
Fruchtfolge. Wo Sommergerste am besten passt
Sommergerste leidet vor allem in Süddeutschland zunehmend unter ungünstigen Aussaatbedingungen und zu viel Regen in der Ernte. Wie Sie darauf reagieren können, beschreiben Robert Bohla und Matthias Hoppert.
In den süddeutschen Kerngebieten des Braugerstenanbaus verändern sich die bisher klaren und festen Praktiken deutlich – nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels. Die Sommergerste leidet zunehmend unter ungünstigen Aussaatbedingungen und zu viel Regen in der Ernte. Welche Möglichkeiten gibt es, darauf zu reagieren?
Es gibt viele gute Gründe für den Anbau von Sommergerste. Im Norden und Nordwesten haben viele Landwirte noch das Trockenjahr 2018 mit historisch niedrigen Erträgen in Erinnerung. Die Ursache der Missernte war jedoch nicht alleine die Trockenheit, sondern ein besonders verregneter und nasser Herbst und Winter im Jahr zuvor. Das Wetter machte damals eine ordnungsgemäße Bestellung des Wintergetreides, noch dazu nach später Hackfruchternte, unmöglich.
Die Eingliederung der Sommerbraugerste in hackfruchtbetonte Fruchtfolgen vergrößert das Zeitfenster zwischen der Ernte der Vorfrucht und der Aussaat der Folgefrucht. Damit lassen sich noch Korrekturmaßnahmen mit Hilfe der Bodenbearbeitung vornehmen und man kann
einen trockeneren Bearbeitungszeitraum abwarten. Nicht zuletzt macht auch die seit der Zuckermarktliberalisierung praktizierte Verschiebung der Rübenkampagne mit späteren Rodeterminen den Anbau von Winterweizen als Folgefrucht oftmals unmöglich. Auch aus diesem Grund wird auf solchen Standorten die Sommergerste häufig als Alternative herangezogen.

Bessere Ungraskontrolle als Anbaumotivation im Norden? Nicht selten führen Landwirte als Grund für den Einstieg in den Sommergerstenanbau die bessere Kontrolle von Ungräsern und die Reduzierung des Keimdruckes, allen voran der Ackerfuchsschwanzsamen, an. Diesbezüglich können wir jedoch lediglich eine Verbesserung und Verminderung der Ungrasbelastung feststellen, wenn auf sehr späte Saattermine gesetzt wird. Bei frühen Saatterminen kann sich vor allem Ackerfuchsschwanz sehr stark im Bestand etablieren, da dieser für das vegetative Wachstum einen deutlich geringeren Temperaturanspruch als die Sommergerste aufweist. Bei frühen Saatterminen wäre eine intensive chemische Behandlung der Ungräser notwendig. Hier sind uns aber mangels verfügbarer Wirkstoffe die Hände gebunden. Gegen Ackerfuchsschwanz sind in Sommergerste nur ACC-ase-Hemmer möglich. Gerade in den Regionen, wo Sommergerste zur Verminderung des Ungrasdruckes angebaut wird, haben wir es allerdings häufig mit einer ausgeprägten ACC-ase-Resistenz beim Ackerfuchsschwanz zu tun. Daher entfällt diese Option.
Machen Preisaufschläge Mindererträge wett? Selbstverständlich sind auch ökonomische Aspekte wichtige Beweggründe. In aller Regel lag der Preis für Braugerste in den letzten Jahren knapp 40 €/t oberhalb des Preises für A-Weizen. Dazu kommen die deutlich niedrigeren Produktionskosten für Braugerste aufgrund des geringeren Stickstoffeinsatzes. Das machte sich vor allem in den letzten drei Jahren deutlich bemerkbar, als die Preise für N-Dünger einen historischen Höhepunkt erreichten.
Kann die Sommergerste im Frühjahr unter passenden Bedingungen mit guter Struktur gedrillt werden, so lassen sich höhere Erträge als beim Winterweizen realisieren. Die Sommergerste kann unter diesen Bedingungen mit einer besseren Wassernutzungseffizienz als der Winterweizen punkten. Dies macht sich vor allem in den trockenen Mittelgebirgslagen Deutschlands bemerkbar, wenn nach einem späten Rodetermin die nutzbare Feldkapazität des Standortes über die Wintermonate aufgrund der nicht ausreichenden Winterniederschläge nicht mehr zu 100 % gefüllt werden kann. Somit machen sich sowohl die höheren Erzeugerpreise, die niedrigeren Produktionskosten als auch die höheren Erträge in Summe wirtschaftlich bemerkbar. Die Düngeverordnung setzt in den Roten Gebieten indirekt weitere Anreize, die Braugerste mit in die Fruchtfolge zu integrieren. Die Braugerste ist nahezu das einzige Getreide, welches auf eine reduzierte N-Düngung weder mit Qualitätseinbußen noch kaum mit Ertragseinbußen reagiert.
