Meinung Düngerecht. Ein Neustart wäre nötig
Für die einen ist es ein längst überfälliger Schritt, für die anderen ein eklatanter Fehler: die Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung. Für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Nährstoffflüssen sollte sie sorgen, um letztlich die Belastung von Gewässern mit Nitrat und Phosphat zu reduzieren. Womöglich auch Betrieben in Roten Gebieten die Chance bieten, sich von den besonders strengen Auflagen zu befreien. Fehlt nun ein wichtiges Instrument für mehr Verursachergerechtigkeit bei Nährstoffüberschüssen? Jein.
Schon die zahlreichen neuen Vorgaben aus der Düngeverordnung, die übrigens nur zum Teil wissenschaftlich belegt sind und längst nicht von allen Experten als zielführend bewertet werden, überforderte viele Betriebe. Dass sie parallel dazu dann auch noch eine Stoffstrombilanz vorlegen sollten, war das berühmte i-Tüpfelchen. Zumal die gemeldeten Bilanzen bis dato ins Leere liefen. Denn nicht mal die Düngebehörden oder die Berater wussten so recht, was sie mit den Daten anfangen sollten.
Trotzdem wollen die Wasserwirtschaft, Umweltverbände und einige Vertreter aus Wissenschaft und Politik daran festhalten. Ihr Argument: Es handle sich um eine vergleichsweise einfach umzusetzende Maßnahme, die mit entsprechenden Kontrollen ein gutes Werkzeug für die Identifizierung von »Problembetrieben bzw. -regionen« darstellt. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Denn eine Stoffstrombilanz (die im Grunde eine Hoftorbilanz ist) liefert durchaus einen guten Überblick über die Nährstoffströme. Bei tierhaltenden oder Gemüsebaubaubetrieben waren die Werte aber oft verzerrt. Zudem ist eine betriebliche Bilanzierung nicht dafür geeignet, flächenspezifische Aussagen zu treffen. Und Nitratauswaschung findet nun mal auf der Fläche statt. Für eine detaillierte Analyse der Nitratfrachten wäre daher im zweiten Schritt eine Flächenbilanz erforderlich.
Möglicherweise könnte eine solche Vorgehensweise tatsächlich zu mehr Verursachergerechtigkeit führen. Aber doch nicht zusätzlich zur bisherigen Düngegesetzgebung! Konsequenterweise müsste man das Düngerecht noch einmal grundsätzlich überdenken und ganz neu strukturieren. Entweder man streicht 80 % der Einzelvorschriften aus der Düngeverordnung und führt eine
Stoffstrombilanzierung mit einigen fachlich fundierten Anpassungen sowie Zugeständnissen bei den Bilanzsalden
ein. Oder man nutzt die ohnehin vorliegenden Daten aus der Düngeverordnung, rechnet damit digital und automatisiert Nährstoffvergleiche (also Flächenbilanzen) und schafft Ausnahmeregelungen für gewässerschonend wirtschaftende Betriebe. Dafür müsste sich die Bundesregierung allerdings ordendlich reinknien. Und man müsste auch noch die EU-Kommission von der neuen Vorgehensweise Deutschlands bei der Umsetzung der Nitratrichtlinie überzeugen. Ohne Frage ein dicker Brocken! Aber hoffen darf man ja.