
Frühjahrsaussaat. Es braucht viel Fingerspitzengefühl
Die mehr als üppigen Niederschläge im Herbst 2023 haben dazu geführt, dass Wintergetreide häufig nicht gedrillt werden konnte. Noch immer sind viele Flächen wassergesättigt. Worauf es jetzt zur Aussaat von Sommergetreide und Leguminosen ankommt, zeigt Frank Hahn.
Im Herbst 2023 konnten nicht alle Winterkulturen in geplantem Umfang ausgesät werden. Konkret bedeutet das bei 4,9 Mio. ha Wintergetreide ein Minus von rund 4 % im Vergleich zum Vorjahr. Die stärksten Einbußen gibt es beim Winterweizen. Hier sind im Vergleich zum Vorjahr über 200 000 ha weniger in die Erde gekommen (– 7 %). Die größten Flächenrückgänge verzeichnen dabei Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern. Nun kommt es auf eine gute Etablierung der Sommerkulturen an. Was ist für die anstehende Frühjahrsaussaat zu beachten?
Vor allem beim Weizen ist der Anbaurückgang zum größten Teil auf die feuchten Böden und die damit einhergehende schlechte Befahrbarkeit zurückzuführen. Verschärft wurde die Situation zusätzlich durch Verzögerungen bei der Körnermais- und Zuckerrübenernte. Durch die ergiebigen Niederschläge über Winter kam es regional auch zu größeren Überschwemmungen, wodurch zusätzlich noch Flächen umgebrochen werden müssen. Und diese Flächen finden sich in den genannten Zahlen noch nicht einmal wieder.
Ein gewisser Teil der Flächenrückgänge ist aber auch der neuen GAP zuzuschreiben. Denn ab Herbst 2023 war die Stilllegungsverpflichtung erstmalig in Gänze einzuhalten. Vereinzelt haben zudem die gestiegenen Anforderungen an die Fruchtfolgegestaltung zu einem Rückgang der Weizenfläche beigetragen.
Für einen erfolgreichen Anbau von Sommerungen müssen die meist schwierigen Bedingungen am Ende des Winters und die zunehmenden Trockenphasen im Frühjahr gemeistert werden. Der Schlüssel hierfür liegt in der Bodenbearbeitung und der Aussaat. Wegen der kurzen Vegetationszeit des Sommergetreides und der meisten anderen Sommerungen wirken sich Fehler hier besonders stark aus.
Die Bodenbearbeitung hängt vor allem vom Bodenzustand und insbesondere von der Feuchtigkeit ab. Eine Winterfurche ist besonders für schwere Böden interessant sowie für Böden, die sich nur langsam erwärmen. Auch der Unkraut- und Ungrasdruck ist hier meist geringer. Werden bei der Sommerkultur Bodenherbizide eingesetzt (z. B. Zuckerrüben oder Leguminosen), sind die Wirkungsgrade durch die geringere Organik in Kombination mit der feinen Bodenstruktur in der Regel besser. Eine gute Winterfurche ist zunächst einmal
dann gegeben, wenn nicht unter nassen Bedingungen gepflügt wurde. Im Winter 2023/ 2024 kam der Pflug weniger zum Einsatz als in den Vorjahren. Nicht selten waren die Böden zu nass, sodass, wenn gepflügt wurde, Pflugsohlen unweigerlich die Folge waren. In einigen Regionen fielen Ende November höhere Schneemengen. Diese Auflage haben manche Landwirte für eine bessere Befahrbarkeit zum
Pflügen genutzt. Der Boden war jedoch nicht tief gefroren, sodass neben Schmierschichten auch noch größere Mengen Schnee eingearbeitet wurden, was ebenfalls ungünstig ist. Dort, wo es zu Verdichtungen und Schmierschichten kam, ist eine längere Frostperiode erforderlich, um diese Strukturprobleme zu beheben. Andernfalls werden die Wurzeln der Sommerkulturen Schwierigkeiten haben, in
tiefere Bodenschichten zu gelangen.
Ackerbaulich sinnvoll ist nicht immer rechtlich möglich
Mit der neuen GAP sind die Anforderungen an die Mindestbedeckung des Bodens über Winter gestiegen. Eine Winterfurche darf auf maximal 20 % der Ackerfläche durchgeführt werden. Lediglich schwere Böden (> 17 % Tongehalt) fallen nicht unmittelbar unter die
20 %-Regelung. Gleiches gilt für Flächen mit früh gesäten Sommerkulturen in normalen Lagen mit Aussaat bis zum 31. März und in
höheren Lagen (in Hessen z. B. > 400 m NN) bis zum 15. April, wenn bis zum 15. November eine Bodenbedeckung vorhanden war. In roten Gebieten besteht vor Sommerkulturen die Pflicht zum Zwischenfruchtanbau, wenn die Folgekultur nach dem 1. Februar gesät wird und mit Stickstoff gedüngt werden soll. Ausnahmen gibt es, wenn die Ernte der Vorfrucht nach dem 1. Oktober erfolgt oder das zehnjährige Niederschlagsmittel unter 550 mm liegt.