Einschränkung im Süden, Ausdehnung im Norden
Der Anbau von Braugerste ist gemessen an der Ackerfläche in Deutschland mit knapp 375 000 ha – wovon 160 000 ha auf Bayern und Baden-Württemberg entfallen – außerhalb dieser Bundesländer eher unbedeutend. Regional findet man auch in den Mittelgebirgslagen Rheinland-Pfalz, Hessens, Thüringens und Sachsens bedeutende Anteile in der Fruchtfolge. Im Norden spielte die Braugerste bisher kaum eine Rolle.
In den vergangenen Jahren ist jedoch eine Verschiebung des Braugerstenanbaus Richtung Norden zu beobachten. Diese Veränderung hat vielschichtige Gründe. Im Norden und Nordwesten Deutschlands spielt traditionell der Anbau von Hackfrüchten wie Kartoffeln und Zuckerrüben sowie seit dem Biogasboom der Anbau von Silomais eine erhebliche Rolle. In aller Regel folgte nach den Hackfrüchten der Anbau von Wintergetreide. Der Wintergetreideanbau war jedoch zuletzt mit einem erheblichen Ertragsrisiko verbunden. Durch die Verschiebung der Niederschläge in die Herbst- und Wintermonate war eine ordentliche Bestellung des Wintergetreides häufig kaum mehr möglich. In puncto Bodenstruktur wurde häufig nur noch mit groben Kompromissen agiert. Dies mündete nicht selten in katastrophalen Ernteergebnissen, da die Trockenresilienz des Wintergetreides bedingt durch eine schlechte Bodenstruktur und damit einhergehend einer mangelnden Wurzelentwicklung stark eingeschränkt war.
Die Vorteile früher Saattermine lassen sich kaum noch nutzen. Die Sommergerste reagiert auf frühe Saattermine mit einer besseren Ertragsstabilität und höheren Erträgen. Bei späteren Saatterminen besteht immer das Problem, dass sie die notwendige Ährendichte nicht erreicht und somit die Korndichte für hohe Erträge zu gering ist. Darüber hinaus bildet sich in der Kürze der Zeit nur noch eine schwache Wurzel aus, welche den Unterboden auch auf besseren Standorten kaum mehr erschließt. Das Risiko von Trockenstress und den damit verbundenen Schäden steigt dadurch eklatant.
Frühen Saatterminen macht jedoch die Verschiebung der Niederschläge auf die Wintermonate mehr und mehr einen Strich durch die Rechnung. Die Böden sind im zeitigen Frühjahr häufig derart wassergesättigt, dass an Saattermine Ende Februar bis Anfang März nicht einmal annähernd zu denken ist. In den vergangenen Jahren sind aufgrund des Klimawandels vermehrt auch früh gedrillte Bestände auf schwachen Standorten Oberfrankens und Thüringens kein Garant mehr für gute Braugerstenqualitäten. So kam es nicht selten aufgrund der ungleichmäßig verteilten Niederschläge zu Stoßungen aufgrund zu hoher Proteingehalte und nicht erreichter Vollgerstenanteile.
Sommergerste im Herbst drillen ist attraktiv – wäre da nicht das Frostrisiko. In Süddeutschland haben Landwirte in den letzten Jahren vermehrt darauf gesetzt, relativ frosttolerante Braugerstensorten wie Leandra oder Amidala bereits im Spätherbst unter noch vertretbaren Bodenbedingungen zu drillen. Hier darf die Vorwinterentwicklung der Gerste im Herbst allerdings nicht zu üppig ausfallen, da ansonsten die Frosttoleranz stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Vorteile der Aussaat im Spätherbst liegen dabei auf der Hand: Unter Kurztagsbedingungen bleiben der Gerste ganze vier bis fünf Monate mehr Zeit, um Wurzeln anzulegen und den Unterboden zu durchwurzeln. Darüber hinaus verlängert sich im Kurztag die Anlagephase von kräftigen Nebentrieben sowie die Zeit für die Anlage von fertilen Ährchen in den Nebentrieben der Gerstenpflanzen.
Im Vergleich zur Sommergerstenaussaat im Frühjahr entgehen diese Saaten der Gefahr vor Trockenstress sowie dem Risiko einer vorzeitigen Abreife wenigstens zum Teil. Die notwendige Ährendichte wird aufgrund der langen Anlagephase in aller Regel erreicht und damit die Korndichte abgesichert. Nicht selten liegen die Mehrerträge aufgrund der genannten Faktoren bei über 10 dt/ha, was eindeutig für die Aussaat im Spätherbst spricht. Im Spätherbst gedrillte Bestände reifen in der Regel früher ab und laufen weniger Gefahr, durch eine späte und verregnete Ernte Qualitätseinbußen zu erleiden. Die Kombination von Sommerbraugersten in Frühjahrs- und Herbstaussaat in der Fruchtfolge verteilt zudem das wetterbedingte Qualitätsrisiko auf verschiedene Druschtermine. Das schafft ein höheres Maß an
Vermarktungssicherheit.
