot noch etwas größer ausfallen würde. Die jüngsten US-Konjunkturdaten deuten bereits auf eine Abschwächung der Wirtschaftsaktivität in den USA hin.
Davon sind auch die Rohölimporte aus Kanada betroffen. Die sollen mit einem Zollsatz von 10 % belegt werden. Der Zoll wurde bereits zweimal angekündigt und wieder verschoben; ob er wirklich erhoben wird, kann niemand sagen. Die Auswirkungen für die US-Raffinerien wären jedenfalls gravierend. Diese bezogen 2024 täglich rund 4 Mio. Fass aus Kanada (rund 60 % der gesamten Einfuhren). Das schwere schwefelhaltige kanadische Öl ist für die US-Raffinerien weder von der Menge noch von der Qualität her zu ersetzen. Sie müssten daher den Zoll zahlen oder die Importe und die Verarbeitung reduzieren. Infolge der Einfuhrzölle dürften somit deutliche Preissteigerungen für die US-Verbraucher drohen, was auf der US-Ölnachfrage lasten könnte.
US-Schieferölproduktion stagniert
Die Bohraktivitäten in den USA stagnieren seit Monaten auf niedrigem Niveau. Die US-Schieferölproduktion dürfte daher in diesem Jahr weniger stark steigen als im Vorjahr. Beim aktuellen Preisniveau wird die von der US-Regierung angestrebte Ausweitung der US-Ölproduktion wohl weiter auf sich warten lassen.
Aus Venezuela will die USA kein Öl mehr beziehen und gegen den Iran will Präsident Trump »mit maximalem Druck« vorgehen, um ein neues Atomabkommen auszuhandeln. Dazu sollen die iranischen Ölexporte (zuletzt 1,4 Mio. Fass täglich)auf nahezu null gedrückt werden. Was die Ölsanktionen gegen Russland angeht, lässt sich auch keine valide Prognose treffen. Beides ist denkbar: eine Verschärfung oder Lockerung, je nachdem wie mögliche Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg ausgehen.