Getreide. Jetzt schon in den sauren Apfel beißen?
Auch wenn die Exporte aus der EU langsam anlaufen und die aus Russland kleiner ausfallen: Es reicht nicht, um ein Gefühl knapper Versorgung aufkommen zu lassen. Aber ohne dies gibt es keine höheren Preise. Wir werden daher noch bis ins Frühjahr auf eine durchgreifende Preiswende warten müssen.
Wer kein Geld braucht, kann warten. So einfach könnte man die Lage auf dem Getreidemarkt zusammenfassen. Nur: Wer braucht schon kein Geld, und wie lange wollen Sie warten? Denn unverändert gilt, dass durchgreifende Preisbewegungen in den kommenden Wochen (und vermutlich auch Monaten) nicht absehbar sind. 10 oder 15 €/t ja, aber für größere Sprünge bedarf es der Aussicht auf eine Missernte in einem großen Erzeugerland – egal, ob Mais oder Weizen.
Wohin mit dem Getreide, wenn China nicht mehr kauft?
Der gesamtwirtschaftliche Abschwung in China hat die Märkte gehörig durcheinandergewirbelt. Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein neues Warnsignal aus Peking kommt. Die Verbraucherpreise fallen weiter, was nicht nur auf Überkapazitäten oder geringes Kaufinteresse hindeutet, sondern auch Vorbote einer Deflation ist. Die Regierung greift inzwischen massiv ein, ob bei E-Autos, Solarpaneelen oder dem Sauenbestand. Überall ist die Vorgabe, die Überkapazitäten um bis zu 30 % herunterzufahren. Denn was China jetzt gerade nicht braucht, sind weitere Firmenpleiten. Die Insolvenz des Baugiganten Evergrande vor drei Jahren (300 Mrd. US-$ Schulden) steckt Peking heute noch in den Knochen. Schätzungen gehen davon aus, dass allein die Auflösung des Konzerns das Bruttoinlandsprodukt Chinas hat sinken lassen. Vor allem aber ist damit das Verbrauchervertrauen geschwunden. 
Hinzu kommt der Handels- und Zollkrieg mit den USA und die drohende Verschärfung des Handelsstreits mit der EU. In diesem Umfeld braucht China weniger Getreide (die Stärkefabriken etwa sind nur noch zu weniger als der Hälfte ausgelastet) und tastet lieber seine umfangreichen Reserven an, als im Ausland zu kaufen. 
Im Prinzip ist damit die Misere auf dem weltweiten Getreidemarkt erklärt. Egal, welche Prognose stimmen mag, von den 57 Mio. t Mais, Weizen, Gerste, Sorghum und Reis, die China 2021 noch importierte, bleiben jetzt gerade einmal noch 26 Mio. t.