Werden Zwischenfrüchte zur Begrünung in roten Gebieten oder im Rahmen der GAP zur Erfüllung der Mindestbedeckung angebaut, dürfen Sie bis zum 15. Januar nur Maßnahmen ohne Eingriff in den Boden durchführen. Dazu zählt z. B. das Walzen. Zu beachten sind außerdem unbedingt die Vorgaben zu GLÖZ 5 (Erosionsschutz). Auf Flächen, die in K Wasser 1 oder K Wasser 2 eingestuft sind, gelten
in bestimmten Zeiträumen Pflugverbote.

Hat der Frost eine gute Bodengare hinterlassen, sollten Sie bei trockenen Bedingungen eine flache Saatbettbereitung oder im Idealfall eine direkte Aussaat mit entsprechenden Vorwerkzeugen durchführen. Eine tiefe Bodenbearbeitung zur Saatbettbereitung sollte bei einer Winterfurche vermieden werden, da es sonst durch Verdunstung zu Wasserverlusten kommen kann. Sehr kritisch ist es, wenn nach der Bearbeitung eine Trockenphase folgt. Dann kann es sein, dass nicht genug Keimwasser vorhanden ist, was den Feldaufgang hemmt. Generell sollten Sie auf einen guten Bodenschluss achten. Das gilt vor allem bei intensiver Bearbeitung.
Wie mit Zwischenfrüchten umgehen? Gut entwickelte Zwischenfruchtbestände frieren oftmals nicht sicher ab. Ein Walzgang im Winter hilft, den Abbau des Aufwuchses anzuregen. So werden die Stängel gebrochen und die Blätter angerissen. Gleichzeitig reduziert dies Kohlenstoff- und gasförmige N-Verluste. Am besten eignet sich hier eine Prismenwalze. Damit wird der Aufwuchs nicht ganzflächig auf
den Boden gedrückt, sodass nach wie vor ein Luftaustausch stattfinden kann. Das ist wichtig, um Lachgasemissionen zu vermeiden. Eine Cambridgewalze verletzt die Zwischenfrüchte deutlich weniger bis gar nicht. Sie drückt die Pflanzen in der Regel nur platt. Das reduziert den Gasaustausch. Idealerweise sollte der Boden im Winter gefroren sein. Vor einem Bearbeitungsgang empfiehlt es sich, den Frostzustand
zu kontrollieren. Als Orientierung kann eine Lufttemperatur von – 6 °C dienen. Unter diesen Bedingungen ist davon auszugehen, dass auch der Boden unter der Zwischenfrucht ausreichend gefroren ist. Auch eine flache Bodenbearbeitung im Winter bei leichtem Frost mit einer Scheibenegge kann vorteilhaft sein, um das Absterben der Zwischenfrüchte und das Abtrocknen des Bodens zu fördern. Aber Vorsicht: Hier können die rechtlichen Rahmenbedingungen mit den ackerbaulichen Aspekten kollidieren.
Zwischenfrüchte mulchen sollten Sie nur dann, wenn unter Frostbedingungen kein Walzen möglich war oder es gar keinen Frost gab. Auch vor dem Mulchen muss der Bodenzustand kontrolliert werden. Bei intensivem Zerkleinern entsteht eine dichte Matte aus sehr kleinen Pflanzenteilen. Dadurch erhöht sich das Risiko eines Sauerstoffabschlusses und von Lachgasemissionen. Daher sollte möglichst
zeitnah eine Einarbeitung erfolgen. Das hat gleichzeitig den Vorteil, dass die Flächen rascher abtrocknen und Altverunkrautung mit bekämpft wird. Allerdings muss man auch hier die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Bodenbearbeitung im Blick behalten. In schwachen, lückigen Zwischenfruchtbeständen, die hohe Ungras- und Unkrautbesätze aufweisen, kann der Einsatz von Glyphosat sinnvoll sein. Grundsätzlich ist zu beachten, dass Zwischenfruchtflächen meist langsamer abtrocknen. Vor der Bearbeitung sollten Sie
daher den Bodenzustand genau kontrollieren, um Strukturschäden zu vermeiden.