Die Aussaat von Sommergerste im Spätherbst bietet jedoch auch einige Risiken. Das größte Risiko stellt die im Vergleich zur Wintergerste deutlich geringere Frosthärte dar. Sehr kalte und frostreiche Winter sind mittlerweile zwar eher selten. Aber es besteht weiterhin das Risiko von Temperaturen im zweistelligen Minusbereich. Die Frosthärte der Sorte Leandra erreicht ihre absolute Grenze bei – 12 °C, die der Amidala bereits bei – 10 °C. Dass dies nicht immer ausreicht, zeigte der vergangene Winter deutlich. Im Januar gab es nur wenige Tage, an denen in den Mittelgebirgslagen die Tiefsttemperaturen zwischen – 12 und – 14 °C lagen. Das reichte jedoch aus, um im Herbst bestellte Sommergerste ganzflächig auszuwintern. Etliche Flächen in Thüringen, Sachsen und Bayern mussten umgebrochen und neu bestellt werden. Anteilsmäßig machten diese Flächen nicht selten mehr als zwei Drittel der im Herbst gedrillten Bestände aus. Auch bei der Krankheitsanfälligkeit leiden die im Herbst gesäten Sommergersten deutlich stärker an Rhynchosporium oder Microdochium nivale, als dies bei den Frühjahrssaaten der Fall ist.
Risikoärmer ist dagegen der Anbau von Winterbraugerste. Der Winterbraugerstenanbau erfreut sich in Süddeutschland- und Mitteldeutschland wachsender Beliebtheit. Winterbraugerste ähnelt in der Bestandesführung und in ihrer Pflanzenentwicklung stark der Winterfuttergerste. Der frühe Aussaattermin lässt eine lange vegetative Entwicklung zu. Die frühe Abreife im Sommer reduziert zudem das Risiko einer hitzebedingten Abreife. Somit profitiert man bei der Winterbraugerste von einer hohen Ertragsstabilität ähnlich der einer Winterfuttergerste. Die Vermarktungsmöglichkeiten sind, seitdem neuere Sorten auch gute Brauqualitäten erreichen, relativ gut. Gleichwohl honoriert der Markt Winterbraugersten mit Preisabschlägen zwischen 30 und 40 €/t zu entsprechenden Sommergerstensorten. Im Vergleich zur klassischen Winterfuttergerste müssen Sie bei der Winterbraugerste um 10 bis 15 % niedrigere Erträge in Hochertragsregionen einkalkulieren. In mittleren und schwachen Ertragslagen schmilzt der Ertragsnachteil hingegen ab und pendelt sich bei guter Bestandesführung bei ca. 5 bis 10 % hinter zweizeiliger Futtergerste ein. Durch den starken Rückgang der Tierhaltung und der schwachen Nachfrage nach Futtergetreide erreichen die Preisunterschiede zwischen Winterfutter- und Winterbraugerste mittlerweile jedoch nicht selten knapp 100 €/t. Ein möglicher Minderertrag wird daher durch den höheren Preis mehr als kompensiert. Somit ist momentan in den klassischen Wintergerstenregionen Süddeutschlands ein starker Trend weg von der Futtergerste hin zur Winterbraugerste festzustellen. Die Winterbraugerste tritt dabei aber in erster Linie in Konkurrenz zur Winterfuttergerste, weniger zur Sommerbraugerste auf.
Nicht am Stickstoff sparen
Futtergerste. Gerste wird als das Futtermittel der Wahl bei der Haltung von Schweinen mit unkupierten Schwänzen bezeichnet. Erfahrungen aus Schweden stützen diese Einschätzung. Mehr Gerste im Futter wäre also wünschenswert und ihr Anteil im Mischfutter hatte in den vergangenen zehn Jahren auch einen positiven Trend. Der kehrte sich allerdings in den vergangenen zwei Jahren wieder zu mehr Weizen statt Gerste. Ursache dafür waren vor allem gestoßene Qualitätsweizenpartien, die diesen Weizen im Mischfutter attraktiv machten. Auch in Folge der Reduktion des Stickstoffeinsatzes in der Getreideproduktion wurde Gerste wieder unattraktiver für Mischfutterhersteller: Der Rohproteingehalt von Gerste sank lauf Lufa-Ergebnissen von durchschnittlich 11,4 in 2018/19 auf 8,5 % in 2023 (– 25 %). Bei Weizen war der Rückgang weniger ausgeprägt: von 11,6 % in 2018/19 auf 9,7 % in 2023, das ist ein Minus von 16 %.