
Alternative Antriebe. Landwirtschaft ohne fossilen Diesel?
Einige Alternativen sind bereits marktreif – zum Beispiel vollelektrisch angetriebene Schlepper. Großtraktoren und Erntemaschinen hingegen sind auch weiterhin auf Flüssigkraftstoffe angewiesen. Doch welche? Vieles ist noch unbeantwortet und einige Hürden gilt es aus dem Weg zu räumen.
Einer für alles? Diese Frage wird in puncto Kraftstoff nicht nur in der Landtechnik ein Auslaufmodell sein. Wenn auch die landwirtschaftliche Branche unabhängig vom fossilen Diesel werden will, sind neben alternativen Kraftstoffen wie HVO, E -Fuels u nd Co. auch andere Antriebssysteme notwendig, so wie die Batterie oder die Brennstoffzelle. Folglich müssen diese Lösungen auf die verschiedenen Anforderungen angepasst sein. Die Batterie wird in kleinen Maschinen wie dem Hoflader oder dem Pflegeschlepper ihre Heimat finden. Wohingegen der Großtraktor und der Mähdrescher auch noch in fernerer Zukunft auf den Hubkolbenmotor angewiesen sein wird. Die Frage ist nur, welcher Flüssigkraftstoff eingesetzt wird.
Expertenrunde diskutiert
Diese und weitere spannende Punkte wurden im Rahmen eines Digitalevents von einer Expertenrunde diskutiert, auf das wir im QR-Code am Ende des Beitrages verweisen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Till Meinel, DLG-Vizepräsident und Professor für Bau- und Landmaschinentechnik an d er TH Köln, und Prof. Roger Stirnimann, Vorsitzender des Technical Commitees »Fahrzeugtechnik«, Dozent für Agrartechnik an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL der Fachhochschule Bern. Neben Vertretern aus Forschung und Industrie, wie beispielsweise Dr. Benno Pichlmaier, Director Global Technology (AGCO), und Dr. Markus Schwaderlapp von der DEUTZ AG, hat ein landwirtschaftlicher Unternehmer aus Thüringen teilgenommen und seine Sicht der Dinge geschildert, mit teils ganz neuen Aspekten. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Inhalte für Sie zusammengefasst.
Welche Chancen gibt es?
Der Einsatz alternativer Antriebe und Kraftstoffe bietet erstmal viele Möglichkeiten und Chancen. Zu den wichtigsten gehören:
- Kostensenkung durch Herstellung der eigenen Treibstoffe. Durch die autarke Stromproduktion auf dem Betrieb, die Methanproduktion aus der Biogasanlage oder aus der Herstellung von HVO aus dem eigenen angebauten Raps resultiert eine Unabhängigkeit gegenüber Zulieferern und macht hohe Bezugskosten überflüssig. All das setzt natürlich eine günstige Produktion alternativer Kraftstoffe voraus, die aktuell noch vor politischen und technischen Hürden steht. Die Unabhängigkeit von den schwankenden Preisen fossiler Brennstoffe ist aber insgesamt ein wirtschaftlicher Vorteil.
- Nachhaltigkeit. Der Einsatz emissionsfreier oder CO2-neutraler Antriebe und Kraftstoffe trägt dazu bei, die Klimaziele zu erreichen und die Umweltbelastung durch die Landwirtschaft zu reduzieren.

Landwirt Lars Fliege, Geschäftsführer der Agrargesellschaft Pfiffelbach mbH in Thüringen, ist fest davon überzeugt, dass kleine landwirtschaftliche Maschinen problemlos elektrifizierbar sind. Doch reiche es nicht aus, einfach auf eine elektrische Flotte umzustellen. Die größte Herausforderung liege in der Ladeinfrastruktur, die umfassend und durchdacht vorhanden sein müsse. »Es geht nicht nur um das Kaufen der Maschine, die gesamte Infrastruktur muss auf dem Hof abgestimmt sein«, erklärt er. Besonders in den Bereichen, in denen Maschinen tagsüber gebraucht werden, müssen die Ladevorgänge effizient und unabhängig vom Sonnenlicht gestaltet sein. »Wenn ich abends oder während der Mittagspause laden will, muss das schnell gehen – während der Strohernte, bei der unzählige Ballen eingelagert werden müssen, bleibt keine Zeit, lange auf eine volle Batterie zu warten.« Damit solche Ladeprozesse funktionieren, seien nicht nur Speicherlösungen notwendig, sondern auch extrem kurze Ladezeiten.
Methan mit großem Potenzial?
Bei größeren Traktoren, die für Pflegearbeiten eingesetzt werden, sieht der Landwirt ebenfalls Potential für die Elektrifizierung – allerdings nur mit Wechselakkus. »Ein Akku für zwölf Stunden Betrieb ist unrealistisch, aber fünf Stunden reichen bei diesen Arbeiten oft aus. Man kommt zum Beispiel beim Spritzen ohnehin immer wieder an die Hofstelle zurück, da könnte der Akku problemlos gewechselt werden.«
Besonders spannend erscheint dem Landwirt die Perspektive von Methan, das durch Biogasanlagen auf den Betrieben selbst hergestellt
werden könnte. »Mit den richtigen Fördermaßnahmen könnte das sehr interessant werden«, erklärt er. Dennoch bleibt er in Bezug auf Großmaschinen, wie etwa dem Mähdrescher, skeptisch gegenüber elektrischen Antrieben, denn 15 Stunden am Stück zu arbeiten, schaffen elektrische Maschinen nicht. Hier setzt er noch lange auf Verbrennungsmotoren, »die dann hoffentlich mit bezahlbaren E-Fuels betankt werden«, ergänzt er. Insgesamt kritisiert er die aktuelle Diskussion über Emissionen als zu engstirnig. »Wir machen einen großen Fehler, wenn wir nur den CO2-Ausstoß am Auspuff messen«, betont er. »Wir müssen bei der CO2-Emission die gesamte Lebensdauer der Maschine berücksichtigen, von der Herstellung bis zum Recycling. Wenn wir das tun würden, hätten E-Fuels und Wasserstoff eine deutlich bessere Chance, akzeptiert zu werden.«
Die Agrarwirtschaft könne eine entscheidende Rolle beim Klimawandel spielen, aber dafür brauche es politische Unterstützung in Form von Förderungen und Steuererleichterungen. Nur so könnten alternative Kraftstoffe wie HVO und E-Fuels wirklich klimaneutral und bezahlbar werden. »Mit günstigem Strom könnten wir selbst E-Fuels herstellen, aber dazu müssen die Kosten runter, und die Besteuerung m uss fallen.« Der Weg in eine klimafreundliche Landwirtschaft sei klar, doch der Fortschritt müsse schnell vorangehen – schneller, als es bisher
der Fall ist.