
Durchwachsene Silphie. Keine Euphorie mehr?
Die Silphie sollte den Energiepflanzenanbau in Deutschland voranbringen und etwas »bunter« machen. Einen echten Durchbruch hat die mehrjährige Kultur bis heute jedoch nicht erreicht. Unter welchen Bedingungen der Anbau dennoch attraktiv ist, zeigt Maendy Fritz.
Dauerkulturen bieten ökologische Vorteile wie nahezu ganzjährigen Schutz vor Erosion und Nährstoffauswaschung, Humusanreicherung sowie einen mehrmonatigen Deckungsraum für Tiere, teils sogar über Winter. Für Landwirte sind Dauerkulturen aufgrund ihrer Pflege- und Erntezeiten außerhalb üblicher Arbeitsspitzen und – auf passenden Standorten angebaut – dank hoher Ertragssicherheit interessant. Die Durchwachsene Silphie ist solch eine Dauerkultur. Mit ihrem Blütenreichtum von Anfang Juli bis zur Ernte Anfang September hat sie zusätzlich einen hohen Wert für Insekten und die nachfolgenden Tiere der Nahrungskette. Einmal erfolgreich etabliert, spart man sich jährliche Bodenbearbeitung, Saat und Pflegemaßnahmen. Man muss nur zur (organischen) Düngung sowie zur Ernte auf die Fläche fahren. Die Silphie ist demnach ideal für hoffern gelegene Flächen.
Anbauflächen und Nutzung
In Bayern beträgt die Silphie-Fläche mittlerweile 2 500 ha. In Deutschland sind es geschätzt insgesamt über 10 000 ha. Die Kultur stammt aus den Präriegebieten Nordamerikas und wird aufgrund ihrer hohen Biomasseleistung in vielen Ländern genutzt. In Deutschland dient sie vor allem als Biogassubstrat. Futteranalytische Untersuchungen in einem TFZ-Projekt ergaben nur einen geringen Futterwert, der mit dem von Stroh vergleichbar ist. Der Grund ist, dass energie- oder proteinreiche Pflanzenbestandteile wie Kolben oder Samen fehlen. Außerdem ist die Futterakzeptanz aufgrund der rauen Blätter, des harten Stängels und eines ungewöhnlichen Silagegeruchs gering. Vereinzelt wird sie in Futterrationen in geringen Anteilen untergemischt oder bewegungsarmen Zootieren in getrockneter Form vorgelegt.
Bestandesführung
Ältere Veröffentlichungen beschreiben die Silphie als trockentolerant. Das ist aber nicht zutreffend. Die Pflanzen leiden in trockenen Jahren massiv, die Stängel sterben nach und nach ab. Unter Umständen erreicht der Bestand keinen Reihenschluss – mit entsprechenden Folgen für die Verunkrautung oder Verungrasung. Als Dauerkultur mit einem über 2 m tief reichenden Wurzelsystem profitiert die Silphie von tiefgründigen Standorten, auf denen sie auch in trockenen Jahren Wasser aus tiefen Bodenschichten aufnehmen kann. Zeitweilige Staunässe, vor allem im Winter, übersteht sie im Vergleich zu anderen Kulturen gut. Der Blütenreichtum ist auch gut für die gesellschaftliche Akzeptanz: Es lohnt sich, die Silphie an einem Spazierweg oder nahe der Biogasanlage zu etablieren. Anders als bei den bekannten landwirtschaftlichen Kulturen stehen keine Sorten zur Auswahl. Meist wird die Ansaat an einen Dienstleister (z. B. Donau-Silphie) abgegeben, der den Nachbau seiner Silphieselektion untersagt. Da die Kultur im ersten Jahr nur eine bodennahe Blattrosette bildet, ist die Etablierung als Untersaat unter einer dünnen Maisdeckfrucht praxisüblich. Dabei werden Mais und Silphie in abwechselnden Reihen gesät, ab dem zweiten Jahr steht die Silphie dann auf 75 cm Reihenabstand. Die Überfahrten bei der Maisernte vertragen die kleinen Silphiepflanzen gut. Gerade auf trockeneren oder unkrautbelasteten Standorten ist allerdings eine Reinsaat mit 37,5 cm Reihenweite anzuraten. Damit erhält man im Ansaatjahr zwar keinen Biomasseertrag, kann aber deutlich länger mechanisch gegen Unkräuter vorgehen. Das mindert das Etablierungsrisiko. Außerdem geht die Silphie viel kräftiger in den ersten Winter und schließt in den Folgejahren die engeren Reihen zuverlässig, was Unkrautprobleme reduziert. Alternativ zum Dienstleister kann Silphie-Saatgut zugekauft und in Eigenregie gesät werden. Die Saatbettbereitung ist allerdings sehr anspruchsvoll, da mit 0,5 bis 1 cm eine flache Ablage erforderlich ist. Zudem ist der Keimwasserbedarf sehr hoch und somit ein guter Anschluss an das kapillare Bodenwasser essentiell. Die Saat kann von Mitte April bis spätestens Mitte Juni erfolgen.
Einordnung als mehrjähriges Ackerfutter
Laut Düngeverordnung werden Silphie und mehrjährige Energiepflanzen wie mehrjähriges Ackerfutter eingeordnet. Die Düngebilanzierung erfordert daher keine Analyse oder Anrechnung des mineralischen Stickstoffs im Boden. In Bayern ist für die Etablierung in Reinsaat, also ohne Beerntung im Ansaatjahr, eine Düngung in Höhe von 50 kg N/ha zulässig. Bei Etablierung als Untersaat richtet sich die Düngung nach der im Mehrfachantrag angegebenen Deckfrucht Mais. In den Folgejahren sollte die vorzugsweise organische Düngung mit Gärprodukten frühzeitig zum Austrieb erfolgen.
