
an vielfältigen Stoffumsetzungen beteiligt und haben großen Einfluss auf das Pflanzenwachstum und die -gesundheit. Foto: Phoebe – stock.adobe.com
Mikrobiom. Das Getümmel unter der Oberfläche
So klein die unzähligen Lebewesen im Boden auch sind – ihre Bedeutung für die Stoffkreisläufe ist riesig. Trotzdem gibt es noch große Wissenslücken. Ziel eines Forschungsprojektes war es daher, die Wechselwirkungen zwischen Anbaumaßnahmen, Boden-Mikrobiota und Pflanzen besser zu verstehen. Rita Grosch, Günter Neumann und Jörg Geistlinger stellen die Ergebnisse vor.
Die in einem Gramm Boden lebenden Milliarden von Bakterien und Pilzen (die Boden-Mikrobiota) sind in nahezu alle relevanten Bodenprozesse involviert. Nur durch ihre Aktivität und Stoffwechselleistung sind z. B. Humus- und Strukturbildung, Mineralisierung, Schadstoffabbau oder Nitrifikation bzw. Denitrifikation möglich. Bakterien und Pilze leisten nahezu 90 % der Abbauarbeit, die durch andere Bodentiere (z. B. Regenwürmer, Collembolen) beschleunigt werden.
Partnerschaft zwischen Bakterien, Pilzen und Pflanzen
Der Pflanze stellen sie die notwendigen Nährstoffe für das Wachstum bereit und unterstützen sie direkt oder indirekt im Umgang mit Stressfaktoren. Pflanzen wiederum geben organische Substanzen bzw. einen Teil ihrer Photosyntheseprodukte über die Wurzel in die Rhizosphäre ab, die für Mikroorganismen ein nährstoffreiches Habitat ist. Über die Wurzelausscheidungen versucht die Pflanze, gezielt Mikroorganismen anzulocken. Diese komplexen Wechselbeziehungen werden unter anderem durch Bewirtschaftungsmaßnahmen beeinflusst. Störungen des Ökosystems Boden sind innerhalb kurzer Zeiträume nur schwer rückgängig zu machen.
Wie muss eine mikrobielle Gemeinschaft im Boden und der Rhizosphäre aussehen, welche die Produktivität und Gesundheit der Pflanze fördert? Dieser Frage sind wir in dem Projekt »DiControl« nachgegangen, das ein Teil der BonaRes-Förderinitiative war. Als Grundlage der Untersuchungen diente ein Dauerfeldversuch der Hochschule Anhalt in Bernburg, in dem seit 1992 die langfristigen Auswirkungen verschiedener Bewirtschaftungsmaßnahmen auf die Kulturpflanzen geprüft werden. Bei dem Boden handelt es sich um eine Löss-Schwarzerde (Ackerzahl 85 bis 96, pH-Wert von 7,0 bis 7,5). Der Standort befindet sich im mitteldeutschen Trockengebiet. Die durchschnittlichen Jahresniederschläge liegen bei 511 mm.
Von den beteiligten Arbeitsgruppen wurden in einem interdisziplinären Ansatz die bakteriellen und pilzlichen Bodengemeinschaften, Pflanzenwachstum und Wurzelabscheidungen, Stressindikatoren und die Aktivität von Stressgenen der Pflanze untersucht.
Einfluss auf Spross- und Wurzelwachstum
Auf dem Versuchsfeld in Bernburg haben wir den Einfluss folgender Maßnahmen auf die mikrobielle Gemeinschaft in der Rhizosphäre zum Zeitpunkt der Winterweizenblüte (BBCH 51) untersucht:
- Bodenbearbeitung (Pflug vs. Grubber)
- Düngung und Fungizideinsatz (intensive N-Düngung + Fungizide = Int vs. extensive N-Düngung (50 %) ohne Fungizide = Ext)
- Fruchtfolge (Weizen mit Vorfrucht Mais vs. Vorfrucht Raps)
In beiden Bodenbearbeitungsvarianten zeigte sich interessanterweise kein Unterschied in der Sprosstrockenmasse des Weizens in Abhängigkeit von der für die Kultur empfohlenen Intensität der N-Düngung im Vergleich zur extensiven Düngung zum Zeitpunkt der Blüte (Grafik 1). Bei reduzierter Bearbeitung (Grubber) war jedoch eine geringere Sprosstrockenmasse bei Weizen mit Vorfrucht Mais in beiden Düngungsvarianten zu beobachten.
Eine deutlich höhere Wurzellänge ermittelten wir in beiden Vorfrucht- und Bodenbearbeitungsvarianten bei extensiver N-Düngung, während sie bei intensiver N-Düngung und Pflugeinsatz am geringsten war (Grafik 1).