Grundbodenbearbeitung im Frühjahr. Ein nicht unerheblicher Teil der noch zu bestellenden Sommerungsflächen wurde im Herbst nicht mehr bearbeitet. In dem Fall lautet die Devise: »Füße stillhalten!« Die Böden haben eine hohe Wassersättigung. Wenn keine Befahrbarkeit gegeben ist, sollten Sie warten. Sind die Bedingungen günstig, sollte die erste Bearbeitung möglichst flach mit 6 bis 8 cm (10 cm) erfolgen,
um verkrustete Schichten aufzubrechen und Altpflanzen zu beseitigen. Dieser Arbeitsgang beschleunigt auch das Abtrocknen. Die erste Bearbeitung kann mit einer Scheibenegge erfolgen. Für die zweite, tiefere Lockerung in 10 bis 15 cm (20 cm) sollte man einen Grubber ohne
Flügelschare nutzen. Das minimiert das Risiko von Schmierschichten. Wer flach arbeitet, sollte bedenken, dass weniger Sauerstoff in den Boden gebracht wird. Folglich ergibt sich eine langsamere Erwärmung und Mineralisierung des Bodens. Bezüglich des Wasservorrates
hat dieses System jedoch klare Vorteile.
Der Einsatz des Pfluges im Frühjahr benötigt viel Fingerspitzengefühl. Bei einem noch zu feuchten Boden entstehen sehr schnell Schmierschichten. Das führt zu einer schlechteren Wasser- und Nährstoffaufnahme sowie erhöhter Stress- und Krankheitsempfindlichkeit. Gleichzeitig ist das Erosionsrisiko nicht zu unterschätzen. Ist die Struktur nach der Bearbeitung mit Pflug und anschließendem Kreiseleggeneinsatz gut und feinkrümelig, kann es bei stärkeren Niederschlägen zu größeren Erdabträgen kommen. Bei Frühjahrstrockenheit kann der Pflug zudem einen negativen Einfluss auf den Wasservorrat haben. Das ist meist der Fall, wenn im April
gepflügt wird (jahresabhängig teils aber auch schon im März).
Saatbett geht vor Saatzeit. Je früher gesät wird, desto länger können die Pflanzen noch unter Kurztagsbedingungen wachsen. Die verlängerte Vegetationszeit fördert die Bestockung, den Tiefgang der Wurzeln und die Ausdifferenzierung der Blütenanlagen. Frühe Termine sind hier zwischen Februar und Anfang März. Vor allem Sommerweizen und Ackerbohnen profitieren von diesen frühen Saatterminen. Je früher man Sommerweizen drillt (in manchen Jahren ergeben sich auch schon im Januar günstige Bedingungen), desto eher sollte man auf Sorten mit Wechselweizeneignung setzen. Diese besitzen eine höhere Frosttoleranz. Wichtig dabei ist, dass gute
Bestellbedingungen vorherrschen. Auch Hafer sollten Sie möglichst früh säen. Hier sind Termine ab Anfang März anzustreben. Ein Hauptproblem bei Hafer sind zu trockene Saatbedingungen. Zur Keimung benötigen die Körner wegen der Spelzen mehr Keimwasser. Sinnvoll ist eine Ablage in 3 bis 4 cm. Je tiefer abgelegt wird, desto langsamer laufen die Pflanzen auf, und die Bestockung fällt schwächer
aus. Daher sind bei tieferer Saatgutablage etwas höhere Saatstärken anzustreben.
Sommergerste hat dank ihrer kurzen Vegetationsphase von nur 110 bis 130 Tagen eine größere Flexibilität bezüglich des Saatzeitpunktes. Dennoch sorgen Termine von Ende Februar bis Mitte März für stabilere und höhere Erträge. Unter allen Sommergetreidearten reagiert Gerste am stärksten auf zu feuchte Aussaatbedingungen. Verdichtungen führen zur Gelbfärbung und Wuchsdepressionen. Hier ist besondere Obacht geboten. Futtererbsen sollten zwischen Mitte März und Mitte April im Boden sein. Im Vergleich zu Ackerbohnen sind dank der höheren Keimtemperatur und besseren Spätsaatverträglichkeit flexiblere Saattermine möglich. Aber auch hier wirkt sich eine Saatbettbereitung bei feuchten Bedingungen negativ aus.
Wasserversorgung. Die Erträge von Ackerbohnen, Hafer und Sommerweizen sind stark von der Wasserverfügbarkeit während der Vegetationsperiode abhängig. Für den Anbau dieser Kulturen sollten Sie daher tiefgründige, nährstoffreiche Standorte mit ausgeglichener Wasserversorgung wählen. Sommergerste und Futtererbsen können über die Vegetation auch mit weniger Wasser auskommen. Sie sind damit flexibler in der Standortwahl.