Der Düngebedarfswert liegt für 450 dt Frischmasse bei 113 kg N/ha, mit Zu- und Abschlägen von je 5 kg N/ha je 20 dt Frischmasse Ertragsdifferenz. Überfahrten mit dem Güllefass und auch Einschlitzen verkraftet die Silphie gut, solange der Austrieb nur wenige Zentimeter hoch ist. Eine Herbstdüngung ist erlaubt, aber wenig ertragswirksam und ungünstig für die Düngebilanz, sodass davon abzuraten ist.
Chemischer Pflanzenschutz

Auch beim chemischen Pflanzenschutz gelten Zulassung und damit Aufwandmengen der Deckfrucht Mais im ersten Jahr. Dabei ist unbedingt auf die Verträglichkeit der Mittel für die Silphie zu achten. Für Reinsaaten und ältere Silphiebestände gilt entsprechend natürlich nur die Zulassung für Silphie. Aktuell sind Spectrum bis 30.4.2025 sowie Stomp Aqua/ Stomp Raps bis 30.6.2025 für den Einsatz in Silphie zugelassen. Dabei sind die Wirkungslücken (beispielweise gegenüber Kamille und Altverunkrautung) und die
notwendige Feuchtigkeit für die Bodenwirkung zu beachten. Mechanisch sollten Einsätze mit Hacke, Rollkuli oder Reihenfräse die chemische Unkrautkontrolle ergänzen. Vor allem im zweiten Standjahr oder nach sehr trockenen Jahren und entsprechend höherem Unkrautdruck ist ein Hack- oder Fräsdurchgang so kurz vor Reihenschluss womöglich (Bestand muss noch unter Gerät und Schlepper durchschlüpfen können) sehr erfolgreich. In späteren Jahren sollten Sie Silphiebestände auf einwandernde Ungräser kontrollieren und diese rechtzeitig bekämpfen, da Gräser in einem kühlen Frühjahr der Silphie davonwachsen und eine starke Konkurrenz darstellen können. Für den Einsatz von Graminiziden ist eine Ausnahmegenehmigung notwendig, die rechtzeitig beantragt werden muss.
Der optimale Erntezeitpunkt ist zum Blühende erreicht – etwa Ende August bis Anfang September, sobald die Silphiestängel im Inneren hohl werden (nicht nur im Randbereich prüfen!). Empfehlenswert ist ein Direktschneidwerk mit Seitentrennmesser, da die Pflanzen im Bestand ineinanderwachsen. Trotz der meist nur 25 % Trockensubstanzgehalt lassen sich Silphiehäcksel gut verdichten und silieren.
Welche Vorfrüchte eignen sich, und welche Folgekulturen sind empfehlenswert? Wie viele andere Kulturpflanzen ist die Silphie anfällig für Sklerotinia. Sie sollte also nicht direkt nach Sonnenblumen, Raps, Ackerbohnen oder Soja angesät werden. Bei Befall, den man an knickenden/brechenden Stängeln an den Internodien erkennt, ist eine vorgezogene Beerntung ratsam, um die Bildung von Dauerkörpern zu verhindern. Vorfrüchte sollten ein sauberes Saatbett ohne grobe Pflanzenreste und ohne Unkrautdruck bzw. Problemunkräuter wie Ampfer, Disteln oder Quecke hinterlassen. Nach aktuellen Forschungsergebnissen des TFZ lässt sich die Silphie mit einem etwa 10 cm tiefen Fräseinsatz direkt nach der Ernte oder im nachfolgenden Frühjahr problemlos umbrechen. Als Folgekulturen bieten sich Wintergetreide und vor allem Mais an, um den Stickstoff aus der nachfolgenden Mineralisation aufzunehmen. Der vereinzelte Silphie-Durchwuchs lässt sich mit üblichen Herbiziden weitgehend beseitigen und stört bei der Nutzung von Silomais oder Ganzpflanzensilage als Biogassubstrat oder Futter nicht.
Empfehlungen für die Praxis
Wie für alle Dauerkulturen gilt auch für die Durchwachsene Silphie, dass vor dem Anbau die langfristige Nutzung gesichert werden sollte. Die aufnehmende Biogasanlage muss eine ausreichende (Rest-)Laufzeit für Silphie-Standzeiten von 10 bis 15 Jahren und mehr haben. Die Nutzung als Biogassubstrat ist quasi zwingend. Ohne Biogasanlagen wird die Silphie wieder aus unserer Agrarlandschaft verschwinden. Für die Etablierung sollten Sie bereits im Vorjahr gute Startbedingungen schaffen und ausreichend Arbeitszeit für die Unkrautbekämpfung
einplanen. Unkrautnester und dadurch entstehende Fehlstellen mindern dauerhaft den Ertrag.
Lohnt sich der Anbau?
Die geschilderten Vorteile des Silphieanbaus lassen sich kaum monetär bewerten, sollten aber beispielsweise auf erosionsgefährdeten Flächen und in Grundwasserschutzgebieten berücksichtigt werden. Durchschnittlich erreicht die Silphie auf guten Standorten etwa 90 % des Trockenmasseertrages von Silomais. Durch wenig energiereiche Pflanzenbestandteile und höhere Aschegehalte sind ihre Methanausbeuten allerdings deutlich geringer, sodass nur von einem Methanertrag je ha in Höhe von 60 % im Vergleich zu Silomais ausgegangen werden kann. Mit dem kostenfreien Deckungsbeitragsrechner der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft können Sie entsprechend der Standortbedingungen und betrieblichen Gegebenheiten konkrete Werte zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ermitteln (stmelf.bayern.de/idb/default.html). Empfehlenswert ist eine parallele Berechnung von Silomais zum direkten Vergleich.