Grafik 1: Einfluss landwirtschaftlicher Maßnahmen auf die Sprosstrockenmasse und Wurzellänge von Winterweizen

Einfluss auf Bakterien und Pilze
Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass Bodenbearbeitung und Vorfrucht von Winterweizen die Zusammensetzung und Struktur der bakteriellen und pilzlichen Gemeinschaft im Boden verändern. Hingegen gab es keinen signifikanten Einfluss der N-Düngungsintensität auf die Mikrobiota. Die Bodenproben für diese Analysen wurden nach der Weizenernte entnommen.
Beide Faktoren (Bodenbearbeitung und Vorfrucht) führten auch zu signifikanten Veränderungen in der Struktur und Zusammensetzung der bakteriellen und pilzlichen Gemeinschaft in der Rhizosphäre des Weizens. Bei Pflugeinsatz wurden insbesondere bakterielle Gruppen der Stämme Acidobakterien und Actinobakterien angereichert, während im gegrubberten Boden vor allem copiotrophe Bakterien wie z. B. Arten der Gattung Bacillus oder Devosia dominant vorkamen. Arten dieser Gattungen sind dafür bekannt, die Pflanze im Wachstum oder in der Pathogenabwehr zu unterstützen.
Bei langfristiger reduzierter Bodenbearbeitung waren nützliche pilzliche Antagonisten z. B. der Gattung Trichoderma in der Rhizosphäre angereichert. Diese werden häufig auch kommerziell als Biofungizide eingesetzt. Dagegen war der Anteil potentieller pilzlicher Pflanzenpathogene bei verringerter N-Düngung deutlich reduziert (Übersicht). Auch der Anteil von Arten der Gattung Mortierella war in der Rhizosphäre nach reduzierter N-Düngung (Ext) höher. Arten dieser Gattung können sowohl das Wachstum von Pflanzen als auch deren Pathogenabwehr unterstützen.
Die Ergebnisse unterstreichen den selektiven Einfluss der Pflanze, über Wurzelausscheidungen bestimmte nützliche Mikroorganismen aus dem umliegenden Boden anzulocken. So geben Pflanzen bei reduzierter Bodenbearbeitung im Vergleich zum Pflugeinsatz erhöhte Konzentrationen an Benzoxazinoiden in die Rhizosphäre ab (Grafik 2). Diese bioaktiven Substanzen sind für die Pathogenabwehr und Interaktion mit pflanzenwachstumsfördernden Mikroorganismen von Bedeutung.
Darüber hinaus zeigte der Weizen der Grubbervariante deutlich geringere Gehalte an Stressindikatoren wie Antioxidantien und Prolin im Vergleich zu den Pflanzen der Pflugvariante (Grafik 2). Dies weist auf eine höhere Widerstandsfähigkeit der Kultur bei reduzierter Bodenbearbeitung hin. Gefäßversuche unter kontrollierten Bedingungen mit Salat stützen diese Beobachtungen. Dabei zeigten sich krankheitsunterdrückende Effekte gegen den Erreger Rhizoctonia solani bei Grubbereinsatz (Vorfrucht Raps).
Grafik 2: Einfluss landwirtschaftlicher Maßnahmen auf die bakterielle Gemeinschaft in der Rhizosphäre von Winterweizen

Gab es Ertragseffekte?
Im Rahmen unserer Untersuchungen konnten wir keine signifikanten Ertragsunterschiede zwischen den Varianten feststellen (6,3 bis 6,6 t/ha). Dies lässt sich jedoch nicht generalisieren. So lagen die Erträge in der intensiven Pflugvariante z. B. im Zeitraum von 2012 bis 2016 mit 9,6 t/ha deutlich über denen der extensiven Grubbervariante (8,4 t/ha). Allerdings weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass eine reduzierte Bodenbearbeitung und N-Düngungsintensität infolge der Wechselwirkung mit den Mikroorganismen Vorteile für die Widerstandsfähigkeit und Gesundheit der Pflanzen bringen kann. Vor allem bei starkem Pathogendruck oder zunehmender Trockenheit kann dies relevant sein.
Ausblick
Das DiControl-Projekt lieferte erstmals zusammenhängende und detaillierte Einblicke der mikrobiellen und biochemischen Vorgänge insbesondere in der Rhizosphäre. Bewirtschaftungsmaßnahmen beeinflussen die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen massiv. Zukünftige Arbeiten sollten Aufschluss über die Funktionen der für die Pflanze in der Rhizosphäre nützlichen Mikroben geben, um diese zielgerichtet zu isolieren und nachfolgend in der Praxis einsetzen zu können.